Dorothee Austen verlässt den Clausthaler Kirchenvorstand

Einen Bezug zur Kirche hat Dorothee Austen seit ihrer Kindheit, ist sie doch in einem Pastorenhaushalt aufgewachsen. Aus dem Besitz der Eltern stammt auch der Kirchenhahn, der mittlerweile im Austengarten platziert ist. Foto: Potthast
Dorothee Austen hört auf als Clausthaler Kirchenvorstandsvorsitzende, der Kirche will sie dennoch treu bleiben. In ihrem Ehrenamt hatte sie vielfältige Aufgaben, sie begleitete sogar die Bauprojekte der Marktkirche. Nun muss sie sich neu sortieren.
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Clausthal-Zellerfeld. Dorothee Austen kennt jeden Winkel der Marktkirche zum Heiligen Geist. Mehr als 30 Jahre Kirchenvorstandsarbeit inklusive aufwendiger Sanierungen im und am Clausthaler Gotteshaus liegen hinter ihr. „Ich muss mich nun neu sortieren“, sagt sie. Das Unterwegssein hilft. Kurz vor der Entpflichtung aus dem Kirchenvorstand war sie in Cornwall, kurz danach in Heidelberg.
Fernbleiben wird Dorothee Austen der größten deutschen Holzkirche nicht, sie möchte noch Dienste übernehmen und in der Stiftung Marktkirche zum Heiligen Geist mitwirken. Deren Zweck: Die Kirchengemeinde unter anderem bei der Erhaltung des Gebäudes sowie bei kirchlichen und kulturellen Angeboten zu unterstützen. Themen, mit denen sich Dorothee Austen in ihrem Tun als Kirchenvorstandsvorsitzende jahrelang intensiv befasste. Außen wie innen hatte das Clausthaler Gotteshaus instandgesetzt werden müssen, mehrere Millionen Euro wurden dafür bewegt. Auf Baustellen hätte sie oft Gespräche mit Handwerkern, Architekten, Sachverständigen geführt. Auch die Kantorenstelle sei ihr wichtig. Denn: Kirchenmusik habe seit 1642 Tradition.
Austen litt unter bürokratischen Vorschriften
Von Pastor Martin Henzelmann habe sie das Bauen geerbt. „Er hat die Kirche als Gebäude gerettet“, habe den Förderverein zur Finanzierung von Baumaßnahmen mitgegründet. Pastor Henzelmann sei sehr charismatisch gewesen und die Gemeinde unendlich traurig, als er 2005 verstorben sei. Im selben Jahr wurde Dorothee Austen zur Vorsitzenden des Kirchenvorstands gewählt, dem sie schon seit 1991 angehörte. Fortan habe sie sich um mehr kümmern müssen. Wodurch sie reichlich Wissen erlangte und Einblick in sonst eher nicht zugängliche Ecken erhielt. Unter bürokratischen Vorschriften habe sie oft gelitten. Ihr Credo: „Wir machen das, was in der Sache gut ist.“ Allerdings dürfe es nicht zu modernistisch sein – in der alten denkmalgeschützten Kirche. „Es muss zur Würde passen.“

Hinauf geht es für die Kirchenvorstandsvorsitzende während der Marktkirchen-Sanierungsphasen nicht nur einmal. Im Sommer 2005 begibt sich Dorothee Austen nach oben, weil ein Teilstück des südlichen Daches zu erneuern ist. Foto: Privat
Etliche Pastorinnen und Pastoren kamen, etliche gingen in den vergangenen rund drei Jahrzehnten. Nicht immer waren die Auffassungen Dorothee Austens mit denen der Theologen und anderer Mitstreiter konform – sie ist eben eine kritische Frau. Eine, die Eindringlichkeit und Kraft in ihr Ehrenamt legte, die Bauprojekte begleitete, den Haushalt im Blick haben musste, die Aufgaben des Küsters erledigte, wenn er Urlaub machte, die mitverantwortlich für die Herausgabe des Gemeindebriefs war, der von Pastor Helbig die Kinderfreizeit übertragen wurde, die bauliche Eingriffe an der Friedhofs-Werkstatt vorbereitete, die im regen Austausch mit den Kolleginnen im Kirchenbüro war und die genauso auf Baustellen in luftige Höhen kletterte. Und die seit 1991 strukturelle innerkirchliche Veränderungen verfolgt – weitere seien zu erwarten, sagt sie, was ihr Sorge bereite.
An ihrer Kirchenvorstandszeit hängen auch einige schmerzliche Erinnerungen: Der Tod Pastor Henzelmanns 2005 etwa, der ihres Ehemannes Michael Austen 2018, und der Dr. Stephan Rötheles 2023, ein Begleiter in Kirchenbelangen. Schöne Erinnerungen kann Dorothee Austen jedoch gleichsam mitnehmen in die Post-Kirchenvorstandsphase: Wie das Gelingen der Sanierungsprojekte – und die Begeisterung der Clausthaler dafür. Wie den Einbau der neuen Goll-Orgel. Wie die Begegnungen mit Menschen unterschiedlichster Profession – „ich habe mit tollen Leuten zusammengearbeitet“.
Austen führt weiterhin Aufsicht im Gotteshaus
Ihr Ehrenamt habe aus einem vielfältigen Geflecht von Aufgaben bestanden, sagt sie. Eine habe die andere abgelöst. „Ich hab‘s halt gemacht.“ Was sie bei der Stange gehalten habe, sei ihre Neugier gewesen. Und: Es seien immer die richtigen Leute zur richtigen Zeit da gewesen – „Martin Henzelmann war ein wichtiger Motor“. Einer ihrer eigenen Motoren und ihr Faible: Den Marktkirchen-Besuchern zu erzählen, was sie sehen, und ihnen etwas von der Botschaft und dem Geist mitzugeben. Das möchte Dorothee Austen fortsetzen. Denn sie werde weiterhin Aufsicht im Gotteshaus führen. Allein schon, um es für die Menschen offenzuhalten. Sie könne es nicht leiden, wenn Kirchen verschlossen seien. Das Gebäude gehöre schließlich zum öffentlichen Leben.
Die Kirche war schon früh Bestandteil ihres Lebens
Ihre Verbindung zum Clausthaler Gotteshaus ist eine feste. Glaube, Gemeinde, Kirche waren ohnehin früh Bestandteile ihres Lebens. „Ich stamme aus einem Pastorenhaushalt.“ Eine Zeit lang allerdings sei sie weit weg von Kirche gewesen: durch ihre Arbeit als Lehrerin an der Robert-Koch-Schule, durch ihr kommunalpolitisches Engagement, durch die Familie. Doch sie kam zurück und die Musik ebnete den Weg. Ihre zwei Töchter sangen in der Kantorei, und Dorothee Austen ließ sich als Kandidatin für den Kirchenvorstand aufstellen. „Wir brauchen noch jemanden, der sich für Kirchenmusik interessiert“, habe es damals geheißen.
Ein Interesse war da, ist geblieben und hat sich auf andere Bereiche ausgedehnt. Dorothee Austen verlässt den Kirchenvorstand in einer Zeit, in der sie Positives ausmacht: Mehr Menschen kämen in die Konzerte, was ein Verdienst des Kantors Arno Janssen sei, und mehr in die Gottesdienste. „Wir sind eigentlich im Aufbruch.“