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Gottesdienst an der Kaiserpfalz

Pfingsten: Am Mettwurstbrötchen scheiden sich die Geister

Marco Koch wünscht sich, dass Mitarbeiter „frech und teuer“ werden. Foto: Hartmann

Marco Koch wünscht sich, dass Mitarbeiter „frech und teuer“ werden. Foto: Hartmann

Der ökumenische Open-air-Gottesdienst an der Kaiserpfalz ist seit rund 20 Jahren eine Pfingsttradition in der Stadt. Rund 500 Christen feierten ihn gemeinsam und dachten dabei über das Motto nach: "Woran sich die Geister scheiden."

Von Petra Hartmann Dienstag, 30.05.2023, 11:00 Uhr

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Goslar. „Woran sich die Geister scheiden“: Die Veranstalter des ökumenischen Pfingstgottesdienstes an der Kaiserpfalz nahmen das eigentlich vereinigende Fest zum Anlass, über das nachzudenken, was die Gesellschaft aktuell spaltet.

Mit großen Demonstrationsplakaten machten die katholischen und evangelischen Geistlichen auf ihre Anliegen aufmerksam. Zum Teil auf alltägliche, äußerst verständliche Konflikte. Etwa als Pfarrer Ralph Beims mit beinahe heiligenmäßiger Andacht über das geliebte Mettbrötchen zum Frühstück sprach, während die Fraktion der Vegetarier in seiner Familie ständig wächst. Zugegeben, Fleischkonsum sei mit Tierleid verbunden. Pflanzliche Nahrung würde das Klima auch weniger belasten. So rang sich Beims zu einer Kompromissforderung durch: „Esst vegetarisch (Ausnahme: Mettbrötchen)“.

Pfarrerin Melanie Grauer regte an, den Spruch „Klotzen statt kleckern“ umzukehren in „Kleckern statt Klotzen“. Denn: „Kleine Schritte machen und bei sich selbst beginnen, das war doch eigentlich immer schon ein guter Rat.“

Über Pflegekräfte und alle anderen Mitarbeiter, die den Arbeitgebern angeblich „lieb und teuer“ sind, machte sich Gemeindereferent Marco Koch Gedanken. Er sprach über die immer teurer werdenden Lebensmittel und darüber, wie Arbeitnehmer mit Streiks für mehr Lohn kämpften. Aber bedeutet nicht steigender Lohn auch wieder einen neuen Preisanstieg? Trotzdem: Statt „lieb und billig“ wünsche er sich doch, dass Arbeitskräfte „frech und teuer“ werden.

Vom richtigen Glauben

Und welcher Glaube ist denn nun der richtige? Gegen einfache Antworten wandte sich Pfarrer Ulrich Müller-Pontow. Es erschrecke ihn, wie die Welt zusehends in Gut und Böse, Schwarz und Weiß eingeteilt werde. „Ein Glaube, der keinen Blick für Zwischentöne hat, gibt nicht die Liebe Gottes wieder, sondern einfach nur unsere menschliche Engstirnigkeit. Gerade weil die Menschen so vielfältig sind, darf unser Glaube nicht einfältig sein.“

Angesichts des Abrisses der Bundeswehr-Kaserne an der Pfalz erinnerte sich Propst Thomas Gunkel an die Zeit, als er den Wehrdienst verweigert hatte und sich einer Gewissensprüfung stellen musste. Er sprach über den Slogan „Frieden schaffen ohne Waffen“, den Kalten Krieg und das Wettrüsten. Aber sollte man heute die Waffen wegwerfen und sagen: „Hier hast du die Waffen, Putin, mach mit ihnen, was du willst“? Sein eigenes Demo-Plakat trug daher die salomonische Forderung: „Frieden schaffen – manchmal – ohne Waffen.“

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