Merkel: „Das 20. Jahrhundert ist politisch endgültig beendet“

Angela Merkel hält eine Festrede zum 1100. Stadtgeburtstag. Foto: Swen Pförtner/dpa
Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Donnerstagabend die Festrede zum 1100. Geburtstag der Stadt Goslar gehalten. Dabei wagte sie den Spagat zwischen der langen Stadtgeschichte und weltpolitischen Herausforderungen der Gegenwart.
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Goslar. Angela Merkel gratuliert gern persönlich. Mittlerweile sei es jawohl „offensichtlich“, dass sie gerne nach Goslar kommt, sagt sie. Zum 1100. Geburtstag der Stadt hält sie die Festrede in der ausgebuchten Kaiserpfalz. Dabei wagt sie den Spagat zwischen der langen Stadtgeschichte und weltpolitischen Herausforderungen der Gegenwart.
Gut zu Fuß ist sie aber noch nicht, im Urlaub hatte sie sich das Knie verletzt. Als sie auf ihrem Stuhl in der aula regis Platz genommen hat, sind es vor allem die Leistungen herausragender Persönlichkeiten, die die Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel hervorhebt. Etwa Queen Elisabeth II.: „Wir alle spüren, dass mit ihrem Tod das 20. Jahrhundert politisch endgültig beendet ist“, sagt Merkel. Die englische Königin habe sich durch eine „Versöhnung und Zusammenhalt stiftende Würde“ ausgezeichnet – eine Eigenschaft, die derzeit nicht gerade gefragt sei. „Das kann uns durchaus Sorge machen“.
Krieg in der Ukraine „eine tief greifende Zäsur“
Der Kriegsbeginn in der Ukraine am 24. Februar markiere „eine tief greifende Zäsur“. Der Westen habe klar Position bezogen, um das Völkerrecht zu schützen. Doch das reiche nicht aus. Auch wenn es „einen langen Atem“ brauche und aus heutiger Sicht unwahrscheinlich erscheine, müsse die Staatengemeinschaft an einer „gesamteuropäischen Sicherheitsarchitektur“ unter Einbeziehung Russlands arbeiten. Solange dies nicht erreicht sei, „ist auch der Kalte Krieg nicht zu Ende.“ Für die Menschen in der Ukraine sei es sogar ein realer Krieg geworden. Auch in der Bundesrepublik seien die Folgen zu spüren, siehe Inflation und Energiekrise. „Glücklicherweise ist Deutschland ein starkes Land und der Staat auf allen Ebenen handlungsfähig.“ Doch es gebe keinen Grund zur Selbstzufriedenheit.
„Respekt und Anerkennung“ für Ehrenamt
Gerade für die Kommunen dürfte die Arbeit in den kommenden Jahren schwierig werden, weil das Geld knapp wird. Für Merkel war das ein Grund, warum sie die Goslarer Festrede halten wollte: aus Respekt und Anerkennung für das, was auf kommunaler und ehrenamtlicher Ebene geleistet wird.
Zum Schluss ein lokaler Appell: Immer wieder im „Auf und Ab“ der 1100-jährigen Geschichte habe es Menschen gegeben, die sich zum Wohle der Stadt Goslar eingesetzt hätten. Allen, die heute Verantwortung für die Stadt tragen, wünschte Merkel, dass diese Geschichte ihnen „Kraft, Mut und Weitsicht“ geben möge, auch um aktuelle Herausforderungen zu meistern.