Bis 2040: Der Landkreis Goslar schrumpft weiter

Passanten in der Innenstadt von Goslar: Auch die Kreisstadt verliert weiter Einwohner. Foto: Sowa
Einer Einwohnerprognose der Bertelsmann-Stiftung zufolge verliert der Landkreis Goslar bis 2040 4,6 Prozent seiner Enwohner. Damit setzt sich eine langjährige Entwicklung fort. Zwei Bürgermeister und der Landrat erklären, wie sie die Situation einschätzen.
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Goslar. Die Bevölkerung im Landkreis Goslar schrumpft weiter, das zeigen Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung, die in dieser Woche veröffentlicht wurden. Bis 2040 verliert die Region demnach 4,6 Prozent ihrer Bevölkerung. Die Einwohnerzahl verringert sich von rund 134.700 auf 128.400 Einwohner.
Damit hält ein lang anhaltender Trend an. Nach Zahlen des Statistischen Landesamtes lebten 2000 (Stichtag 30.September) noch 156.543 Einwohner im Kreis Goslar. In der Vergangenheit gab es viele Überlegungen, dem Abwärtstrend zu begegnen, etwa indem durch Fusionen wirtschaftlich stabilere und effektivere Kommunen entstehen. Ein weiteres Thema betrifft Ansiedlungen von Unternehmen und die Stärkung von Unternehmen durch eine aktive Wirtschaftsförderung, um Arbeitsplätze zu halten und durch Jobangebote den Zuzug zu verstärken. Zudem setzen Kommunen darauf, Baugebiete auszuweisen, um Wohnraum zu schaffen.
Braunschweig verliert
Mit Blick auf die aktuellen Daten zeigt sich, dass der Kreis Goslar nicht auffällig schlecht dasteht. Im Bereich der Region Braunschweig wachsen den Daten der Studie zufolge nur Salzgitter (9,1 Prozent) sowie die Landkreise Peine (2,6) und Gifhorn (0,4). Mit dem prognostizierten Einwohnerverlust von 4,6 Prozent bewegt sich der Landkreis Goslar in einem erwartbaren Rahmen: der Landkreis Göttingen verliert 4,5 Prozent, der Landkreis Wolfenbüttel 5,2 Prozent, der Landkreis Helmstedt 1,9 Prozent.
Eine Überraschung sind die Zahlen für zwei Großstädte: Braunschweig (minus 9,7 Prozent) und Wolfsburg (minus 3 Prozent) verlieren trotz ihrer vielfältigen Sogwirkung Einwohner.
In einem Punkt aber fällt der Landkreis aus dem Rahmen: Das Durchschnittsalter im Landkreis Goslar steigt der Prognose zufolge zwar nur leicht von 51,6 auf 51,7 Prozent, es bleibt aber der höchste Wert im Raum Braunschweig. Das niedrigste Durchschnittsalter weist derzeit Salzgitter mit 43 Jahren auf, es steigt der Bertelsmann-Studie zufolge bis 2040 auf 45,6 Jahre. Den zweithöchsten Altersdurchschnitt weist aktuell der Landkreis Wolfenbüttel mit 49,7 Jahren auf, bis 2040 soll der Wert stagnieren.
Der hohe Altersdurchschnitt gilt allgemein als Problem, weil dann zugleich die Geburtenrate niedrig ist. Verbunden mit einer hohen Sterberate wird dadurch der Bevölkerungsschwund im Landkreis Goslar bestimmt. Aus früheren Zahlen ist bekannt, dass etwa gleich viele Menschen dem Landkreis den Rücken kehren, wie Neubürger verzeichnet werden.
Gegen den eigenen Trend
Bad Harzburgs Bürgermeister Ralf Abrahms sagt, seine Stadt sei „seit Langem dabei“, sich gegen den Einwohnerschwund zu stemmen. Seine Kommune habe jahrelang „mehr Zuzug als Wegzug“ verzeichnet. Bad Harzburg setze auf Senioren und auf Menschen um die 30 Jahre. Zuletzt habe es aber Rückschläge gegeben. Gleichsam gegen den „Bad-Harzburg-Trend“ habe die Stadt im vorigen Jahr 264 Einwohner verloren und im ersten Quartal dieses Jahres 68. Die Ursachen seien in der Verunsicherung und wirtschaftlichen Lage nach den Corona-Jahren zu sehen und darin, dass in der Vergangenheit Altenheime geschlossen worden seien. So habe es weniger Zuzug und Einwohnerverluste gegeben. „Aber wir bleiben am Ball“, versichert Abrahms.
Auch Seesen wähnt sich auf einem guten Weg. „Entgegen dem Trend der vergangenen Jahre in vergleichbaren Kommunen ist es uns gelungen, die Einwohnerzahlen konstant bei rund 19.600 zu halten“, sagt Bürgermeister Erik Homann. Mindestens daran wolle die Stadt festhalten. Um das zu erreichen, solle Seesen als Wirtschaftsstandort durch Vermarktung neuer Gewerbegebiete gestärkt werden. Familienfreundliche Angebote und der Plan, Einrichtungen wie die Stadtbücherei zu modernisieren und in den Ortsteilen auch kleine Kitas zu erhalten, gehören zum Konzept. Bürgermeister Homann sagt, die vielen Initiativen sollten helfen, dass die Einwohnerzahlen „auch zukünftig stabil bleiben“.
Konstante Verluste
Landrat Dr. Alexander Saipa hält es für schwierig, die Daten der Bertelsmann-Stiftung einzuschätzen. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass „unterschiedliche Faktoren die Zahlen relativ schnell in beide Richtungen verändern“ könnten. Gezeigt hat sich aber wohl lediglich, dass sich der Schwund langsamer vollzog, als vielfach vorhergesagt. Saipa spricht etwa von „konstanten Einwohnerverlusten“.
Während aber Studien einen Verlust von 1500 Einwohnern vorhergesagt hätten, seien es mit 600 bis 700 weniger gewesen. So habe es durch Flüchtlinge Zuwachs gegeben. Investitionen in Schulen, Breitbandausbau, Wirtschaftsförderung mehr Homeoffice-Arbeitsplätze seien zudem geeignet, die Zahlen zu stabilisieren, erklärt Saipa.
Auch wenn die Bürgermeister und der Landrat mit Blick auf die jüngere Vergangenheit zuversichtlich sind, bei einem Langzeitvergleich zeigt sich nach den Zahlen des Statistischen Landesamtes ein eindeutiger Trend, er weist nach unten: Dies verdeutlicht ein Vergleich der Zahlen von 2000 mit denen aus dem Jahr 2023. Demnach hatte Goslar (seit 2014 mit Vienenburg) seinerzeit 55.992 Einwohner (im September 2023 noch 50.226). In Bad Harzburg lebten 2000 noch 23.140 Einwohner (September 2023: 21.552), Seesen 22.504 (19.193), Clausthal-Zellerfeld 19.113 (15.546), Langelsheim (seit 2021 mit Lutter) 18.227 (15.004), Liebenburg 9696 (7656), Braunlage 7871 (5527).