Zähl Pixel
Hinaus in die weite Welt

Gebürtige Astfelderin liebt es, allein zu reisen und zu schreiben

Astrid Kaiser bei der Verabschiedungsfeier 2013 an der Uni Oldenburg mit Besuch der ehemaligen Lehrerin aus Astfelder Zeiten, Dagmar Dubbe (geb. Bensler). Foto: Privat

Astrid Kaiser bei der Verabschiedungsfeier 2013 an der Uni Oldenburg mit Besuch der ehemaligen Lehrerin aus Astfelder Zeiten, Dagmar Dubbe (geb. Bensler). Foto: Privat

Mit 19 Jahren hat Astrid Kaiser die Harzregion verlassen. Die gebürtige Astfelderin studierte in Hannover und wurde später Professorin in Oldenburg. Mittlerweile ist die 74-jährige längst pensioniert, liebt es zu reisen und darüber zu schreiben.

Von Holger Neddermeier Donnerstag, 29.12.2022, 16:00 Uhr

Für nur 0,99 € alle Artikel auf goslarsche.de lesen
und im ersten Monat 9,00 € sparen!
Jetzt sichern!

Astfeld/Oldenburg. Wenn die Wahl-Oldenburgerin Astrid Kaiser an den Ort ihrer Kindheit denkt, dann an eine schöne Jugendzeit mit der Familie, den Freunden und Freundinnen und dem Ausblick auf die Harzberge. Aber auch an eine entbehrungs- und arbeitsreiche Zeit.

Die Eltern, Berthold und Elfriede Westphal, haben nach der Flucht aus den Ostgebieten zuerst auf dem Rittergut Astfeld gearbeitet, später war ihr Vater Vermessungsgehilfe im Katasteramt Goslar. Mit 3 Jahren konnte die Familie in ein kleines Landarbeiternebenerwerbs-Siedlungshaus ziehen und lernte fortan, wie alle Lebensmittel selbst hergestellt werden. Astrid Kaiser las viel, während sie die Ziegenbutter durch Rühren zubereitete, und half beim Reinigen der Zentrifuge und beim Einwecken von Obst.

„Wir haben fast alles selber gemacht und uns weitgehend eigenständig versorgt“, sagt die heute 74-Jährige. Die Eier gab es von den Hühnern, Käse von den zwei Ziegen und auch Wurst wurde selbst hergestellt. Nur an Weihnachten gab es mal Wurst vom Schlachter, den es damals noch in Astfeld gegeben hat. Auch Brot und sogar Wein haben die Westphals selbst hergestellt.

Astrid Kaiser mit den Eltern vor deren Haus in Astfeld. Foto. Privat

Astrid Kaiser mit den Eltern vor deren Haus in Astfeld. Foto. Privat

Vom unspektakulären mitunter entbehrungsreichen Leben in Astfeld hinaus in die weite Welt – diese Vorstellung reifte schon früh in der jungen Astrid Kaiser, die am 7. August 1948 in Astfeld in einem Siedlungshaus an der Pulvermühle zur Welt kam. Von dort war es nicht weit in die Felder, aber auch zur Bahnlinie. „Oft bin ich zum Bahndamm gegangen und haben den vorbeifahrenden Zügen gewunken“, erinnert sich Astrid Kaiser. Ihre große Sehnsucht war, es selbst dort drin zu sitzen.

Ständige Reisesehnsucht

„Aber niemand der vorbeifahrenden Fahrgäste reichte mir die Hand und nahm mich mit“, berichtet sie. Statt auf große Reise zu gehen, ging es auf den Kartoffelacker der Eltern. Auch während der Herbstferien habe es viel zu tun gegeben. In den Osterferien sei Steinesammeln angesagt gewesen und in den Sommerferien musste bei der Getreideernte geholfen werden. „Ich wäre ab und an gerne wie einige andere Klassenkameradinnen verreist“, erzählt sie. Die Reisesehnsucht blieb sehr intensiv, aber erst später habe sie sich erste Auslandsreisen gönnen können. Etwa in der Studienzeit ins ehemalige Jugoslawien.

Die Erziehungswissenschaftlerin lebt seit 1993 in Oldenburg (Niedersachen) und ist emeritierte Professorin der Didaktik des Sachunterrichts an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und ehemalige Direktorin des Instituts für Pädagogik. Astrid Westphal (Kaiser) besuchte während der Grundschuljahre die Volksschule Astfeld, die kurz zuvor eröffnet wurde. Eine besonders innige Beziehung hatte sie zu ihrer ersten Klassenlehrerin, „Fräulein Bensler“.

Diese Lehrerin, zu der sie noch heute Kontakt hat, habe sie für das Schreiben begeistert und wünschte sich jede Woche Geschichten von ihrer Klasse. Die besten ließ sie in ein besonderes Geschichtenbuch eintragen, das war ein einfaches Schulheft. Schon im 1. Schuljahr schrieb die kleine Astrid ihrer Lehrerin achtseitige Aufsätze über den Besuch im Zoo von Hannover oder die Geburt der Tochter ihrer Cousine. Die Wertschätzung der Bemühungen beim Schreiben durch die engagierte junge Lehrerin habe schließlich dazu geführt, dass Astrid Kaiser seither nicht aufhören kann, zu schreiben.

In der Zeit als Lehrerin habe sie schon ein Buch über ihre Arbeit mit Aussiedlerkindern geschrieben, später hat sie als Professorin in Oldenburg über 50 Fachbücher für Lehrkräfte verfasst. Und auch nach der Pensionierung im Jahr 2013 habe sie nicht aufgehört zu schreiben. Neben einem Kinderbuch erschienen zwei Bücher über ihre Reisen in mehr als 150 Länder.

Reisebücher verfasst

„Ein zentrales Ziel ihres pädagogischen Wirkens sei stets die Herstellung von Chancengleichheit gewesen, so Kaiser. In diesem Kontext stünden auch von ihr geleitete Vornamenstudien, deren Ziel es gewesen sei, herauszufinden, ob sich Vorurteile mit bestimmten Vornamen verbinden.

Nach der Pensionierung hat sie ihre Arbeit auch auf das Genre Kinderbuch erweitert, die sich auf die Probleme und Akzeptanz von Außenseitern beziehen. Ihr anthropologischer Arbeitsschwerpunkt habe in wissenschaftlichen Publikationen zu den Minangkabau auf Sumatra und den Yámana im Süden Feuerlands Niederschlag gefunden, erzählt die 74-Jährige.

Dieses Interesse zeige sich natürlich auch in dem nach der Pensionierung erschienen Weltreisebuch „In 60 Tagen als Frau allein um die Welt“ durch. Hier, wie in ihrem aktuellen Buch, werden Wege abseits der Touristenpfade gezeigt, wie man zu Fuß oder mit dem Bus oder Fährschiffen preisgünstig in neue Gegenden kommen kann. „Und natürlich habe ich dieses und mein aktuelles Buch auch für Frauen geschrieben, die allein reisen wollen“, sagt sie.

Die Goslarsche Zeitung gibt es jetzt auch als App: Einfach downloaden und überall aktuell informiert sein.

Diskutieren Sie mit!
Weitere Themen aus der Region

Weitere Themen

Orte