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Durchsuchungen in Niedersachsen

Automatensprengungen: Polizei findet 350 Tonnen Pyrotechnik

In einer Scheune in Hamminkeln konnten zahlreiche Feuerwerkskörper entdeckt und sichergestellt werden. Bild: Polizei Osnabrück

In einer Scheune in Hamminkeln konnten zahlreiche Feuerwerkskörper entdeckt und sichergestellt werden. Bild: Polizei Osnabrück

Die Polizei hat rund 350 Tonnen illegale hochexplosive Feuerwerkskörper bei Durchsuchungen in Deutschland und den Niederlanden beschlagnahmt. Wert: rund 25 Millionen Euro. Diese wurden vermutlich auch bei Sprengungen von Geldautomaten eingesetzt.

Donnerstag, 10.11.2022, 19:50 Uhr

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Bei Durchsuchungen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und den Niederlanden beschlagnahmte die Polizei insgesamt 350 Tonnen an illegaler Pyrotechnik. Der Marktwert der Feuerwerkskörper liegt bei rund 25 Millionen Euro. Die Ermittler konnten zudem noch erhebliche Mengen Bargeld sicherstellen. „Das ist ein außerordentlicher Schlag im Kampf gegen den illegalen Handel mit Feuerwerkskörpern und Pyrotechnik. Die langwierigen und internationalen Ermittlungen haben auch zu Festnahmen der mutmaßlichen Hintermänner geführt“, erklärte Laura Brinkmann, Sprecherin der Polizeidirektion Osnabrück. 

Pyrotechnik auch bei der Sprengung von Geldautomaten verwendet

Mit den internationalen Ermittlungen, die seit dem Jahr 2020  andauern, deckte die Polizei ein kriminelles niederländisches Netzwerk auf, das an einem groß angelegten Handel mit hochexplosiven Feuerwerkskörpern beteiligt war. Jetzt ist es der Kriminalinspektion Osnabrück, der niederländischen Polizei und Europol gelungen, dieses Netzwerk zu zerschlagen. Die Untersuchung habe aufgedeckt, wie schwere illegale Feuerwerkskörper von China über mehrere Länder, darunter Deutschland, in die Niederlande transportiert wurden, erklärten die Ermittler.

Das hochexplosive Material sei nach Erkenntnissen der Polizei auch von anderen kriminellen Netzwerken bei ihren Taten verwendet worden: „Beispielsweise bei Sprengungen von Geldautomaten.“

Die sogenannten Cobra 6-Böller sind hoch gefährlich. Die illegalen Böller haben eine enorme Sprengwirkung. Bild: Polizei Osnabrück

Die sogenannten Cobra 6-Böller sind hoch gefährlich. Die illegalen Böller haben eine enorme Sprengwirkung. Bild: Polizei Osnabrück

Die Polizei berichtet, dass drei Hauptverdächtige und acht weitere Verdächtige bereits am 17. Oktober in den Niederlanden festgenommen worden seien. Die Ermittler gehen davon aus, dass die acht Hintermänner in der Organisation für logistische Tätigkeiten wie Transportaufgaben oder den Kontakt zu potentiellen Abnehmern beschäftigt waren. Das Netzwerk habe insgesamt hochprofessionell agiert.

Gefährliche Lagerung

Die Polizei hatte bereits im Juni mehrere Orte in Deutschland (Ochtrup, Hamminkeln, Wietmarschen, Dülmen, Ahaus, Kranenburg und Kevelaer) sowie in den Niederlanden durchsucht. Dabei fanden die deutschen Beamten insgesamt sieben Bunker, Scheunen, Geschäftsräume und Container, in denen illegales Feuerwerk gelagert wurde. Die Polizei teilt mit, dass allein in Ochtrup rund 200 Tonnen Pyrotechnik sichergestellt wurden. Die Lagerstätten hatten sich gefährlich „in der Nähe von ahnungslosen Gemeinschaften befunden“ und nie die Sicherheitsanforderungen für die Lagerung von Sprengstoff erfüllt.

Versteckt hinter Strohballen wurden die illegalen Böller in einer Scheune gelagert. Bild: Polizei Osnabrück

Versteckt hinter Strohballen wurden die illegalen Böller in einer Scheune gelagert. Bild: Polizei Osnabrück

Die Ermittlungen zum kriminellen Netzwerk und den beschlagnahmten illegalen Feuerwerkskörpern dauern an.

Automatensprengungen auch in der Region

Im Jahr 2020 wurden nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) zufolge deutschlandweit 414 Geldautomaten gesprengt, ein Jahr später waren es 392. Dies seien die beiden höchsten Fallzahlen seit dem Beginn der statistischen Erfassung durch das BKA im Jahr 2005, hieß es in einer Erklärung. Die vorläufigen Zahlen für das erste Halbjahr 2022 ließen einen neuen Jahreshöchststand erwarten. Auch in der Region wurden in diesem Jahr schon einige Automaten gesprengt; unter anderem in Goslar, Peine, Salzgitter, Celle, Braunschweig. Laut dem niedersächsischen Justizministerium ist die Zahl der Automatensprengungen in Niedersachsen in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. 2021 wurden landesweit 55 Sprengungen gezählt, 2015 waren es noch 30. In diesem Jahr waren es mit Stand 1. November demnach bereits 53.

Da die Art der Ausführung sich bei vielen Überfällen ähnelt, gehen die Ermittler von organisierter Bandenkriminalität aus – die Spuren führen ins europäische Ausland. Wie das niedersächsische Justizministerium mitteilt, reisen die Täter in den meisten Fällen aus den Niederlanden ein.

Sprengung in Lebenstedt

Auch in Salzgitter-Lebenstedt ist in der Nacht zu Donnerstag wieder ein Geldautomat gesprengt worden. Dabei hatten die Täter vermutlich wieder einen selbst hergestellten Sprengsatz aus Festsprengstoffen verwendet. Die Automatensprenger konnten auch Bargeld erbeuten, die Höhe des Betrags sei aber noch nicht bekannt, teilt Jonas Haubenreißer, Pressesprecher der Zentralen Kriminalinspektion Braunschweig, der GZ mit. Anschließend seien die Täter in einem dunklen Audi geflüchtet.

„Durch die Wucht der Explosion wurde die Glasfront des Gebäudes nach außen gedrückt und komplett zerstört“, sagt Haubenreißer. Der entstandene Schaden beläuft sich nach seinen Angaben auf einen niedrigen sechsstelligen Betrag. Personen kamen keine zu Schaden. „Diesmal war die Sprengkraft wie bereits vor Kurzem in Vechelde nicht so enorm“, teilte Haubenreißer in einem Gespräch mit der GZ mit. Anhand der Durchführung lasse sich auf einen Zusammenhang mit anderen Automatensprengungen schließen, die vermutlich von niederländischen Banden verübt worden seien.

Justizministerium schafft neue Zentralstelle

Das Land Niedersachsen hat nun zur Bekämpfung der Automatensprengerbanden eine neue Zentralstelle eingerichtet. Die neue Ermittlereinheit bei der Staatsanwaltschaft Osnabrück ist dafür ab Dezember landesweit zuständig, wie das Justizministerium in Hannover am 2. November mitteilte. Die niedersächsische Grenze zu den Niederlanden verläuft demnach im Bezirk der Staatsanwaltschaft Osnabrück. Daher bestünden dort bereits gute Kontakte zu den Strafverfolgungsbehörden des Nachbarlandes. Justizministerin Barbara Havliza (CDU) sagte laut Mitteilung: „Die Sprengungen von Geldautomaten gehören zu den gemeingefährlichsten Taten unserer Zeit. Es grenzt an ein Wunder, dass die immer wuchtigeren Explosionen noch zu keinem Unglück geführt haben.“

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