„Reichsbürger um Reuß glauben an Alien-Angriff“

Die mutmaßlichen beiden Reichsbürger aus dem Kreis Hildesheim und aus dem Kreis Peine sollen zur Gruppe um Prinz Reuß (oben links) gehört haben. Foto: Jürgen Runo, FMN
Die Reichsbürger um Prinz Reuß planten einen handfesten Putsch. Das wirft der Generalbundesanwalt zumindest mal dem harten Kern vor. Zu diesem soll auch der Ex-Polizist Michael F. gehören. Wir sprachen mit dem Anwalt von F., Martin Heynert.
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Braunschweig. Die Reichsbürger um Prinz Reuß planten einen handfesten Putsch. Das wirft der Generalbundesanwalt zumindest mal dem harten Kern vor. Zu diesem soll auch der Ex-Polizist Michael F. aus dem Kreis Hildesheim gehören. Was sie eint: abstruse Gedanken um Aliens und Nano-Bots, die durch eine Corona-Impfung verabreicht werden sollen. Wir sprachen mit dem Anwalt von F., Martin Heynert, über die Reuß-Truppe und eine mutmaßliche Komplizin, die Ärztin aus dem Kreis Peine. F. gab seinem Anwalt aus der U-Haft heraus grünes Licht, mit uns zu sprechen.
Sie haben gegenüber dem Magazin „Spiegel“ Ihre Freude darüber geäußert, dass endlich Anklage erhoben worden ist gegen Ihren Mandanten. Warum?
Ich habe Freude darüber geäußert, dass insgesamt Anklage erhoben wird. Nicht nur gegen meinen Mandanten. Jetzt besteht die Möglichkeit, den Verdacht richtig zu stellen. Es geht darum, ob es reicht, was der Generalbundesanwalt bisher zusammengetragen hat. Voraussetzung für eine Anklageerhebung ist, dass die Ermittlungen abgeschlossen sind.
Die Vorwürfe gegen Michael F. sind massiv. Er zählt laut den Ermittlern zum harten Kern der Gruppe um Prinz Reuß, soll einen Putsch geplant haben. Wie sehen Sie das?
Diese Zurechnung erfolgt deswegen, weil mein Mandant im sogenannten M-Stab Mitglied gewesen sein soll. Das war der militärische Arm der Vereinigung um den ehemaligen Elitesoldaten Rüdiger von Pescatore, den Ex-KSK-Soldaten Peter Wörner oder den pensionierten Bundeswehroberst Maximilian Eder. Mein Mandant stellt das in Abrede. Er war kein Mitglied des M-Stabs. Man kann sich das auch nicht so vorstellen wie in einem Verein, in den man einfach eintritt.
Aber Herrn F. wird doch die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.
Ja, zusätzlich wird ihm die Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens vorgeworfen. Beides ist aber nicht haltbar. Mein Mandant wusste nicht, was der innere kleine Kreis um Prinz Reuß und seine russische Freundin Vitalia B. tatsächlich vorhatten. Dieser kleine Kreis hat sich getarnt mit einem weiten Kreis von Corona-Leugnern, Staatskritikern, Esoterikern, auch Reichsbürgern und Alien-Gläubigen. In dieser Masse haben sie sich gut versteckt. Die Freundin von Prinz Reuß hatte intensiven Kontakt zum russischen Generalkonsulat in Leipzig. Sie ist nach unserer Ansicht von dort gesteuert worden, mit dem Ziel, Unruhe in unseren Staat zu tragen.

Anwalt Martin Heynert vertritt Michael F., einen Ex-Polizisten. Foto: Privat
Und damit hatte Ihr Mandant nichts zu tun? Die Ermittlungen sagen etwas anderes.
Das wusste er nicht. Herr F. hat mehrfach bekundet, dass er die gesamte Gruppierung sofort verlassen hätte, wenn er gewusst hätte, dass die anderen den Reichstag stürmen wollten. Das hätte er als Polizist niemals mitgemacht.
Es waren allerdings diverse Heimatschutzkompanien in Niedersachsen geplant. Es gab sogar Rekrutierungstreffen unter anderem in Lautenthal, bei denen Ihr Mandant dabei gewesen war. Was wissen Sie darüber?
Diese Heimatschutzkompanien haben einen missverständlichen Namen. Es ging darum, Personen zusammenzuführen, die nach einem erwarteten Zusammenbruch unserer Gesellschaftsordnung für einen Neuaufbau und für die Hilfeleistung für die dann notleidende Bevölkerung zur Verfügung gestanden hätten. Dieser Zusammenbruch sollte nicht von diesen Protagonisten herbeigeführt werden, sondern kommen, weil der Staat an sich marode war, so die Denke von Herrn F.. Außerdem wurden Eingriffe von zwei Allianzen befürchtet. Es ging um eine außerirdische Allianz und eine Allianz, die von Außerirdischen auf der Erde gesteuert wird. Es ging um Personen wie Wladimir Putin, Bill Gates oder Elon Musk, der auch als halber Außerirdischer bezeichnet wurde.
Es ist vom Arche-Noah-Prinzip die Rede. Was hat es denn mit diesem weiteren abstrusen Gedanken auf sich?
Am Tag X wären Auserwählte, zu denen auch mein Mandant gehören sollte, von Hubschraubern abgeholt und an einen sicheren Ort gebracht worden. Das ist mit dem Arche-Noah-Prinzip gemeint.
Und daran haben die ernsthaft geglaubt?
Die haben daran ernsthaft geglaubt. Als die Vertreter des BKA, des Generalbundesanwalts und ich vor gut einem Jahr den ersten Vernehmungen beigewohnt haben, haben wir zuerst noch Witze darüber gemacht. Nachdem wir mit Herrn F. vier oder sogar sechs Tage lang zusammensaßen, da waren wir alle nur noch betroffen. Ein Gewitter ohne Blitze war dann für Herrn F. und die anderen ein klares Vorzeichen dafür, dass die Aliens eingreifen. Dabei war Herr F. ein ausgezeichneter Polizist, ein guter Mann.
Wie konnte er so abdriften?
Das weiß ich nicht.
Ihr Mandant soll zusammen mit Prinz Reuß und dem inneren Zirkel in Frankfurt angeklagt werden. Beim Mammutprozess soll die Ärztin aus dem Kreis Peine in München angeklagt werden, wiederum andere in Stuttgart. Wann geht es los?
Unsere Sache geht Mitte Mai los, wenn denn die Anklage zugelassen wird. Das ist noch nicht der Fall. Ich habe Einlassungsfrist bis zum 29. Februar zum Antrag des Generalbundesanwalts auf Zulassung der Anklage. Bis zum 15. Februar soll sich die Haftfortdauer meines Mandanten klären. Auch hier geht es um die Einlassungsfrist. Über die anderen Verhandlungstermine in Stuttgart und München weiß ich nichts.
Ihr Mandant hatte auch Kontakt zur Ärztin aus dem Kreis Peine. Wie eng war der Kontakt?
Er war lose. Lose in dem Sinn, dass man mal zusammen ein Bier getrunken hat. Es gab gemeinsame Treffen im Kreis um Prinz Reuß. Es wurde kolportiert, F. und die Ärztin seien ein Paar gewesen. Das ist nicht richtig. Herr F. hat eine feste Freundin.
Was wissen Sie über die Ärztin, die nach einem erfolgreichen Putsch Gesundheitsministerin werden sollte?
Nichts weiter als das, was auch aus der Presse bekannt ist. Es gibt aber eine Ausnahme: Sie soll ein Referat gehalten haben im Jagdschloss von Prinz Reuß in Thüringen. Da soll es um Nano-Bots, also Mikro-Schaltkreise, die angeblich bei Menschen in den Blutkreislauf gelangen, wenn sie gegen Corona eine Impfung mit einem mRNA-Stoff erhalten, gegangen sein. Das veranlasste Herrn F. dann zu der Idee, dass in den Heimatschutzkompanien nur Ungeimpfte hätten aufgenommen werden sollen.
Ihr Mandant sitzt seit mehr als einem Jahr in U-Haft. Sie wollen den Haftbefehl aufheben lassen, wie Sie sagten. Glauben Sie, dass Sie damit Erfolg haben werden?
Das muss das Gericht entscheiden. Ich möchte zu diesem Zeitpunkt keine Prognose abgeben.
Wie halten Sie denn Kontakt?
Er kann mich aus seinem Haftraum heraus anrufen. Meine Festnetz- und Handynummer sind für ihn freigeschaltet. Das gilt auch für die Nummern seiner beiden anderen Verteidiger. Ich telefoniere ein- bis zweimal pro Woche mit ihm. Wenn ich ihn zwischendurch sprechen muss, rufe ich im Gefängnis an und bitte um seinen Rückruf.
Es wird ein regelrechter Mammutprozess. Was erwarten Sie?
Es wird das größte Strafverfahren sein, was die Bundesrepublik Deutschland je gesehen hat. Das gilt besonders, wenn man alle Teilprozesse zusammenfasst. Alleine schon der Teilprozess in Frankfurt wird wohl mindestens 150 Verhandlungstage haben. Wahrscheinlich werden inhaftierte Beschuldigte aus den anderen Teilprozessen als Zeugen nach Frankfurt gebracht werden müssen. Das wird ein riesiges logistisches Problem an Gefangenentransporten geben. Ich erwarte Meinungskundgebungen vonseiten der Reichsbürger, von Corona-Leugnern, Aliengläubigen und so weiter. In Frankfurt soll an zwei Tagen pro Woche verhandelt werden, jeweils dienstags und donnerstags.