Harzer Arzt kritisiert Impfungen von 12 bis 17-Jährigen
Standhaft: Eine lange Schlange hat sich vor dem Cineplex-Impfzentrum in Goslar gebildet. Foto: Epping
Arzt Franz Thomas Lahmer aus Liebenburg kritisiert Impfungen für Kinder von 12 bis 17 Jahren. Er sagt, dass in Impfzentren die nötige Beratung fehle und empfiehlt ausschließlich einen Kinderarzt. Jens Suckstorff, niedergelassener Arzt und Sprecher der Mediziner in der Region, hält dagegen.
Franz Thomas Lahmer aus Liebenburg ist ein impfskeptischer Arzt, zumindest wenn es um Kinder und Jugendliche geht. Seit Monaten drängt er mit Blick auf die Pandemie auf ausführliche Beratung vor jeder Spritze. Jetzt ärgert ihn, dass im Cineplex-Impfzentrum Goslar auch Kinder im Alter von 12 bis 17 Jahren eine Spritze bekommen.
Lahmer, der in seiner Praxis selbst impft, überwiegend vulnerable, also anfällige Patienten, richtet in einem Schreiben an die GZ ein Appell an Eltern: „Bitte lassen Sie sich ausschließlich von Ihrem erfahrenen Kinderarzt bezüglich der Notwendigkeit einer Covid-19-Schutzimpfung Ihrer Kinder und jugendlichen Kinder, die älter als 12 Jahre sind, beraten.“ Nur so sei eine „kompetente Beratung und Begleitung gewährleistet“. Schließlich würden die Kinderärzte ihre Patienten am besten kennen.
Müssten dann nicht auch Hausärzte um Rat gefragt werden, bevor Erwachsene in einem Impfzentrum einen Termin vereinbaren? Die Ständige Impfkommission hat längst dazu geraten, auch Kinder zwischen 12 und 17 Jahren mit Vakzinen gegen Corona zu schützen. Zunächst hatte die Kommission sich zurückgehalten, weil eine verlässliche Datenbasis fehlte. Mittlerweile gibt es Ergebnisse aus den USA mit beinahe zehn Millionen Kindern und Jugendlichen. Nachzulesen ist dies auf der Internetseite des Robert-Koch-Institutes.
Lahmer hält den Hinweis auf der Internetseite des Cineplex-Impfzentrums für „eine geschmacklose Einladung“. Dort steht: „Impfung für jeden ab 12 Jahren!“ Lahmer stört sich daran, dass ein Urologe, ein Radiologe und eine Zahnärztin die Besucher betreuen. Impfzentrum-Leiter Thomas Wollensak (63) ist ein erfahrener Mediziner, er arbeitete lange Jahre als Chefarzt der Urologie am Krankenhaus Goslar und leitete zuletzt das Landkreis-Impfzentrum in Oker.
Jens Suckstorff, niedergelassener Arzt und Sprecher der Mediziner in der Region, sagt über die Bedenken Lahmers: „Zu jeder Impfung gehört eine Beratung.“ Auch in seiner Praxis und vom mobilen Team, das er koordiniert, würden „Jugendliche geimpft und aufgeklärt“. Hausärzte könnten das ebenso gut wie Kinderärzte. Auch im Impfzentrum werde das geleistet, zumal Dr. Thomas Wollensak bereits die Einrichtung des Landkreis-Impfzentrums geleitet habe. Auch die Impfschwestern bringen übrigens Erfahrung mit, Wollensak sagt: „Es ist eins zu eins das Team aus Oker.“
Mediziner Wollensak erklärt weiterhin: „Jedes Kind wird beraten.“ Wenn darüber hinaus Bedarf bestehen sollte, würde der Heranwachsende auch zum Kinderarzt geschickt. Tatsächlich ist das aber wohl kaum erforderlich, nur sehr wenige Jugendliche seien unter den Besuchern im Cineplex-Impfzentrum. Mittlerweile habe sich gezeigt, dass 90 bis 95 Prozent der Impfungen Auffrischungen seien. Einige Menschen, die kommen würden, seien noch gar nicht oder erst einmal geimpft. Nach Informationen von Wollensak sind im Landkreis Goslar übrigens die Hälfte der Kinder und Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren bereits geimpft.
Allgemeinmediziner Franz Thomas Lahmer ist vermutlich nicht davon überzeugt, wenn ihm entgegengehalten wird, dass auch im Cineplex-Impfzentrum erfahrene Mediziner tätig sind, die ihre Patienten beraten. Am Ende seines Schreibens betont er: „Der richtige Ort für eine Impfung von Kindern – nach jeweils sorgfältiger Abwägung von Risiko und Nutzen der Impfung – ist eine Kinderarztpraxis und kein anderer Ort!“ Er beendet sein Schreiben „im Namen der Unversehrtheit und Gesundheit unserer Kinder“.