Beckerath-Orgel: Porträt einer Fünfzigjährigen

Die Neuwerk-Gemeinde feiert das 50-jährige Jubiläum ihrer Kirchenorgel. Am 23. April 1972 wurde das neue Instrument vom weltbekannten Organisten, dem erblindeten Professor Helmut Walcha, in einem Festgottesdienst eingeweiht. Die Orgel verfügt über 26 Register auf zwei Klaviaturen nebst Pedal . Seither tut sie ihren Dienst in Gottesdienst und Konzert. Foto: Zietz
Sie gehört zu den wertvollsten und schönsten Instrumenten der Landeskirche, schwärmte der Orgelsachverständige; und meint die Beckerath-Orgel der Kirchengemeinde Neuwerk. Das Instrument wird 50 Jahre alt - und von der Kirchengemeinde gefeiert.
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Goslar. Das vergangene Jahr hatte der Deutsche Musikrat zum „Jahr der Orgel“ ausgerufen, die GZ stellte in loser Folge Instrumente aus der Region vor. Nun hat die Kirchengemeinde Neuwerk den 50.Geburtstag ihrer wertvollen und herrlichen Orgel mit einem Festgottesdienst gefeiert – Gelegenheit für ein „PS“ zur GZ-Serie.
Gemeindekurator Stefan Roblick hatte im Gottesdienst in einem kurzweiligen und informativen Vortrag die Historie des Instruments beleuchtet. „Die Orgelempore ist erst 1952 mit den Elementen des alten Lettneraltares und der Lettnerkanzel gebaut worden. Vorher befand sich dort im Westwerk der eigentliche Hauptzugang zur Kirche.“
Dazu muss man wissen: Die Neuwerkgemeinde existiert erst seit 1964, das Gotteshaus selbst diente vorher als Kloster- und Stiftskirche. So war es naheliegend, dass der damalige Kirchenvorstand um Pastor Dieter Jungmann sich mit dem Bau einer Orgel befasste. „Am 5. September 1969 erteilte Pfarrer Jungmann der Orgelbauwerkstatt Rudolf von Beckerath in Hamburg zum Neubau einer Orgel“, berichtete Roblick weiter. Das Hamburger Unternehmen war 1949 von Rudolf von Beckerath begründet worden, es existiert heute noch und hat jüngst eine Orgelüberholung in Philadelphia (USA) und eine Erweiterung in Altenberge (NRW) abgeschlossen. 1972 hatten die Beckerath-Orgelbauer zeitgleich zum Neuwerker Instrument zwei größere Aufträge in Arbeit. Einmal die Neuerrichtung der Orgel in St. Andreas, Düsseldorf, und zum anderen den Neubau in der hannoverschen Lukaskirche.

Kirchenorgel in Neuwerk feiert 50-Jähriges, hier eine Innenansicht
Der erste KantorJedes neu erbaute Instrument muss durch den zuständigen Orgelsachverständigen auf Herz und Nieren geprüft und abgenommen werden. Der damalige Sachverständige Martin Seebass aus Wendessen, der auch den zeitgleichen Bau der Hahndorfer Orgel begleitet hatte, kam in seinem Bericht förmlich ins Schwelgen: „... die Orgel muss zu den wertvollsten und schönsten Instrumenten unserer Landeskirche gezählt werden.“ Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Als erster Kantor an der neuen Orgel arbeitete der aus Brieg gebürtige Musiklehrer am Christian-von- Dohm-Gymnasium und Organist Hans Berger. Er war Schüler des 1971 in Goslar verstorbenen Brieger Kirchenmusikdirektors und Komponisten Max Drischner und hat dessen musikalische Prioritäten an einige Schüler weitergegeben.

Klaus-Dieter Kern bereitet sich an der Orgel in der Neuwerkkirche auf sein 1000. Konzert vor.
Danach gestalteten wechselnde Organistinnen und Organisten die Gottesdienste an dem wunderschönen, klangreichen Instrument, bis Kirchenmusikdirektor Klaus Dieter Kern Anfang des neuen Jahrtausends den Dienst an der Beckerath-Orgel übernahm. Kern hat gemeinsam mit seiner Frau Ulrike mehr als hundert Konzerte in der Neuwerkkirche gestaltet, ebenso sind einige CD-Aufnahmen entstanden. Technisch ist die Orgel auf dem allerneusten Stand: Die 26 Register und der Zimbelstern, der auf den Herzenswunsch von Kern 2002 eingebaut wurde, werden seit 2017 digital angesteuert, die 1650 Pfeifen in der Länge von 4,88 Meter bis zu einigen Zentimetern werden in Anlehnung an die traditionelle Weise mit Drahtverbindungen zum Klingen gebracht.
Mit ihren 50 Jahren zählt die Beckerath-Orgel noch zu den Jungspunden – gute Instrumente sind für Jahrhunderte gedacht (beispielsweise die Treutmann-Orgel in Grauhof von 1737). So möge die Neuwerkorgel noch weitere Jahrhunderte und Generationen erleben.
Wer den Klang der Orgel erleben will, findet ein Video auf der Homepage der Goslarschen Zeitung.