Goslarer Reparaturwerkstatt: Die Männer mit dem „Magic Touch“

Die Stimmung in der Reparaturwerkstatt ist gut. Jeder sucht sich seine Herausforderung, im Team wird dann für fast jedes Problem die Lösung gefunden. Das Angebot der Hofhilfe wird so gut nachgefragt, dass sich die Ehrenamtlichen wie Henning Krähe (re.) längst mehr Platz und neue Regale von Hofleiter Holer Pape (2.v.re.) wünschen. Foto: Kempfer
Nachhaltigkeit wird auf den Goslarschen Höfen groß geschrieben. Wo, wenn nicht hier, wird den Dingen ein zweites Leben gegeben? Schließlich lautet das Motto des Integrationsbetriebs an der Okerstraße „Nichts und niemand ist unbrauchbar.“
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Ausrangieren kann jeder – aber einige Menschen können auch reparieren. Dass es das „Reparaturcafé“, heute firmiert es unter „Handwerklicher Hof-Hilfe“, auf den Höfen gibt, hat sich herumgesprochen – an manchen Tagen bimmelt die Türglocke andauernd.

Die Elektrogeräte zu öffnen, ist manchmal die größte Herausforderung, weiß Michael Rehn. Foto: Kempfer
Menschen kommen mit allerlei Gegenständen, die nicht mehr richtig funktionieren, vermeintlich ihren Geist aufgegeben haben – und manchmal mit dem Geist der Tüftler und Handwerker vor Ort doch wieder belebt werden können.
Jeder Gegenstand, der abgegeben wird, bekommt eine Nummer mit Laufzettel und Abholschein und kann so nicht mehr verloren gehen – bei den vielen Aufträgen, die dort dienstags von 15 bis 17 Uhr entgegengenommen werden, ist das ein sinnvolles System. Die Männer, die in der Hofhilfe aktiv sind, haben Spaß daran: Henning Krähe, Lothar Acker, Heinrich Macke-Lowin und Michael Rehn sind gerade das Glückskleeblatt. Sie tun ihr Know-how zusammen und meistens hat einer eine Idee – und im Zweifelsfall gebe es ja auch noch Youtube, erklärt Rehn.
Die zweite Chance

Heinrich Macke-Lowin (re.) nimmt im Flur einen Auftrag entgegen. Foto: Kempfer
Jeder sucht sich seine Herausforderung und weiß, dass die Menschen dankbar sind, die ihr altes Radio, ihren vertrauten Staubsauger, die Kaffeemaschine, den Toaster oder das alte Bügeleisen wieder funktionsfähig entgegennehmen können; Dinge, die einen ein halbes Leben begleitet haben, werfen sie nicht einfach so weg – durch die passionierten Pruckler bekommen sie eine zweite Chance, trotz selbstironischer Sprüche wie „Alles, was klappt, sind die Türen!“ Immerhin: Die errechnete Erfolgsquote liegt bei 75 Prozent. Für Hofleiter Pape liegt der Fall klar: „Das sind die Männer mit dem ,Magic touch‘!“ Sie verrichten ihre Arbeit ehrenamtlich: „Gegen Dank und Gotteslohn“, sagt Pape und zwinkert.

Mannschaftsfoto mit Püppi: Das holde Wesen mit Engelslocken steht normalerweise als Lampe im güldenen Schein. Doch zunächst muss das Objekt repariert werden. Foto: Kempfer
Eine Spende ist willkommen, auch Süßes wird in der Werkstatt nicht alt und macht beim geselligen Reparieren die Runde. „Was der eine nicht weiß, macht der andere falsch“, flachst Henning Krähe und Michael Rehn, erst seit Frühsommer im Team, benennt die größte Challenge: „ein Gehäuse öffnen!“ Wenn ein Elektrogerät erst mal sein Inneres preisgegeben hat, ist die Lösung schon nah – die Gehäuse zu öffnen, das wird dagegen immer trickreicher.
Zum Wegwerfen gemacht

Zwei Stunden sind manchmal schnell vorbei, wenn man, wie hier Lothar Acker, schwer am Tüfteln ist. Foto: Kempfer
Autofahrer kennen das: Glühbirne auswechseln? Früher kein Problem. Heute muss man je nach Modell die halbe Karosserie auseinandernehmen. „Eine Kaffeepad-Maschine ist eigentlich als Wegwerfartikel konzipiert“, sagt Krähe. Auch dort, wo es keine Norm gibt, ist die Erfahrung der Männer gefragt, die im Berufsleben mal Elektriker, Service-Techniker der Telekom oder sogar Flugzeugmechaniker waren. „Es gibt tausend verschiedene Schrauben, tausend verschiedene Bits, jeder Hersteller macht, was er will“, erklärt jemand. Im Advent hat die Hofhilfe „die hohe Zeit der Schwibbögen“ – beim Austauschen defekter Lampen ist Rechenkunst gefragt. Der Tipp: Wer 220 Volt durch die Zahl der Lampen teile, wisse, wie viel Volt sie haben müssten…
In der nächsten Folge
In der Toys Company in Bad Harzburg reparieren Langzeitarbeitslose Spielzeug, das kostenlos an sozial Schwache abgegeben wird.