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"Gäste-Zimmer":

GZ-Podcast mit Flüchtling Hosam Sabha: "Sprache ist ein Tool für die Integration"

Hosam Sabha und Caterina Klaeden im Gespräch.  Foto: Kühlewind

Hosam Sabha und Caterina Klaeden im Gespräch. Foto: Kühlewind

Sechs Jahre ist es her, dass Hosam Sabha seine Heimat verlässt. In Syrien herrscht Krieg, er flieht vor dieser Situation nach Deutschland. Mit Caterina Klaeden spricht der Bad Harzburger im GZ-Podcast „Gäste-Zimmer“ über seine Flucht. Zur zweiten Folge geht es hier (nach kostenloser Registrierung).

Von Caterina Klaeden Freitag, 15.10.2021, 17:10 Uhr

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Bad Harzburg/Goslar. Hosam Sabha hatte eine schöne Kindheit, sagt er. Doch eines Tages verändert sich sein Leben: In seiner Heimat in Syrien ist Krieg. Er verliert seinen Job als Agraringenieur und Vertretungslehrer. Die Situation wird von Tag zu Tag schwieriger. Ein paar Monate später schwimmt er an die Küste nach Griechenland, um ihn herum ertrinken Kinder. Er versucht, zu helfen. Dabei verliert er seinen Reisepass und seine Dokumente. Das Boot, das für maximal 20 Menschen ausgelegt ist, hatten mehr als 100 Personen betreten, davon etwa 20 Kinder. Vor diesem Moment an hatte Hosam Sabha am meisten Angst.

Heute ist seine Flucht sechs Jahre her. Zwölf Tage ist er im Dezember 2015 unterwegs. Sein Smartphone, der einzige Kontaktweg zu seiner Familie in Syrien, wird beim Schiffbruch zerstört. „Von Nacht zu Nacht wusste ich nicht, in welchem Land ich mich befinde“, erzählt er jetzt in der zweiten Folge des Interviewpodcasts „Gäste-Zimmer“.

In Deutschland angekommen, überrascht ihn die Bürokratie inklusive der vielen Papierdokumente: „Ich dachte, hier funktioniert alles hochtechnologisch.“ Es beginnt eine Reise durch Deutschland, von Flüchtlingsheim zu Flüchtlingsheim. „Ich wusste, die Sprache ist ein Tool für die Integration“, sagt Hosam. Deswegen will er so schnell wie möglich mit einem Deutschkurs beginnen. Irgendwann landet er in Wangen im Allgäu. Hier sind alle Integrationskurse für die kommenden zehn Monate belegt. Also beschließt er, nach Niedersachsen zu gehen und für ein paar Wochen bei einer befreundeten Familie in Braunlage zu leben.

Er vermisst Syrien. Aber das Syrien vor dem Krieg. Er vermisst seine Mutter und seine Schwester, die beide noch dort leben – unter schwierigen Bedingungen. Die Preise sind gestiegen, die Lebensmittel sind knapp, es gibt nur drei oder vier Stunden am Tag Strom und Internet. „Sie können nicht sicher leben. Aber sie haben sich daran gewöhnt“, sagt Hosam. Für sie kommt es nicht in Frage, die Heimat zu verlassen.

Nachdem Hosam und seine Frau zwei Jahre voneinander getrennt waren, leben sie heute gemeinsam in Bad Harzburg. Er macht eine Ausbildung zum Bürokaufmann im gemeinnützigen Verein Kunstkarussell, wo er sich nebenbei auch ehrenamtlich einbringt. Kürzlich kam sein Sohn Georg zur Welt. „Eine Coronafrucht“, sagt Hosam grinsend. Nach der Aufzeichnung zeigt er stolz Fotos von seinem Baby. Wenn die kleine Familie in Bad Harzburg spazieren geht, wollen Leute mit ihnen ins Gespräch kommen, erzählt Hosam freudig. „Es hat sich gelohnt, nach Deutschland zu kommen“, sagt er.

Trotzdem merke er überall, dass er anders behandelt werde. Er bezeichnet das nicht als Rassismus, sondern als Ungleichheit. „Am Telefon, wenn sie wissen, dass ein Ausländer spricht, sind sie oft weniger hilfsbereit.“

Im „Gäste-Zimmer“ erzählt der 35-Jährige von seiner Flucht, seinem Entschluss, die eigene Heimat zu verlassen. Er redet über syrische und deutsche Kultur, über die Bedeutung von Heimat und über seine bescheidenen Wünsche für die Zukunft.

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