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Polizei legt Statistik vor

Kriminalität in Bad Harzburg: Anstieg, aber keine Panik

Gerade ältere Menschen sind für Betrüger vermeintlich leichte Opfer. Bei merkwürdigen Anrufen – beispielsweise von Angehörigen, die ganz schnell ganz viel Geld brauchen – sollte jeder aufpassen. Symbolfoto: Jens Kalaene/dpa

Gerade ältere Menschen sind für Betrüger vermeintlich leichte Opfer. Bei merkwürdigen Anrufen – beispielsweise von Angehörigen, die ganz schnell ganz viel Geld brauchen – sollte jeder aufpassen. Symbolfoto: Jens Kalaene/dpa

Bad Harzburg – Idyllische Kurstadt oder Kriminalitäts-Hotspot? Die Statistik zeigt: Die Zahl der Straftaten steigt, aber das bedeutet nicht, dass man sich auf offener Straße fürchten muss. Besondere Vorsicht ist allerdings in anderen Bereichen geboten.

Von Holger Schlegel Dienstag, 23.04.2024, 16:00 Uhr

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Bad Harzburg. Lebt es sich in Bad Harzburg sicher? Nicht unbedingt, könnte man meinen angesichts eines Anstiegs der Kriminalitätsfälle von 1414 im Jahr 2022 auf 1753 im vergangenen Jahr. Darin eingeschlossen ist der Vienenburger Bereich, für den die Bad Harzburger Polizei ebenfalls zuständig ist. Aber beim genauen Blick auf die Zahlen, die die Bad Harzburger Polizei jetzt im Rahmen der jährlichen Kriminalstatistik vorgelegt hat, relativiert sich die Sache. Ja, es gibt Kriminalität auch im beschaulichen Kurstädtchen. Aber die Gefahr, beispielsweise auf offener Straße zum Opfer einer Straftat zu werden, ist gering. Doch in anderen Bereichen ist besondere Obacht geboten.

Enkeltrick: Senioren im Visier

Schon in den vergangenen beiden Jahren hatte die Polizei auf ein ganz besonderes Problemfeld hingewiesen: Auf Gauner, die bevorzugt alte Menschen übers Ohr hauen, sei es mit dem Enkeltrick am Telefon, sei es mit anderen Tricksereien auch mal an der Haustür. Bad Harzburgs neuer Polizeichef Martin Görlich und die – ebenfalls neue – Leiterin des Ermittlungsdienstes Simone Conrad berichten von einem Fall, der allerdings noch nicht in der Statistik auftaucht, weil er sich erst vor wenigen Tagen ereignete: Eine Bad Harzburgerin übergab vermeintlichen Polizeibeamten Gold im Wert von 135.000 Euro, weil Betrüger ihr am Telefon weißgemacht hätten, ihre Tochter müsse nach einem von ihr verursachten Unfall eine Kaution hinterlegen. Eine Räuberpistole. „Kaution gibt es in Deutschland nicht“, so Görlich und schon gar nicht lässt sich die Polizei Geld oder Gold auf offener Straße übergeben.

Diebstahl und Einbrüche: Tätergruppe dingfest gemacht

Das war, wie gesagt, in diesem Jahr, aber 2023 sah es nicht anders aus: Insgesamt nahmen die Diebstahls- und Fälschungsdelikte zu, die Zahl der Fälle stieg von 362 auf 496 – um 37 Prozent. Besonders auffällig ist der Anstieg im vergangenen Jahr bei Diebstählen unter erschwerenden Umständen – von 144 auf 227 Fälle. Allerdings ist darin eine ganze Serie von Einbrüchen in Baucontainer, Keller, Kitas und Schulen enthalten, die einer einzigen Tätergruppe zugeordnet werden, die die Polizei auch schon dingfest gemacht hat. Ihnen werden mindestens 40 Taten zur Last gelegt.

Häusliche Gewalt: Anzeigeverhalten nimmt zu

Einen Anstieg um 25 Prozent (von 282 auf 354) gibt es auch bei den Rohheitsdelikten, und da spielen die vorsätzlichen, einfachen Körperverletzungen mit 153 Fälle (zu 128 im Vorjahr) die größte Rolle. Unauffällig sind Raubüberfälle auf offener Straße (drei Fälle) oder auch in Wohnungen (drei), wohingegen die der Fälle häuslicher Gewalt von 80 auf 137 angestiegen sind. Görlich und Conrad machen da einen –wenn man so will – erfreulichen Trend aus: Das Anzeigeverhalten habe sich erhöht. Das heißt, die Opfer lassen die Taten nicht einfach über sich ergehen, sondern informieren die Polizei. Dadurch werden mehr Fälle bekannt und ihre Zahl in der Statistik steigt.

Drei sogenannte Straftaten gegen das Leben gab es im vergangenen Jahr, wobei damit nicht immer gleich Mord und Totschlag gemeint sind und die Opfer auch nicht immer tot sein müssen. Darunter fällt beispielsweise auch ein Verfahren nach einem Brand in einem Vienenburger Altenheim, bei dem es einen Toten gab, sowie ein versuchter Totschlag im Rahmen eines Falles häuslicher Gewalt. Und im Oktober kam es unbemerkt von der Öffentlichkeit zu einer Schießerei in einem Kleingarten in Bündheim.

Auch wenn jeder dieser Fälle, egal wie schwer, einer zu viel ist, zeige die Statistik letztlich doch, dass man in Bad Harzburg auf der Straße sicher ist. Dort hat es laut Görlich und Conrad weder den klassischen Überfall gegeben, noch ist dort im vergangenen Jahr irgendwer Opfer einer Körperverletzung geworden.

Aufklärungsquote: Polizei weiterhin erfolgreich

In diesen Bereich fallen eher die klassischen Schlägereien beispielsweise in Kneipen, bei denen übrigens auch immer gleich den Täter quasi frei Haus mitgeliefert wird. Die Aufklärungsquote der Bad Harzburger Polizei liegt insgesamt bei 66 Prozent und damit nur um 1,4 Prozent niedriger als im Vorjahr.

Nach dem Corona-Knick

Und noch etwas anderes zeigt sich beim Blick auf die Zahlen: 1753 Fälle sind zwar deutlich mehr als die 1414 Fälle des Vorjahres und erheblich mehr als 1289 im Jahr 2021 –da war aber auch noch Corona mit Lockdown und Co.

Die Menschen waren damals einfach nicht so viel unterwegs, sondern über Monate zuhause (was man damals allerdings auch schon an einer erhöhten Zahl von Fällen häuslicher Gewalt gesehen hat). Aber ansonsten liegt das Kriminalitätsgeschehen mittlerweile einfach „nur“ wieder in Bereichen wie vor Corona mitunter sogar darunter (2018 und 2015 gab es jeweils mehr als 1900 Fälle).

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