Auftragskiller angeheuert: „Ihr quält ihn – ich kann zugucken“

Um zu vermeiden, dass ihr früherer Lebensgefährte ein Sorge- und Umgangsrecht mit dem gemeinsamen Kind bekommt, sollen eine Frau und ihre Mutter versucht haben, einen anderen Mann mit dem Mord an dem Lebensgefährten zu beauftragen. Foto: Moritz Frankenberg / dpa
Er besuchte die Fast-Food-Filiale in Wolfenbüttel regelmäßig und erhielt nach einiger Zeit ein außergewöhnliches Angebot. Laut Anklage soll die Filialleitung einen Mann als Auftragskiller angeheuert haben. Doch er ging zur Polizei und packte aus.
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Wolfenbüttel/Braunschweig. Als die Frau auf dem Mitschnitt der Polizei zu sprechen beginnt, sinkt die gefühlte Temperatur im Saal des Braunschweiger Landgerichts rapide. So heiter erteilt man einen Mordauftrag? „Ich dachte erst, ihr hättet ihn schon hier, quält ihn – und ich kann zugucken“, sagt die Stimme freudig glucksend. „Am liebsten hätte ich ihn leiden sehen.“ Und kurz darauf: „Können Sie ihn auch noch in den Kopf schießen, bitte?“
Es ist ihr früherer Lebensgefährte, über den die Angeklagte (41) da redete. Mit einem vermeintlichen Auftragskiller, an einem kalten Dezembermorgen, im Auto vor einem Kalkwerk am Ortsrand von Wolfenbüttel. Der Vater eines gemeinsamen Kindes, mit dem sie um das Sorgerecht stritt. Dass die Polizei mithörte, weil der „Killer“ – tatsächlich ein syrischer Kleinunternehmer – sich an die Polizei gewendet hatte, ahnte sie nicht.
Während sie ihre eigene Stimme vom Band hört, schaut die Frau auf der Anklagebank gen Boden, ihre langen schwarzen Haaren verdecken das Gesicht. Gelegentlich tupft sie Tränen weg.
Auf die Nachfrage des Mannes, wohin die Auftragskiller genau schießen sollen, ergänzte die Deutsch-Iranerin: „Ich möchte Herz, weil das so dreckig ist.“ Und „Mund ist auch gut, er hat eine große Schnauze.“ Auf dem Mitschnitt ist zu hören, wie sie ganz sicher gehen will, dass er spätestens am nächsten Tag tot ist. „Er muss sterben, weil er ein Arschloch ist.“ Sobald wie möglich. Wie, ist am Ende egal. Es ist kalter Hass, der da aus ihr sprach.
Versuchte Anstiftung
Den Mann, mit dem sie redete, hätten sie und ihre Mutter (69) als Mörder gekauft, glaubt die Staatsanwaltschaft. Versuchte Anstiftung zum Mord ist der Vorwurf gegen die Frauen. Zum Schein sei der „Killer“ auf das Angebot eingegangen. Rasch nachdem sie ihn bezahlten, habe er die Polizei informiert, die den Mann verkabelte, ihn ein Gespräch mit der Tochter anberaumen ließ und das Treffen mitschnitt. Kurz darauf stoppte ein Mobiles Einsatzkommando die 41-Jährige. Die Handschellen klickten – seitdem sitzt sie wie ihre Mutter in Untersuchungshaft.
Es ist eine irrwitzige Geschichte, die der 33 Jahre alte vermeintliche Killer am Mittwoch als Zeuge erzählt. Als er Ende November morgens um sechs bei der Polizei in Wolfenbüttel auftauchte, ließen ihn die Beamten erstmal pusten. Nachdem er 5000 Euro auf den Tisch legte, schmolzen die Zweifel dahin.
Die Geschichte geht so: Der unbescholtene Syrer wird von der 69-Jährigen angesprochen, die er aus der Ferne als Bedienung eines Fast-Food-Restaurants kennt. Beim ersten Treffen mit der Frau und ihrer Tochter in seiner Wohnung hätten die beiden ihm eröffnet, dass die Tochter Probleme mit ihrem früheren Partner hat. Man wolle ihn tot sehen.
Kurz darauf habe die Tochter ihm 10.000 Euro gegeben, weitere 7000 folgten. Wie die Frauen auf ihn kamen? Er weiß es nicht. Der Syrer lebt seit sieben Jahren in Deutschland. Eine 84-Jährige Frau hat sich seiner angenommen, für sie schneidet er Büsche, fährt sie zum Tierheim. „Er ist fleißig, hat hier Freunde“, sagt seine „Ersatzmutter“ vor Gericht. Sein Geld verdient der Mann mit Dienstleistungen als Hausmeister und Handwerker.
Die Verteidiger zweifeln am Motiv des Zeugen: Warum sollte er sich auf das Angebot eingelassen haben? Warum ging er erst zur Polizei, nachdem er die gesamte Summe erhalten hatte? Und versuchte er, den Ermittlern zunächst weiszumachen, er habe nur noch 5000 Euro von dem „Mordlohn“ – und den Rest für Schulden ausgegeben?
Viele Antworten gab der Zeuge am Mittwoch selbst. Er habe zunächst gehofft, das Problem zwischen der Tochter und ihrem Ex auf friedliche Weise zu lösen. „Mann und Frau streiten manchmal.“ Als er gemerkt habe, dass es keine gute Lösung gibt, habe er die Behörden eingeschaltet. „Ich sorgte mich, dass sie jemand anderen kaufen“ – der den Mord wirklich ausführt. Es ging ja um ein Menschenleben.
Den Beamten der Wache in Wolfenbüttel sagte der Syrer noch, „dass es ein Unding ist, wegen so etwas jemanden umbringen zu lassen“, schildert eine Polizistin.
An seiner Rolle als Undercover-Ermittler scheint er aber durchaus Spaß gefunden zu haben. „Äußerst hilfsbereit“ sei er gewesen, sagt ein Fahnder. Man habe den 33-Jährigen „zu nichts überreden müssen“.
Die Verteidiger unterstellen, dass der Zeuge die Frauen manipuliert habe, dass er selbst die Idee eines Mordes aufbrachte. „Nein“, sagt der Syrer deutlich. Schon beim ersten Treffen habe die Tochter von Mord gesprochen und ihm ein Foto des Opfers sowie dessen Schichtplan übergeben.
Auch die Tochter als Hauptangeklagte erzählt am Mittwoch ihre Version der Geschichte. Sie sei Opfer eines Betrugs geworden, dem Syrer „ging es nur ums Geld“, hieß es in einer Erklärung, die die 41 Jahre alte Frau ihren Anwalt am Mittwochmorgen verlesen ließ. „Meine Mandantin ist eine gequälte, unterdrückte Frau.“ Sie sei von dem durchtriebenen Zeugen provoziert und manipuliert worden.
Schutzbehauptung?
Eine krude Schutzbehauptung, glaubt der Erste Staatsanwalt Christian Wolters nach Abspielen des Mitschnittes. Um glimpflich aus der Sache herauszukommen, bräuchte es ein Geständnis, appellierte er an die Angeklagten. Auch das Gericht legt den Frauen nahe, bis zum nächsten Sitzungstag noch einmal in sich zu gehen.
Die Mutter schweigt nach wie vor. Stellte sie nur den Kontakt zum Killer in spe her? Der Mitschnitt vermittelt einen anderen Eindruck. „Ich bleibe stabil“, sagt da die Tochter für den Fall, dass die Polizei nach dem Tod ihres Ex bei ihr anrückt. „Und meine Mutter auch.“ Der Prozess wird fortgesetzt. Das Urteil könnte kommende Woche fallen.
Er muss sterben, weil er ein Arschloch ist. Egal wie, Hauptsache tot. Von Erik Westermann, Funke Medien Gruppe