Russland will Sicherheit für Getreideexporte garantieren

«Sollten die Kiewer Behörden reifen, werden wir nur zu gerne kooperieren»: der russische Außenminister Sergej Lawrow in Ankara.
Lawrow: Blockade ukrainischer Häfen wird aufgehoben, wenn die Gewässer von Minen geräumt werden – Doch Kiew fürchtet einen Hinterhalt.
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Im Streit um die russische Blockade ukrainischer Häfen am Schwarzen Meer gibt es Entspannungssignale, aber noch keine Lösung. Obwohl die Zeit immer knapper wird, um eine Hungersnot in Teilen Afrikas und Asiens abzuwenden, blieben der russische Außenminister Sergej Lawrow und sein türkischer Amtskollege Mevlüt Cavusoglu bei einem Treffen in Ankara unverbindlich – ein erhoffter See-Korridor lässt weiter auf sich warten. Lawrow versicherte aber: „Wir sind bereit, die Sicherheit von Schiffen zu gewährleisten, die die ukrainischen Häfen verlassen.“ Wenn die Ukraine bereit sei, entweder Minen zu räumen oder den Durchgang von Frachtschiffen durch Minenfelder zu gewährleisten, „dann hoffen wir, dass dieses Problem gelöst wird“.
Cavusoglu bekräftigte die türkische Unterstützung für einen entsprechenden Plan der Vereinten Nationen, den Russland, die Ukraine und die Türkei umsetzen sollten. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen machte Moskau am Mittwoch schwerste Vorwürfe: „Lebensmittel sind zu einem Teil des Terrorarsenals des Kremls geworden“, sagte sie im EU-Parlament in Straßburg.
Russland blockiert mit Kriegsschiffen und mit Raketenstellungen auf der Krim den Zugang der Ukraine zum Schwarzen Meer. Die ukrainischen Häfen und ihre Zufahrten sind außerdem teils von Russland, teils von der Ukraine vermint. Deshalb können Schiffe die Häfen seit drei Monaten weder verlassen noch ansteuern. Nach Angaben der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) stecken etwa 80 Fracht- und Tankschiffe fest.
Die Ukraine ist einer der wichtigsten Getreide-Exporteure weltweit, der Transport wird zu 90 Prozent über das Meer abgewickelt. Rund 23 Millionen Tonnen Getreide und Ölsaaten können jetzt nicht verschifft werden. Das gefährdet die Lebensmittelversorgung in Teilen der Welt, die Weltmarkt-Preise für Weizen sind um 60 Prozent gestiegen.
Die Türkei hat angeboten, die Minen zu räumen und dann Schiffskonvois von Getreidefrachtern mit eigenen Marine-Schiffen zu begleiten. Doch aus der Ukraine kommen Bedenken und die Forderung nach Sicherheitsgarantien. Kiew fürchtet, dass Russland die Minenräumung in ukrainischen Häfen missbrauchen könnte: „Es ist nicht auszuschließen, dass Russland plant, einen solchen Korridor für einen Angriff auf Odessa und die südliche Ukraine zu benutzen“, warnte das ukrainische Außenministerium am Mittwoch. Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert vom Westen Anti-Schiffs-Waffen, um die Sicherheit der Konvois zu gewährleisten. Auch in einem Telefongespräch Selenskyjs mit Bundeskanzler Olaf Scholz sei es am Mittwoch darum gegangen, wie Getreideexporte der Ukraine auf dem Seeweg ermöglicht werden könnten, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit.
Die Türkei spielt in dem See-Konflikt eine wichtige Rolle: Sie kontrolliert den Zugang ins Schwarze Meer und kann nach dem Montreux-Abkommen von 1936 die Durchfahrt für Kriegsschiffe anderer Staaten sperren. Das hat sie nach Beginn des Ukraine-Krieges auch getan, weshalb westliche Staaten keine Kriegsschiffe in die Region schicken können.
Von Christian Kerl, Funke Medien GmbH