Internationales Haus Sonnenberg: Trägerverein meldet Insolvenz an

Der Trägerverein des Internationalen Hauses Sonnenberg, einem Gebäudeensemble bei St. Andreasberg, hat vorläufige Insolvenz angemeldet. Foto: Potthast
Der Sonnenberg-Kreis hat Ende März vorläufige Insolvenz angemeldet. Das hat Pressesprecher Matthias Braun am Donnerstag bestätigt. Er ist wie die vorläufige Insolvenzverwalterin Kristin Winter in der Kanzlei „Schultze und Braun“ beschäftigt.
Für nur 0,99 € alle Artikel auf goslarsche.de lesen
und im ersten Monat 9,00 € sparen!
Jetzt sichern!
St. Andreasberg. Der Trägerverein des Internationalen Hauses Sonnenberg hat vorläufige Insolvenz angemeldet. Das bestätigt auf Nachfrage Matthias Braun, Pressesprecher der Kanzlei „Schultze und Braun“, deren Mitarbeiterin Kristin Winter die vorläufige Insolvenzverwalterin der Tagungsstätte ist. Betroffen davon sind unter anderem 22 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Brauns Aussagen zufolge stehen die Chancen für einen Weiterbetrieb des Bildungshauses aber gut.
Wie der Pressesprecher es formuliert, nutze der Sonnenberg-Kreis als Trägerverein die „Instrumente der Insolvenzordnung“, um sich neu aufzustellen. Die Beschäftigten seien informiert, und ihre Löhne und Gehälter seien bis Ende Mai über das sogenannte Insolvenzgeld gesichert. „Diesen Effekt können wir für die Stabilisierung des Geschäftsbetriebs und die Neuaufstellung des Vereins nutzen“, teilen Geschäftsführer Tilmann Zschiesche und Insolvenzverwalterin Kristin Winter mit.
Auf solide Füße
In enger Abstimmung mit dem Vereinsvorstand wollen Winter und Zschiesche verschiedene Sanierungsoptionen prüfen, kündigen sie über Pressesprecher Braun an. „Unser Ziel ist auf jeden Fall die nachhaltige Fortführung des Vereins und damit auch die Arbeitsplätze zu erhalten. Maßgeblich wird der Erfolg aber auch von den laufenden Gesprächen mit den Kooperationspartnern und den Fördereinrichtungen abhängen“, schreiben sie in einer Pressemitteilung.
Am Angebot des Internationalen Hauses Sonnenberg solle sich aber nichts ändern. Geschäftsführer und Insolvenzverwalterin hoffen, dass der Trägerverein von Juni an wieder so aufgestellt ist, dass Löhne und Gehälter der Mitarbeiter wieder aus dem laufenden Betrieb der Bildungsstätte bezahlt werden können.

Zu den Hauptaufgaben des Internationalen Hauses gehört die Ausrichtung von Tagungen, wie die der Notfallärzte in Deutschland Anfang des Jahres. Archivfoto: Eggers
Winter und Zschiesche wollen die Kooperationspartner und die Fördereinrichtungen des Internationalen Hauses davon überzeugen, wie wichtig die kostendeckende Unterstützung sei, um den Verein auf wirtschaftlich solide Füße stellen zu können. Dazu werden sie in den kommenden Wochen Gespräche mit den beteiligten Institutionen führen, kündigen sie weiter an.
Der Sonnenberg-Kreis hat die Rolle des Trägervereins der Bildungsstätte 2004 übernommen, zuvor war der Trägerverein davor insolvent gegangen. Eigentümer des Gebäude-Ensembles ist danach Manfred Lechner aus Oberammergau geworden. Er hatte die Immobilie vor 15 Jahren aus der Insolvenzmasse des vorherigen Trägervereins für 180.000 Euro ersteigert und anschließend aber auch stetig Geld investiert.
Nach dem Kauf Lechners hat der Sonnenberg-Kreis die sieben Häuser, die über einen Campus verbunden sind, sowie die 50.000 Quadratmeter Grundstücksfläche – unter anderem mit Grill- und Sportplatz – gepachtet. Und das ist nicht billig. „Inklusive Nebenkosten zahlen wir 25.000 Euro monatlich“, teilte Geschäftsführer Zschiesche im vergangenen Jahr mit.
Gute Verhandlungen
Eigentümer Lechner wollte sich gestern auf GZ-Anfrage nicht groß zu der vorläufigen Insolvenz äußern, über die er noch nicht informiert war. Er hoffe, dass die Zusammenarbeit mit dem Sonnenberg-Kreis weitergeht, der vor einem Jahr extra eine Stiftung gegründet hatte, um die Bildungsstätte von ihm zu kaufen. „Wir sind in guten Verhandlungen und haben gerade ein Gutachten in Auftrag gegeben“, berichtet Manfred Lechner.
„Ich kann die Tragweite dieser Information noch gar nicht abschätzen“, teilt Hendrik Millner, der Vorsitzende des Sternwarten-Vereins, auf Anfrage mit, der auf dem Gelände des Internationalen Hauses eine Einrichtung betreibt. Es habe erst über die GZ von der Insolvenz erfahren. Der Verein Sternwarte wolle zusammen mit der Stiftung Internationales Haus, die Tagungsstätte mit ihren Gebäuden kaufen, auch aus Angst, dass politisch rechte Gruppen die abgelegene Immobilie mitten im Wald kaufen könnten.
Noch 350 Mitglieder
Das Internationale Haus Sonnenberg feiert in diesem Jahr das 75-jährige Bestehen. Besonders zu Zeiten des Kalten Krieges und bis zur deutschen Wiedervereinigung bot die Bildungsstätte mit ihren friedens- und sicherheitspolitischen Tagungen eine der wenigen Möglichkeiten der Annäherung von Vertretern beider Seiten des Eisernen Vorhangs. Zu der Zeit zählte der Trägerverein 5000 Mitglieder. Heute bestehen insgesamt 25 nationale Sonnenberg-Vereine weltweit, die zur International Sonnenberg Association (ISA) zusammengeschlossen sind. Den Schwerpunkt bilden EU-Mitgliedsstaaten und die Länder Osteuropas. Der Sonnenberg-Kreis als Trägerverein hat heute noch 350 Mitglieder.
„Schultze und Braun“ ist ein führender Dienstleister für Insolvenzverwaltung und Beratung im Sanierungs- und Insolvenzrecht. Die Kanzlei beschäftigt mehr als 500 Mitarbeiter an 35 Standorten in Deutschland und dem europäischen Ausland. Die vorläufige Insolvenzverwalterin Kristin Winter arbeitet vom Standort Braunschweig aus für „Schultze und Braun“.