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Bürgermeister René Philipp

Ein gebürtiger Aachener „führt“ die Bergstadt Lautenthal

Der Blick vom jüngst neu und aufwendig gestalteten Waldspielplatz sorgt auch bei Ortsbürgermeister René Philipp immer wieder für Gänsehaut. Foto: Neddermeier

Der Blick vom jüngst neu und aufwendig gestalteten Waldspielplatz sorgt auch bei Ortsbürgermeister René Philipp immer wieder für Gänsehaut. Foto: Neddermeier

René Philipp ist gebürtiger Rheinländer und führt ein mittelständisches Unternehmen in Braunschweig. Der 49-jährige hat sich aber vor fast 10 Jahren dazu entscheiden in der Bergstadt Lautenthal zu leben. Und seit April ist er sogar Ortsbürgermeister.

Samstag, 30.07.2022, 18:00 Uhr

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Lautenthal. Seit März diesen Jahres ist René Philipp Ortsbürgermeister der Bergstadt Lautenthal. Der 49-jährige gebürtige Aachener wohnt inmitten des Ortes mit Ehefrau Andrea, die den Nahkauf betreibt. Die Eheleute haben zwei Töchter, Paula (22) und Lena (14). Nach Stationen in Astfeld und Langelsheim lebt die Familie seit 2003 in der Bergstadt. Der leidenschaftliche Fußballfan ist Anhänger des Zweitligisten Eintracht Braunschweig und ist oft und gerne mit dem Mountainbike in und um Lautenthal unterwegs oder spielt Tennis. Holger Neddermeier sprach mit René Philipp über das Ehrenamt Ortsbürgermeister und die Ziele für seinen Ort.

Mit dem Tod von Hartmut ist ein Mensch von uns gegangen, der für Lautenthal sehr viel getan hat und sehr, sehr schwer zu ersetzen ist. Seit unserer letzten gemeinsamen Ortsratssitzung hatte sich sein Gesundheitszustand stetig verschlechtert. Als seine Frau Silke mich im Skiurlaub informierte, traf mich das wie ein Schlag. Mit Hartmut Arndt hat Lautenthal einen großartigen Menschen verloren.

Nein, ich musste nicht lange überlegen – ich freue mich auf die Aufgaben. Die Familie steht auch hinter dieser Entscheidung und unterstützt mich.

Ja. Das stimmt. Hartmut hatte mich gebeten, dass ich sein Nachfolger werde. Ich hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass es so schnell ist. Besprochen haben wir, dass er die Amtszeit zu Ende macht und ich dann eventuell seine Nachfolge antrete –sofern ich natürlich die notwendigen Wählerstimmen bekommen hätte. In den nächsten Jahren wollten wir die notwendigen Schritte dazu gemeinsam machen.

Bisher ist mir das ganz gut gelungen. Ich habe im Vorfeld mit meinen Ortsratskollegen besprochen, dass ich gewisse Aufgaben gerne auf mehrere Schultern verteilen möchte. Meine Ortsratskollegen unterstützen mich bisher sehr gut. Dafür bin ich auch sehr dankbar. Als Unternehmer kann ich meine Termine und die Arbeitszeit selbst festlegen. Beruflich bin ich zwar viel unterwegs. Aber Entwicklungen zum Home Office und so weiter bieten auch neue Möglichkeiten. Aufgrund der Entfernung zu meinem Unternehmen versuche ich Termine als Ortsbürgermeister, sofern möglich, entweder auf morgens oder spätnachmittags zu legen. Auch das funktioniert bisher gut.

Beeindruckend finde ich immer die Lage. Wenn man bei einer Wanderung mit Freunden von einem der Berge auf die Bergstadt schaut, bekomme ich heute immer noch Gänsehaut. Außerdem hat Lautenthal eine lange Tradition als Bergbaustadt. Zudem auch alles, was ein moderner Wohn- oder Ferienort braucht. Welcher Ort in unserer Größe kann schon behaupten, dass er einen Arzt, Zahnarzt, Frisör, Nahversorger, Freibad und auch ein Theater hat.

Wie bei vielen Menschen war die Liebe daran schuld. Ich bin seit über 30 Jahren mit meiner Frau Andrea zusammen. Als geborene Aßmann ist sie tief mit Lautenthal verwurzelt. Seitdem bin ich viel in Lautenthal und habe hier viele gute Freunde gefunden. Als Andrea in das Lebensmittelgeschäft ihrer Eltern eingestiegen ist, war klar, dass wir hier auch wohnen wollen. Seit 2003 wohne ich jetzt hier und habe das bisher nie bereut.

Grundsätzlich ist der Zusammenhalt sehr gut. Wenn es drauf ankommt, stehen die Lautenthaler zusammen. Viele Vereine arbeiten auch gut miteinander und unterstützen sich gegenseitig. Leider sind auch bei uns in Lautenthal Probleme vorhanden. Wenn ich zum Beispiel an unseren Bürgerbadverein denke. Hier müssten viel mehr Mitglieder ehrenamtlich tätig sein. Leider trifft man bei den Arbeitseinsätzen meist die Gleichen und leider viel zu wenige Helfer. Erfreulich ist, dass bei den letzten Jahreshauptversammlungen die Vorstandsposten alle besetzt werden konnten.

Traditionsbewusst. Heimatverbunden. Hilfsbereit. Freundlich. Mein Schwiegervater hat immer gesagt „im Herzen nicht betrogen“.

Meine ersten zwei Ortsratssitzungen habe ich hinter mir. Die Mittel für den Haushalt 2023 wurden vom Ortsrat angemeldet. Darüber hinaus habe ich an diversen Jahreshauptversammlungen und Veranstaltungen teilgenommen. Viele Sachen muss ich erst lernen oder nachfragen. Eine Anleitung für einen Ortsbürgermeister gibt es leider nicht. Ich freue mich und bin dankbar dafür, dass ich bisher vonseiten des Bürgermeisters Ingo Henze und von der Verwaltung sehr gut unterstützt worden bin. Auch von der CDU-Fraktion bekomme ich alle Hilfestellungen, die ich brauche.

Als Ortsbürgermeister ist man in erster Linie der Ansprechpartner für die Bürger und Bürgerinnen im Ort. Für Probleme und Anregungen muss man ein offenes Ohr haben. Dazu gehört auch Kritik. Als Ortsbürgermeister möchte ich möglichst viel für unsere Bergstadt erreichen. Die wichtigen Entscheidungen werden jedoch im Stadtrat beschlossen. Dort und in meiner Fraktion werde ich mich für die Belange der Bergstadt einsetzen.

Hartmut hat immer versucht, ruhig und parteiübergreifend einen Weg zu finden, um die Interessen von Lautenthal im Orts- und Stadtrat durchzusetzen. Das möchte ich auch so machen. Ich bin genau wie er der Meinung, dass man so am besten weiterkommt. Außerdem hat er mich davon überzeugt, dass die Tradition sehr wichtig ist. Ich möchte versuchen, die Traditionen in unserer Bergstadt weiter zu erhalten. Dazu fällt mir zum Beispiel das Bergdankfest ein, das pandemiebedingt in den letzten Jahren nicht stattgefunden hat. Gleichzeitig aber auch die jüngeren Bürger mitzunehmen, ist mir wichtig. Sozusagen eine Mischung aus Tradition und neuen Formaten.

Ich glaube, ich spreche im Namen von allen Ortsratsmitgliedern, dass es für Lautenthal unglaublich wichtig ist, wieder eine Versammlungsstätte zu haben. Aktuell gibt es keinen öffentlichen Raum, den Vereine oder der Ortsrat nutzen können. Ein „Bergstadthaus“ wird dringend benötigt. Außerdem müssen wir unbedingt die Möglichkeit bekommen, „neue“ Bürger in die Bergstadt zu bekommen. Wir brauchen dringend ein Neubaugebiet hier in Lautenthal. Nicht jeder kann und will eine Bestandsimmobile sanieren. In einem Ort, der so viel zu bieten hat, muss es eine Möglichkeit zum Neubau geben.

Aktuelle Informationen habe ich leider auch nicht. Es wäre ungemein wichtig, wenn wieder Gastronomie auf dem Markt wäre. Mit dem Harzer Schnitzelkönig haben wir in Lautenthal ein sehr gutes und überregional bekanntes Restaurant. Allerdings wünschen sich viele Lautenthaler und Feriengäste ein Angebot auf dem Markt. Seitdem Heidi Lachmund ihre „Grüne Tanne“ schließen musste, fehlt einfach etwas. Zurzeit gibt es wenige Möglichkeiten für Familienfeiern und Vereinsversammlungen in unserem Ort. Leider habe ich keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Öffnung. Ich hoffe aber für unsere Einwohner, für unsere Feriengäste und für unsere Vereine und natürlich auch für mich selbst, dass es weitergeht und wir mit einer baldigen Wiedereröffnung rechnen dürfen.

Wie bereits gesagt, bin ich dem Bürgermeister und der Verwaltung für die Unterstützung sehr dankbar. Die Zusammenarbeit ist sehr gut. Natürlich gibt es aber auch Dinge, die ich erwarte und wo die Verwaltung auch Kritik annehmen muss. Hier fällt mir zum Beispiel die Grünpflege ein. Ständig äußern die Bürger zu Recht Kritik. Aus dem Stadtrat kenne ich die Problematik und weiß auch, dass das Thema aufgrund von Firmen- und Arbeitskräftemangel nicht einfach zu lösen ist. Gleiches gilt für kleine Baumaßnahmen und Sanierungen. Eventuell muss die Verwaltung hier neue Wege gehen und Vorschläge annehmen.

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