Zähl Pixel
Steuerverschwendung?

Baumwipfelpfad als Kostenfalle - Kritik an Attraktion

Der Baumwipfelpfad in Bad Iburg hat bisher vor allem Kosten verursacht.

Der Baumwipfelpfad in Bad Iburg hat bisher vor allem Kosten verursacht. Foto: Friso Gentsch/dpa

Das Ausflugsziel wurde zur Landesgartenschau in Bad Iburg gebaut. Auch die Polizei Bremen und der Landkreis Celle stehen im Fokus des Steuerzahlerbundes.

Von dpa Dienstag, 30.09.2025, 13:30 Uhr

Für nur 0,99 € alle Artikel auf goslarsche.de lesen
und im ersten Monat 9,00 € sparen!
Jetzt sichern!

Bad Iburg/Bremen/Celle. War der Baumwipfelpfad in Bad Iburg eine Fehlinvestition und wieso musste sich der Landkreis Celle zu Lasten der Steuerzahler um Tiger und Löwen kümmern? Diese und neun weitere Fälle aus Niedersachsen und Bremen sind Thema im neuen Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler. In der jährlichen Veröffentlichung listet der Verein Fälle auf, in denen seiner Auffassung nach Steuergeld verschwendet wurde.

Mit Blick auf den zur Landesgartenschau 2018 errichteten Baumwipfelpfad ist für den Steuerzahlerbund klar: Das war eine Fehlinvestition. Die Attraktion sei als ergänzendes Bauvorhaben zur Landesgartenschau schon nur wegen einer Zwei-Millionen-Förderung durch das Land Niedersachsen errichtet worden - ein Fehlanreiz, wie der Steuerzahlerbund kritisiert. 

Unter anderem, weil die Stadt die Anlage lange Zeit mangels eines Pächters selbst betreiben musste und Besucherzahlen unter den Erwartungen blieben, seien inzwischen mehr als 6,3 Millionen Euro an Steuergeld verloren gegangen. 5,2 Millionen seien allein auf die Planung und Errichtung entfallen. 

Unter anderem eine Bar soll den Baumwipfelpfad rentabel machen.

Unter anderem eine Bar soll den Baumwipfelpfad rentabel machen. Foto: Friso Gentsch/dpa

Auch ein zeitweise betriebenes Restaurant neben dem Baumwipfelpfad habe die Bilanz nicht aufbessern können. Der Steuerzahlerbund geht davon aus, dass der Baumwipfelpfad wegen noch ausstehender Finanzierungskosten weiterhin auf den Haushalt drücken wird, auch wenn seit Jahresbeginn ein Pächter gefunden sei.

Bürgermeister setzt auf privaten Pächter

Bad Iburgs Bürgermeister Daniel Große-Albers (parteilos) war beim Bau des Baumwipfelpfades noch nicht im Amt. Rückblickend sagt er: „Der Baumwipfelpfad hat aus Bad Iburg etwas gemacht, uns aber auch Probleme bereitet - das sage ich wohlgemerkt mit dem heutigen Wissen.“ Mit dem Einzug eines Pächters habe sich die Lage nun verbessert. Die Pacht reiche aus, um Zinsen und Tilgung zu stemmen, die bisherigen Verluste würden den Haushalt aber weiter belasten. 

Für einen langfristigen Erfolg der Attraktion seien weitere Investitionen, wie eine bereits errichtete Bar oder eine geplante Adventure-Golf-Anlage notwendig. Der mit 21 Millionen Euro verschuldeten Stadt hätte dafür aber das Geld gefehlt. „Der Baumwipfelpfad ist allein nicht überlebensfähig“, sagt Große-Albers.

Quittungsdrucker der Bremer Polizei kaum genutzt

Neben dem Baumwipfelpfad in Bad Iburg beschäftigt sich das Schwarzbuch auch mit dem Kunsthaus in Göttingen, einem historischen Fund in Hildesheim, einer Buslinie in Goslar oder Lichtskulpturen in Delmenhorst. 

Ein Dorn im Auge sind dem Steuerzahlerbund auch Quittungsdrucker der Bremer Polizei. Damit müssen Beamtinnen und Beamte Betroffenen nach einer Personenkontrolle eine Quittung - gedruckt oder digital - über den Einsatz ausstellen, wenn die Betroffenen das wollen. Nach Angaben der Bremer Innenressorts wurden seit der Einführung im September 2021 inzwischen 50 Quittungen ausgestellt. Der Steuerzahlerbund kritisiert, dass demgegenüber Kosten in Höhe von rund 208.000 Euro stehen, etwa für die Anschaffung und den Betrieb der Drucker oder die Entwicklung einer Software. 

Eingeführt wurde die Möglichkeit der Kontrollquittungen, um anlasslose Kontrollen transparenter zu gestalten und der Gefahr diskriminierender Kontrollen durch „Racial Profiling“ vorzubeugen. Ein Sprecher des Innenressorts sagte: „Dass es so wenig Quittungen sind, zeigt, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei groß ist.“ Es sei nicht das Ziel, möglichst viele Quittungen auszustellen, „damit sich die Anschaffung der Drucker-Geräte sprichwörtlich lohnt“. Künftig sollen die Geräte auch weitere Funktionen wie Ausweis-Scanner erhalten.

Polizeigewerkschaft: Drucker für Verwarngelder nutzen 

Die Deutsche Polizeigewerkschaft forderte schon häufiger einen Stopp der Regelung sowie die Einführung einer Bezahl-App für die Diensthandys der Polizei. Damit könnten etwa Verwarngelder direkt bargeldlos bezahlt werden – und die angeschafften Quittungsdrucker hätten weiterhin einen Nutzen. Auch der Bund der Steuerzahler kritisierte, dass die Bremer Polizei wegen fehlender Kartenlesegeräte bis heute nicht in der Lage sei, Verwarngelder vor Ort bargeldlos zu kassieren. Dadurch würden jährlich Einnahmen entgehen.

Landkreis musste sich nach Zoo-Aus um Tiger und Löwen kümmern

Kritisiert wird auch die Abwicklung eines Zoos im Landkreis Celle. Die verursachte laut dem Steuerzahlerbund Kosten in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro. Der Grund: Nach der Insolvenz des privaten Filmtierparks Eschede Ende 2023 habe der Landkreis zuständigkeitshalber die Betreuung der 212 Tiere übernommen. Die meisten seien zwar schnell weitervermittelt worden. Doch zwei Löwen und drei Tiger konnten erst nach mehreren Monaten sowie mehr als einem Jahr vermittelt werden, wie der Verein schreibt. Für die Übernahme der Tiger sei Zuschuss von bis zu 580.000 Euro für ein neues Gehege im Tierpark Gotha in Thüringen gezahlt worden.

Dem Landkreis wirft der Steuerzahlerbund vor, von dem Tierpark keine finanzielle Sicherheitsgarantie verlangt zu haben. Das Bundesnaturschutzgesetz erlaube das genau für einen Fall, wie den letztlich eingetretenen. Darüber hinaus sei der Zoo nach Änderungen in der Eigentümerstruktur mehrere Jahre ohne Genehmigung betrieben worden. Die geänderte Rechtsform des Zoos habe nun auch zur Folge, dass der ehemalige Eigentümer nicht mehr hafte.

Vom Landkreis Celle hieß es dazu, das Verfahren werde intern aufgearbeitet. Ein Sprecher teilte mit: „Wir nehmen den Bericht des Steuerzahlerbundes zur Kenntnis und werden unabhängig davon entsprechende Lehren daraus ziehen, damit sich ein ähnlicher Fall nicht wiederholt.“

Diskutieren Sie mit!
Weitere Themen aus der Region