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Kurioser Fall vor Gericht

Hund beißt Polizisten, weil Herrchen durchdreht

Der Hund des Westeröders biss dem Polizisten in den Hintern.

Der Hund des Westeröders biss dem Polizisten in den Hintern. Foto: (Symbolbild) Diese Illustration wurde mit künstlicher Intelligenz erzeugt

Ein Westeröder stand wegen zwei Taten vor Gericht. Sein Hund biss einen Polizisten, weil der Angeklagte aufgrund einer Krankheit durchdrehte. Im anderen Fall ging es um üble Nachrede: Er nannte eine in seinen Augen AfD-nahe Frau Nazi-Unterstützerin.

Von Corina Klengel Samstag, 20.07.2024, 14:00 Uhr

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Bad Harzburg. Der bis dato strafrechtlich unbescholtener 61-jährige Klaus Marwede aus Westerode fand sich gleich wegen zweier Anklagen vor Gericht wieder. Nach einer eingehenden Beweisaufnahme wurde die fahrlässige Körperverletzung zum Schaden eines Polizisten eingestellt, weil der geschädigte Beamte nicht auftauchte. Die vorläufige Einstellung enthielt jedoch die Auflage an Marwede, 200 Euro an den Tierschutzverein Goslar zu zahlen. Die mutmaßliche üble Nachrede zerfiel sogar zu einem Freispruch.

Der Angeklagte war durchaus eine streitbare Persönlichkeit und sein Hund, der die Körperverletzung beging, nicht gerade unbescholten. Das Tier war wegen früherer Beißunfälle bekannt und hatte einen Maulkorb zu tragen. Allerdings ereignete sich die Auseinandersetzung zwischen Polizei und Hund in Marwedes Haus.

Bewusstseins- und Gedächtnisstörungen

Es war der 61-Jährige selbst, der damals die Polizei gerufen hatte. Marwede litt zur Tatzeit unter einer autoimmunen Enzephalitis mit einer psychiatrischen Phase in Form von Bewusstseins- und Gedächtnisstörungen. Zuvor war er mit seiner Frau in Streit geraten. Im Laufe des Abends verlor er immer mehr den Kontakt zur Realität. Als seine Frau den eintreffenden Beamten die Tür öffnete, griff der Angeklagte urplötzlich seine Frau an und drückte sie zu Boden. Natürlich schritt einer der Polizisten sofort ein. Das wiederum verstand Hund Leo völlig falsch und biss den Polizisten herzhaft in den Allerwertesten.

Das Vergehen bestand darin, dass der als kernig bekannte Hund eigentlich hätte weggesperrt werden müssen. Als die Frau des Hauses dieses nachholen wollte, wurde sie daran gehindert. Der zweite Beamte drängte sie zu ihrer Sicherheit von ihrem Mann weg nach draußen.

Polizist soll Schmerzensgeld gefordert haben

Klaus Marwede, der noch am selben Abend in die psychiatrische Klinik nach Liebenburg gebracht worden war und der nach Ansicht von Richter Mark Linnemann vermutlich als schuldunfähig eigestuft werden muss, äußerte im Gerichtssaal sein Bedauern über die Verletzung des Beamten. Mittlerweile wird der 61-Jährige behandelt und befindet sich auf dem Weg der Besserung.

Der Verteidiger monierte, dass der geschädigte Polizist nach dem Vorfall die Ehefrau kontaktiert habe. In diesem Telefongespräch soll der Beamte ein Schmerzensgeld von 100 bis 200 Euro verlangt haben, anderenfalls habe er den Vorfall anzeigen wollen. Die Eheleute zahlten nicht und die Anzeige erfolgte – allerdings erst zwei Monate später. Dass der geschädigte Polizist trotz Ladung nicht zum Verhandlungstermin erschien, löste Befremden aus. Die Staatsanwaltschaft beantragte ein Ordnungsgeld und Richter Mark Linnemann verwarf den Anspruch auf Schadensersatz.

Eine Nazi-Unterstützerin?

Die zweite Anklage gegen Marwede wegen übler Nachrede kam von einer politisch sehr engagierten Dame. Sie und der Angeklagte hatten sich via Facebook schon so manches Gefecht geliefert. Als der 61-Jährige seine Diskussionspartnerin in einem öffentlichen Post als AFD-nah und somit als „Nazi-Unterstützerin“ bezeichnete, platzte der 58-Jährigen der Kragen. Sie zeigte ihn an.

Jedoch waren Staatsanwaltschaft und Gericht der übereinstimmenden Auffassung, dass diese Äußerung nicht das Maß der üblen Nachrede oder einer Beleidigung erreiche. Die Behauptung, die AFD zu unterstützen, sei nicht ehrverletzend, sondern eine von der Meinungsfreiheit geschützte Äußerung. Schließlich sei die AFD ja keine verbotene Partei.

Die Anzeigenerstatterin wurde nie selbst als Nazi betitelt, es sei nur von einer Nazi-Unterstützerin die Rede gewesen. Die Verbindung zwischen der AFD und Nazis werde hinlänglich so gesehen, sodass auch diese Formulierung noch als Meinungsäußerung durchgehe, hieß es in der Urteilsbegründung. Marwede hatte sich bereits auf Facebook bei der Frau entschuldigt und wiederholte dies auch im Gerichtssaal. Er schätze ihr Engagement und wolle gern auch weiterhin mit ihr diskutieren, sagte er.

Anm. der Redaktion: In der Regel werden in GZ-Berichten über Gerichtsprozesse die Namen der Beteiligten nicht genannt. Klaus Marwede jedoch hat der GZ erlaubt, dass sein voller Name genannt wird und auch seine Krankengeschichte thematisiert werden kann.

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