Zähl Pixel
Erdaushub wird gelagert

Bekommt Harlingerode einen Berg oder eine Deponie?

Auf dieser Fläche soll der Berg aufgeschüttet werden. Zur Orientierung: Links (nicht im Bild) das Hüttengelände. Am Rand des Waldes im Hintergrund verläuft der Feldweg, der die Verlängerung der Kaltenfelder Straße ist. Foto: Schlegel

Auf dieser Fläche soll der Berg aufgeschüttet werden. Zur Orientierung: Links (nicht im Bild) das Hüttengelände. Am Rand des Waldes im Hintergrund verläuft der Feldweg, der die Verlängerung der Kaltenfelder Straße ist. Foto: Schlegel

Der neue Berg für Harlingerode – als Immissionsschutzbauwerk deklariert – sorgt im Dorf für Diskussionen. Die GZ hat nachgefragt, ob es nur um Immissionsschutz geht, oder auch um Geld. Und ist die Anlage nicht doch eine Deponie?

Von Holger Schlegel Dienstag, 07.02.2023, 05:58 Uhr

Für nur 0,99 € alle Artikel auf goslarsche.de lesen
und im ersten Monat 9,00 € sparen!
Jetzt sichern!

Harlingerode. Der neue Berg für Harlingerode – als Immissionsschutzbauwerk deklariert – sorgt im Dorf aber auch über dessen Grenzen hinaus für Diskussionen. Tenor: Eigentlich eine gute Sache, schirmt doch der Wall eines Tages von Westen her Harlingerode vom Hüttengelände ab, außerdem wird verseuchter Boden abgedeckt. Aber die Frage ist: Welche Belastungen kommen auf die Nachbarschaft zu, wenn über einen Zeitraum von zehn Jahren eine Million Kubikmeter Erdaushub dort abgekippt werden? Und handelt es sich nicht letztlich doch um eine Deponie?

Zur Ausgangslage: Beim Stammtisch des Dorfvereins Pur am Mittwoch stellte Uwe Lohmann, Geschäftsführer der Industriepark und Verwertungszentrum Harz GmbH (IVH), als Hausherren auf dem Hüttengelände das Megaprojekt „Immissionsschutzbauwerk“ vor. Es war die erste öffentliche Präsentation, bis dato war laut Lohmann lediglich die Stadt eingeweiht, da ihr ein Großteil der Fläche gehört.

950 Meter lang

Bei dem Bauwerk handelt es sich um einen bis zu 30 Meter hohen Berg, 950 Meter lang und bis zu 300 Meter breit, der quasi in Verlängerung der Kaltenfelder Straße nach Nordwesten verläuft und zwischen dem Dorf und dem Hüttengelände liegen wird. Er soll aus Bodenmaterial aufgeschüttet werden, das auf Baustellen oder bei anderen Projekten anfällt und entsorgt werden muss. Das Material ist nämlich kein Mutterboden, aber auch kein Giftmüll.

Uwe Lohmann sprach von einem Projekt mit dem Zuordnungswert Z2 – laut Definition die letzte Kategorie, bevor der Erdaushub so belastet ist, dass er deponiert werden muss. Solches Material darf in technischen Bauwerken wie Lärm- und Sichtschutzwällen verwendet werden, und es muss kein knapper Deponieraum verschwendet werde. Das Z2-Material muss allerdings von einer meterdicken Schicht mit weniger belastetem Boden abgedeckt sein, die auch nicht weggespült werden darf.

Der Preis pro Tonne

Nichtsdestotrotz macht die IVH aus der Sache natürlich ein Geschäft, denn auch für solchen Erdaushub müssen die Verursacher zahlen. Der Preis soll für Z2-Boden nach Lohmanns Angaben bei rund 15 bis 20 Euro pro Tonne liegen. 

Der Berg soll eine Million Kubikmeter groß sein, was rund 1,5 Million Tonnen entspricht. Allerdings aus verschiedenen Klassifizierungen, und für weniger belastetes Material gibt es auch wesentlich weniger Geld. Außerdem müssten die enormen Kosten für das Projekt gegengerechnet werden.  Alles werde schon im Vorfeld in ein enges Vorschriftenkorsett gekleidet und auch die ganze Zeit über streng kontrolliert.

Bei Umweltschützern sind die Meinungen gespalten, das war schon am Pur-Stammtisch zu spüren. Dr. Friedhart Knolle, Sprecher von Nabu und BUND ist dem Wall grundsätzlich positiv gegenüber gestimmt, auf den ersten Blick sei das eine tolle Sache. Gerade, wenn am Ende alles begrünt und obendrauf noch ein Spazierweg gebaut wird.

Zehn Jahre Bauzeit

Aber der Teufel steckt für Knolle im Detail: Der Zeitfaktor sei das Problem, immerhin dauere es eine halbe Generation, bis alles fertig sei. Denn zur Bauzeit von zehn Jahren kämen weitere fünf Jahre hinzu, bis der Bewuchs eine solche Höhe habe, dass er auch einen Effekt bringen würde.

Wobei Knolle allgemein den Sinn eines solchen Bauwerks nicht infrage stellen möchte. „Wenn mein Nachbar einen Wall zu meinem Garten errichtet, hält das den Rauch ab, wenn er grillt“, nennt er ein griffiges Beispiel. Allerdings wäre die Staubbelastung in der Zeit, in der der Nachbar den Wall errichtet, größer als die Belastung durch den Rauch.

Eine große Runde diskutierte am Mittwoch vergangenerf Woche auf Einladung von Harlingerode Pur über den Immissionsschutz im Dorf. Uwe Lohmann von der IVH (3.v.r.) stellt kurz darauf die Idee eines Berges vor, der ebenfalls vor Staub schützen soll.

Eine große Runde diskutierte am Mittwoch vergangenerf Woche auf Einladung von Harlingerode Pur über den Immissionsschutz im Dorf. Uwe Lohmann von der IVH (3.v.r.) stellt kurz darauf die Idee eines Berges vor, der ebenfalls vor Staub schützen soll.

Und genau da liegt auch der Hase in Harlingerode im Pfeffer: Eine Million Kubikmeter Erdreich müssen erst einmal angeliefert werden. Ein Kubikmeter wiegt durchschnittlich 1,5 Tonnen. Das sind viele, viele Lkw-Ladungen voll. Allerdings nicht, wie Lohmann am Mittwoch gesagt hatte, einhundert pro Tag. Diese Zahl, so korrigierte sich Uwe Lohmann am Tag nach der Sitzung, beziehe sich auf die Anlieferungen zum Immissionsschutzbauwerk und zur noch zu bauenden Asphaltaufbereitung auf dem Hüttengelände. Und zwar jeweils zur Hälfte.

Aber auch 50 Lkw pro Tag sind eine Ansage, Bewohner der Kaltenfelder Straße, die unmittelbar an die Fläche grenzt, hatten da am Mittwoch schon arge Bedenken geltend gemacht. Sie fürchten neben Lkw, die sich verirren auch eine Belastung durch Staub und Lärm über Jahre.

Lkw durchs Dorf?

Doch das, so hatte Uwe Lohmann am Mittwoch gesagt, wären Dinge, die noch im Zuge der Planungen besprochen werden könnten. Und angeliefert werden soll das Material nicht durch Harlingerode sondern, über die aktuelle provisorische Zufahrt oberhalb des Geländes.

Allerdings: „Niemand kann einem Lkw-Fahrer vorschreiben, wo er fährt“, gibt Dr. Friedhart Knolle zu bedenken. Man könne nur Straßen für den Lkw-Verkehr sperren, doch das müsse dann auch geschehen. Aber natürlich bestehe aktuell die Gefahr, das Lastzüge, die aus Richtung Braunschweig oder Wernigerode kommend, von ihren Navigationsgeräten direkt durchs Dorf geleitet werden. Via Planstraße zur Kaltenfelder Straße zum Beispiel.

Die Redaktion empfiehlt
Diskutieren Sie mit!
Weitere Themen aus der Region