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Herausragender Abend mit Mathias Richling

Mathias Richling gastiert beim Seesener Kulturforum und beeindruckt mit Tempo, Witz und Hintersinn. Foto: Agentur

Mathias Richling gastiert beim Seesener Kulturforum und beeindruckt mit Tempo, Witz und Hintersinn. Foto: Agentur

Kabarettist, Autor und Parodist Mathias Richling trat in der Aula am Schulzentrum in Seesen auf. Mit seinem Programm sorgt er für viele Lacher und eine stimmungsvolle Atmosphäre. Seine Themen sind breit gefächert, Olaf Scholz wird zu einer Ente.

Mittwoch, 06.04.2022, 17:00 Uhr

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Seesen. Endlich, zweimal coronabedingt verschoben, erwartet das Publikum am vergangenen Sonntag einen hoch motivierten Künstler in der Aula am Schulzentrum. Mathias Richling, Kabarettist, Autor und Parodist tritt auf Einladung des Seesener Kulturforums auf.

Bereits die Stimme aus dem Off lässt schmunzeln, denn es wird eine Veranstaltung von sechsdreiviertel Stunden ohne Pause angesagt, die man aber auf 90 Minuten reduziert hat. Richling betritt die Bühne und begrüßt das Publikum mit den Worten: „Schön, dass Sie wieder da sind! Ich suche Sie seit drei Jahren!“

Kann man eine Rezension auf Richling schreiben? Nein, man könnte einen Text über jede einzelne Figur schreiben, die er am Abend verkörpert. Da läuft ein quirliger unruhiger Denker auf der Bühne hin und her, wechselt die Rollen, beurteilt, bewertet das Zeitgeschehen in einer Geschwindigkeit und Tiefe, dass einem allein beim Zuhören schwindelig wird. Hier also nur der Versuch einer Annäherung.

Als Bildmontage erscheint Putin in van Goghs „Selbstporträt mit bandagiertem Ohr“ auf der Bühne. Interpretation zur Bildauswahl ist sicherlich erwünscht, aber nicht notwendig, um dem Abend folgen zu können. Richling vergleicht Russland mit einer Firma, die ihre Behindertenquote wohl mit Putin erfüllen müsse. Als Freund bleibt der 400.000-Euro-Jobber Gerhard Schröder nicht unerwähnt.

Für den Kabarettisten gewinnt Olaf Scholz, „die sozialdemokratische Ausschussware“, die Wahl 2021 nur, „weil Laschet gelacht hat“. Bei Trauerfeierlichkeiten, wisse man jetzt, sei Laschet immer für einen Lacher gut.

Die Pandemie-Taktik der Bundesregierung war falsch, das Vor-Angstschüren, ist als Möglichkeit zu weit getrieben worden. Es wurde Klopapier gehortet, aber das hält nicht ewig, „besonders wenn es gebraucht ist“. Tipp: Einfrieren!

Der neue Gesundheitsminister Karl Lauterbach bekommt sein Fett ebenfalls weg. Nicht nur in verbaler Form, auch in der Darstellung des Dr. Tulpin die Anatomie des Dr. Tulp von Rembrandt, sprüht Richlings hochgeistiger Witz mit. Der Chef des RKI, Wiehler – Tierarzt, sehr logisch für den Künstler, denn wir sind „ein Volk von Rindviechern“ – schläft regelmäßig bei Pressekonferenzen ein. Es sei zu erwarten, dass Virologen nun endlich die Staatsgeschäfte übernehmen und Abstand zur Demokratie herstellen.

Tischbeins Goethe in der Campagna ist nun ein anderer Wolfgang, der Schäuble, Angela Merkel als Vermeers Mädchen mit dem Perlenohrring und Olaf Scholz als Dagobert Duck, Christian Lindner als Wanderer über dem Nebelmeer – das zeugt nicht nur in den Parodien von Geist und Witz, sondern auch in den grandios dazu gewählten Bildern. AKK, Mark Zuckerberg, Leonardo da Vinci: Richling wählt für den Abend eine bunte Zusammenstellung, so bunt wie der Warhol nachempfundene Richling auf der Bühne. Richling erscheint hier als Pop-Art-Kunstwerk, für das Publikum als König des Sprachwitzes.

Richling dreht sich um, zieht Jacke an oder aus und wird zur parodierten Figur, ob zu Steinmeier, dem Pabst, Markus Söder oder zu Boris Becker.

Gendern, Diskriminierung, Organspende: die Themen des Abends sind vielfältig, unterhaltsam und schenken, trotz der partiellen Schwere, eine herausragende Abendunterhaltung.

Leider gelingt es nur schwer, der schnellen Redegeschwindigkeit, den Halbsätzen und der Tiefsinnigkeit Richlings über 90 Minuten konzentriert zu folgen. Einen Moment des Nachsinnens lässt er dem Publikum nicht.

Der Abend klingt nach 90 amüsanten Minuten aus.

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