WM in Saudi-Arabien: Ringelpiez im Takt der Autokraten

Gianni Infantino, Fifa-Präsident, hat die WM 2034 quasi im Alleingang an Saudi-Arabien vergeben. Foto: Noah K. Murray/AP/dpa
Die Vergabe der Fußball-WM 2034 an Saudi-Arabien macht deutlich, wie erbärmlich der Internationale Fußballverband Fifa ist. Präsident Gianni Infantino regiert wie ein Diktator. Müssen westliche Verbände und der deutsche DFB da mitziehen?
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Schlimmer geht‘s nimmer, mochten viele Fußballfreunde meinen, als der frühere Präsident des Weltfußballverbandes Fifa, der Schweizer Sepp Blatter, 2016 aus dem Amt schied. Schließlich musste sich der schmierige Oberfunktionär, der mit fremdem Geld nur so um sich warf, endlich einem Ermittlungsverfahren aussetzen – und wurde in der Folge zumindest für die Fußballwelt jahrelang gesperrt.
Gianni Infantino übertrumpft sogar Sepp Blatter
An Blatters Nachfolger, den Schweizer Gianni Infantino, knüpfte mancher die Hoffnung auf Besserung im korrupten internationalen Fußballgeschäft. Stattdessen schafft es Infantino, sogar seinen zwielichtigen Landsmann Blatter noch zu übertrumpfen.
Infantino liebt es, sich mit politischen Autokraten dieser Welt, von Wladimir Putin bis Donald Trump, breit grinsend ablichten zu lassen. Kein Wunder, denn sie sind seine Vorbilder – oder vielleicht auch umgekehrt. Denn der Fifa-Präsident zelebriert, wie demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien innerhalb seines Verbandes mit Federstrichen weggewischt werden. Ethik und Moral spielen nicht mal mehr ein Mauerblümchendasein.
WM-Vergabe: Eine groteske Inszenierung
Die Szenerie war geradezu grotesk, wie Infantino vor Tagen seine One-Man-Show abzog, als es um die Vergabe der Weltmeisterschaften 2030 und 2034 ging. Da steht der Fifa-Oberste in einem Studioraum, vor sich eine elektronische Armada von Monitoren, auf denen weltweit Vertreter der Fußballverbände ihrem Guru aus der Schweiz quasi auf Knopfdruck Beifall spenden. Zustimmung ohne Wahl, sondern per Akklamation, heißt das euphemistisch.
Schande für Beckenbauer, aber Beifall für Infantino?
Selten ist der Begriff des Claqueurs, des bezahlten Klatschers, so gruselig-theatralisch umgesetzt worden. Einzig Norwegen wollte im internationalen Reigen der Claqueure nicht mitziehen. Und so kam es, wie es für Infantino kommen sollte: Die Fußball-WM 2034 wird in Saudi-Arabien abermilliardenschwer in den Wüstensand gesetzt. Die paar Euro fünfzig, die ehedem Franz Beckenbauer einsetzte, um die Fußball-WM nach Deutschland zu holen, reichen im Vergleich dazu nicht mal als Porto für eine Postkarte aus Mekka.
Mancher Sportskamerad kann dann im Januar 2034 bei der Brettljause in einer Skihütte im Parallelschwung die Weltmeisterschaften der Kicker verfolgen. Warum? Weil es nicht anders geht, wie selbst der Präsident des Deutschen Fußballbundes (DFB), Bernd Neuendorf verkündet. Deutschland dürfe sich auf dem grünen Rasen international ja nicht isolieren.
Erbärmliche Haltung des DFB
Muss die westliche Welt zwangsweise sogar beim Fußball immer mehr im Takt von Autokraten den Ringelpiez tanzen? Wäre eine Fußball-WM ohne Fans und Teams aus England, Frankreich, Spanien, Italien, Niederlande oder Deutschland wirklich denkbar? Europa müsste sich nur mal einig sein.
„DFB-Präsident Neuendorf degradiert seinen Verband als braver Abnicker“, kommentiert etwa der Deutschlandfunk – und prophezeit: In den kommenden Jahren könne sich jeder auf Phrasen einstellen, die schon das Wüstenschauspiel der WM 2022 in Katar begleiteten.
Mehr Demokratie, mehr Menschenrechte, mehr Rechte für Frauen, mehr Impulse für den Sport im Land – was sollte das Fußballspektakel in Katar nicht alles bewirken. In Erinnerung geblieben sind indes geknechtete Gastarbeiter auf den WM-Baustellen, Krach um Kapitänsbinden in Regenbogenfarben und eine deutsche Innenministerin, die meinte, sie könne in Sommerbluse auf der Tribüne eine arabische Revolution anzetteln.
Vielleicht könnte Berlin diesmal die Bundesgartenschau nach Saudi-Arabien verlegen – um das angespannte Klima zu verbessern.