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Netzwerk Wissenschaftsfreiheit

Streit um Bibliothek des Konservatismus spitzt sich zu

Der CDU-nahe Historiker Andreas Rödder ist ein prominenter Unterstützer des offenen Briefes. (Archivbild)

Der CDU-nahe Historiker Andreas Rödder ist ein prominenter Unterstützer des offenen Briefes. (Archivbild) Foto: Britta Pedersen/dpa

267 Wissenschaftler kritisieren in einem offenen Brief den geplanten Ausschluss der Berliner Bibliothek des Konservatismus aus einem Bibliotheksverbund. Was steckt hinter den Vorwürfen?

Von dpa Freitag, 05.12.2025, 15:00 Uhr

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Göttingen/Berlin. Im Streit um den geplanten Ausschluss der Berliner Bibliothek des Konservatismus (BdK) aus dem Gemeinsamen Bibliotheksverbund (GBV) wächst der Druck auf die niedersächsische Verbundzentrale. 267 Wissenschaftler unterzeichneten bislang einen offenen Brief des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit, in dem sie den Schritt des Zusammenschlusses nord- und ostdeutscher Bibliotheken kritisieren.

Unterstützer aus dem konservativen und dem neurechten Lager

Zu den verifizierten Erstunterzeichnern gehören unter anderem Historiker und CDU-Mitglied Andreas Rödder, die Philosophen Reinhard Merkel und Christoph Lütge sowie die Islamforscherin Susanne Schröter. Auch die Wochenzeitung „Junge Freiheit“ unterstützt das Schreiben und die BdK. Sie wird dem neurechten Spektrum zugerechnet. Die BdK selbst wird von Experten ebenfalls in diesem Milieu verortet.

Die Wissenschaftler werfen der GBV-Direktorin Regine Stein in dem Brief vor, der Ausschluss stelle einen „schwerwiegenden Eingriff in die Wissenschaftsinfrastruktur und mithin die Wissenschaftsfreiheit“ dar. Sie argumentieren, ein Wegfall des Zugangs zum Verbundkatalog mache ihren Bestand nicht mehr digital recherchierbar. Die Bibliothek, die eigenen Angaben zufolge rund 35.000 Titel mit konservativem Schwerpunkt vorhält, nutzt seit Jahren einen GBV-Katalogservice.

Die Auseinandersetzung beschäftigt auch die Justiz

Der Verbund weist die Darstellung zurück. Eine Sprecherin hatte bereits zuvor betont, die Bibliothek sei „zu keiner Zeit Mitglied“ des GBV gewesen, sondern auch nach Darstellung der BdK lediglich ein „assoziiertes Mitglied“. Der genutzte Katalogservice sei per Vertrag zum Jahresende gekündigt worden. Der Beschluss sei einstimmig gefasst worden – Gründe nannte die Verbundzentrale nicht.

Wolfgang Fenske, Leiter der BdK, freute sich nach eigenen Angaben über die sich zu Wort meldenden Wissenschaftler im offenen Brief. Auch er sieht in dem Ausschluss eine Beschneidung der Wissenschaftsfreiheit, wie er auf Nachfrage mitteilte.

Bibliotheksleiter: Kündigung „aus heiterem Himmel“

Fenske bedauerte zudem, keine Solidarität von anderen wissenschaftlichen Bibliotheken erfahren zu haben. Die Kündigung habe ihn „aus heiterem Himmel getroffen“. Die BdK habe ihre Gebühren stets fristgerecht gezahlt.

Die Auseinandersetzung beschäftigt auch die Justiz. Vor dem Verwaltungsgericht Göttingen ‒ dort sitzt die Verbundzentrale des GBV ‒ laufen zwei Verfahren, wie ein Sprecher bestätigt hatte. Das Gericht soll in einem Eilverfahren klären, ob die Bibliothek zunächst weiterhin Zugriff auf den Katalog behält. In einem Hauptverfahren soll es später um die Rechtmäßigkeit der Kündigung gehen.

BdK sieht hinter der Kündigung politische Motive

Die Beklagten verweisen darauf, dass eine Begründung aus ihrer Sicht nicht erforderlich sei, da es sich um eine privatrechtliche Nutzung handele. Die BdK sieht im GBV hingegen eine öffentlich-rechtliche Einrichtung ‒ und hinter der Kündigung politische Motive.

Bibliotheksleiter Fenske vermutet, der Verbund halte die BdK für zu rechts. Der Schritt sei ein Versuch, die Wissenschafts- und Meinungsfreiheit einzuschränken, heißt es in einem Statement der BdK.

Ein Verwaltungsgericht soll entscheiden, ob die Kündigung rechtens ist. (Symbolbild)

Ein Verwaltungsgericht soll entscheiden, ob die Kündigung rechtens ist. (Symbolbild) Foto: picture alliance / dpa

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