„Haushaltplanung ist wie der Blick in die Glaskugel“

Der Rathaussaal in Langelsheim ist zur letzten Sitzung des zu Ende gehenden Jahres gut gefüllt. Trotz der Krankheitswelle verpassen nur wenige Ratsmitglieder die Abstimmung über den Haushalt für das Jahr 2023. Foto: Neddermeier
Der Langelsheimer Rat beschließt den Etat für 2023 einstimmig. Das Defizit von 5,3 Millionen Euro kann ausgeglichen werden, da in den vergangenen Jahren Überschüsse erzielt wurden. Die Energiekrise und Pandemie erschweren den Blick in die Zukunft.
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Langelsheim. Schon vor der Haushaltssitzung am Donnerstagabend stand fest, dass alle Fraktionen dem Haushalt für das kommende Jahr zustimmen würden. Der Verwaltungsausschuss hatte bereits am 13. Oktober zugestimmt – auch für die Planungsjahre 2024 bis 2026.
Eigentlich sei die Aufstellung des Haushaltsplanes in der aktuellen Zeit, der berühmte Blick in die Glaskugel, da die Corona-Krise noch nicht beendet sei und auch die kriegsbedingte Energiekrise die Kosten in die Höhe treiben, sagte Stadtkämmerin Heike Ahrens bei der kurzen Vorstellung des umfassenden Zahlenwerks. Das auch für die zu erwartende Gewerbesteuer. Eine Einschätzung sei schwierig. Zudem stünden im kommenden Jahr die Tarifabschlüsse für den öffentlichen Dienst an. Faktoren, die es einzupreisen gelte. Die Personalkosten liegen künftig bei rund zehn Haushaltplanung ist wie der Blick in die Glaskugel.
Energie bringt Faktor Drei
Die Energiekosten habe man zunächst einmal mit dem Faktor 3 veranschlagt – heißt in Zahlen rund eine Million Euro für die Energieversorgung. Durch den jüngst abgeschlossenen Gasliefervertrag sei jetzt eine Kostenreduzierung möglich, die nur 450.000 Euro Mehrausgaben bedeuten würden.
Unter Berücksichtigung der deutlich spürbaren Kostensteigerungen und den Verzicht auf spürbare Einschränkungen bei den Einwohnern plane man im Ergebnishaushalt mit einem Fehlbedarf in Höhe von etwas über 5,3 Millionen Euro am Ende des kommenden Jahres, so Ahrens. Das Defizit im Finanzhaushalt liegt bei rund 5,5 Millionen.
Überschussrücklagen
Schon für das laufende Jahr hat die Stadt ein Defizit in Höhe von etwas über 2 Millionen Euro veranschlagt. Das tatsächliche Rechnungsergebnis steht hier noch aus. Aufgrund der in den zurückliegenden Jahren gebildeten satten Überschussrücklage könne sowohl der aktuelle, als auch der geplante Haushalt ausgeglichen werden. Die noch gute Überschussrücklage in Höhe von rund 10 Millionen Euro macht es möglich. Mit einer Finanzausgleichsumlage seitens des Landes sei nicht zu rechnen. Schlüsselzuweisungen im kommenden Jahr seien eventuell möglich. Die Nettoneuverschuldung sei in einer Größenordnung von etwas mehr als 2,5 Millionen Euro notwendig.
Trotz der aktuellen Lage will die Stadt im kommenden Jahr Investitionen in einer Größenordnung von rund vier Millionen Euro vornehmen. Dazu gehört unter anderem der städtische Anteil für die Maßnahmen zur Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes (rd. 630.000 Euro), der Anteil an der weiteren Sanierung der Ortsdurchfahrt L515 in Langelsheim (400.000 Euro), in Hahausen die Erschließung des nächsten Abschnitts im Baugebiet Streuerwiese (330.000 Euro) und nicht unerhebliche Zuschüsse im Sinne des Brandschutzes der Einsatzfähigkeit der Feuerwehr im Ortsteil Langelsheim (rund 200.000 Euro) sowie etwa der Anbau an das Feuerwehrgerätehaus in Hahausen (350.000 Euro). Und um die Gruppenkapazitäten zu vergrößern, ist ein Erweiterungsbau an den Kindergarten St. Romanus in Hahausen geplant (750.000 Euro). Im Bereich des dringend notwendigen Hochwasserschutzes soll der Grunderwerb für ein Hochwasserrückhaltebecken am Steimker Bach bei Neuwallmoden (540.000 Euro) vollzogen werden.
Rücklagen enorm wichtig
„Die Rücklagen sind in Zeiten der großen Unsicherheiten unsere große Stütze“, sagte Michael Bachmann, Fraktionschef der SPD/ FDP-Ratsgruppe und sprach von einem Haushalt mit vielen Fragezeichen. Allerdings gehe es nicht ohne eine Nettoneuverschuldung.
Glücklicherweise scheint die Gaspreisbremse auch für die Kommunen für Entlastung sorgen zu können. Trotzdem sei es ein Haushalt, der keinen Spielraum für Wohltaten lasse. „Unsere Finanzkraft sinkt. Wie haben weniger Einnahmen als Ausgaben.“ Bachmann lobte aber die umsichtige Haushaltführung der Verwaltung. Ein sparsames, sorgsames Haushalten sei angesagt. Viele geplante Maßnahmen und Investitionen müssten allerdings zwingend in die folgenden Jahre verschoben werden.
Einschätzung der Fraktionen
Deshalb habe die Fraktion auch auf zusätzliche Anträge verzichtet. Alle Zuschussanträge müssen leider abgelehnt werden. Die Stadt Langelsheim sei zwar noch handlungsfähig, könne aber keine freiwilligen Leistungen, wie etwa die Bewilligung von Zuschussanträgen, aufbringen.
Ganz ähnlich sieht das auch Heike Wodicka von der WGL. Im Moment wisse keiner, wohin die Entwicklung laufen werde. Die Stadt habe eine Menge kostspielige Pflichtaufgaben und Mehrbelastungen beim Personal. Viele Wünsche müssten leider offenbleiben – das gelte aber auch für die Familien, auf die große Belastungen zukommen. Erfreulich sei, dass anders als in anderen Kommunen, nachts nicht die Beleuchtung abgeschaltet werden soll.
„Dieser Haushalt ist ein besonderer. Ein so schlechtes Ergebnis habe es lange nicht – oder noch nie gegeben“, bedauert CDU/WGH-Fraktionsvorsitzender Ulrich Eberhardt in seiner Haushaltsrede. Aus Sicht der CDU-Fraktion müsse man jetzt genau darauf Wert legen, den Wirtschaftsstandort Langelsheim zu bewahren, die Unternehmen zu stützen und auch neue Industrie- und Gewerbeflächen zu erschließen und auszuweisen. Schließlich seien die starken Gewerbesteuereinnahmen immer ein ganz wichtiger Faktor für einen stabilen Haushalt gewesen. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Gewerbesteuereinnahmen wieder steigen“, betonte Eberhardt und regte eine gemeinsame Zukunftskonferenz an, um die großen Herausforderungen gemeinsam anzugehen.
Für mehr Klimaschutz
„Wir sitzen alle metaphorisch in einem Boot und seit letztem Jahr paddeln im Rat auch drei neue Mitglieder mit, die dadurch ein bisschen Farbe ins Spiel bringen“, so eröffnete Andreas Kuckelkorn für die Ratsgruppe Grüne und Linke seine Haushaltsrede.
Auch er sprach von ganz besonderen Herausforderungen dieser Zeit und meinte damit auch ganz besonders die Klimakrise. Hier könne auch im kommunalen Bereich parteiübergreifend mehr passieren, mahnte Kuckelkorn: „Hinsichtlich der kommunalen Investitionen wünschen wir uns ein deutlich sichtbareres Engagement für Klimaschutzmaßnahmen im Haushaltsplan.“ Ein Klimaschutzmanager für Langelsheim wäre wünschenswert.
„Auch wenn sich unsere Ideen noch nicht in 2022 und 2023 im Haushalt wiederfinden und wir in unserer kleinen Ratsgruppe manchmal das Gefühl haben mit einem einzigen kleinen Paddel ein schwerfälliges Frachtschiff antreiben zu wollen, werden wir weiterhin darauf aufmerksam machen den Klimaschutz aber auch die Vielfalt in unserer Stadt aktiv im Bewusstsein zu behalten“, endete Kuckelkorn.