Bad Harzburg: Kontroversen um künstliche Intelligenz

Astrid Thielecke vom niedersächsischen Philologenverband moderiert die Diskussionsveranstaltung um Professor Dr. Ralf Lankau (rechts) und Dr. Christoph Rabbow in der Aula des Werner-von-Siemens-Gymnasiums in Bad Harzburg. Foto: Eggers
Drei Stunden lang diskutierten der Medienwissenschaftler Professor Dr. Ralf Lankau und Dr. Christoph Rabbow vom Philologenverband mit 70 Besuchern in der Aula des Werner-von-Siemens-Gymnasiums über das Thema künstliche Intelligenz.
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Bad Harzburg. Angesichts des Applauses, den unter anderem die Kritiker Guido Stolle und SPD-Landtagsabgeordneter Christoph Willeke bekamen, hatten sich die 70 Besucher der Diskussionsveranstaltung zum Thema „Was bedeutet künstliche Intelligenz an Schulen?“ in der Aula des Werner-von-Siemens-Gymnasiums andere Schwerpunkte gewünscht, als die Referenten setzten. Vor allem Medienwissenschaftler Professor Dr. Ralf Lankau polarisierte immer wieder mit seinen Aussagen.
Honorarfrei dabei
Der Schulelternrat des Werner-von-Siemens-Gymnasiums hatte diese Veranstaltung am Freitagabend mithilfe des Philologenverbandes Niedersachsen aus der Taufe gehoben, der in der vergangenen Woche in Goslar tagte. Die Initiative dazu hatte Wolfgang Kuert ergriffen, der bis 2006 Schulelternratsvorsitzender war. Er freute sich, dass der Vorsitzende des niedersächsischen Philologenverbandes, Dr. Christoph Rabbow, bei nur 36Stunden Vorbereitungszeit als Referent für Professorin Dr. Susanne Lin-Klitzing eingesprungen war, die gesundheitsbedingt absagen musste.
Weiter hob Wolfgang Kuert hervor, dass die Referenten honorarfrei nach Bad Harzburg kamen. Er wertete dies als Anerkennung der Elternabende vor Ort. Das Interesse an der Diskussionsveranstaltung, die mit knapp drei Stunden fast doppelt so lang war, wie zunächst geplant, war groß. Unter den Besuchern waren viele Schulleiter und ehemalige Schulleiter, Lehrer, Schüler und Eltern.
Pädagogik wichtiger als digitale Konzepte
Ralf Lankau stellte dabei die These auf, dass die künstliche Intelligenz in Silicon Valley in den Vereinigten Staaten entwickelt worden sei, damit die Konzerne wie Apple, Meta, Google oder Microsoft mehr Geld verdienen. Der Medienwissenschaftler von der Hochschule Offenburg betonte dabei immer wieder, dass die Pädagogik deutlich wichtiger als digitale Konzepte sei.

70 Besucher wohnen in der Aula des Werner-von-Siemens-Gymnasiums der Diskussionsveranstaltung über die künstliche Intelligenz bei. Foto: Eggers
Ohnehin stellte Ralf Lankau seine Skepsis gegenüber der Nutzung digitaler Medien heraus. Er selbst habe nur ein Android-Smartphone, damit er mit der Bahn-App reisen könne. Weiter empfahl er den Schulen, nicht Apple-Tablets für den Unterricht zu wählen, sondern günstige Rechner für 75 Euro pro Stück, die für die Zwecke reichten. Mit Aussagen wie „Zentralistische Strukturen sind immer diktatorisch“ polarisierte er zudem.
Keine Bachelorarbeit
Christoph Rabbow ging da pragmatischer an die Sache ran. Auch er steht der künstlichen Intelligenz sichtlich skeptisch gegenüber, wie in seinem Vortrag, den er mit vielen Zitaten von Gottfried Wilhelm Leibniz spickte, deutlich wurde, aber er nannte Beispiele, in welchen Bereichen sie durchaus genutzt werden könne. Weil er auch Chemie unterrichte, machte Christoph Rabbow deutlich, dass selbst erfahrene Experimente im Unterricht deutlich spannender seien, als auf digitale Medien zu sehen.
In der Diskussion wurde klar, dass viele Besucher sich gewünscht hätten, Antworten darüber zu bekommen, wie künstliche Intelligenz in den Unterricht mit eingebunden werden kann, wie sie die Arbeit von Lehrern, beispielsweise bei Korrekturen von Klassenarbeiten, vereinfachen könne. Und wie weit sie ist, sei auch daran zu erkennen, erklärte ein Redner, dass es an der Fakultät für BWL an der Wirtschaftsuni in Prag in Zukunft keine Bachelorarbeiten mehr geben werde. Die Studenten würden anders geprüft, weil die Gefahr der Nutzung künstlicher Intelligenz zu hoch sei. Mittlerweile gebe es Tools aus diesem Bereich, die zunehmend gute Texte generieren könnten.
Für ihre Abschlussworte erhielt schließlich die gastgebende Schulleiterin Inga Rau den kräftigsten Applaus des Abends. Nahezu alle Besucher klatschten (inklusive Ralf Lankau), als sie die Frage „Brauchen wir überhaupt noch Lehrkräfte?“ eindeutig mit „Ja“ beantwortete. Sie unterstrich, dass ihre Lehrkräfte und sie „unersetzlich“ seien.
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