Der Wikinger im Weißen Haus

Ein Flugzeug mit Donald Trump Jr. an Bord landet in Nuuk. Foto: picture alliance/dpa/Ritzau Scanpix Foto/AP
Steigende Preise, Winterchaos und Trumps Expansionspläne: GZ-Chefredakteur Jörg Kleine analysiert in seiner Kolumne „Nachgedacht“ aktuelle Ereignisse und zieht historische Parallelen.
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Wissen Sie, was die Butter kostet? Die Inflation hat den Verbrauchern ja ausgerechnet hier saftig was aufs Brot geschmiert. Innerhalb eines Jahres kletterte der Preis um rund 40 Prozent, während andere Artikel in unseren Warenkörben kaum teurer wurden, manche sogar günstiger. Knackiger als bei der Butter scheint mir die Inflation nur noch bei Ritter Sport, denn die quadratisch portionierte Schokolade kostet in meinem Goslarer Lieblingssupermarkt mittlerweile fast doppelt so viel wie noch vor einem Jahr. Und ich meine hier keineswegs eine Dubai-Version.
Geradezu inflationär sind dieser Tage auch Superlative für den Winter. Zugegeben, im Harz kam in den vergangenen Tagen ordentlich was vom Himmel. Aber es ist ja auch Winter, und mancher Zeitgenosse aus den geburtenstarken Jahrgängen kann sich noch an Winter erinnern, in denen der Schnee meterhoch rechts und links in der Hauseinfahrt geschippt werden musste. Heute rieselt es leise vom Himmel, schon hüpfen die Wetterfrösche im Fernsehen von einer bedrohlichen „Schneewalze“ zur nächsten. „Schneewalzer“ müsste das eher heißen, und den sollten alle tanzen, die touristisch oder gewerblich etwas mit Winter zu tun haben – oder einfach mal wieder Schneemänner bauen und Schlitten fahren möchten.
Wer noch mal richtig eisige Zeiten wie früher erleben will, der muss schon eher nach Grönland aufbrechen. Wie ehedem der abenteuerlustige Norweger Erik der Rote, der schon vor über 1000 Jahren das nordamerikanische Festland erreicht haben soll. Dazwischen stoppte er auf einer bergigen Eiswüste, die er bei seinen Wikinger-Landsleuten auf Island als „Grünland“ pries, um ihnen die Ansiedlung dort schmackhaft zu machen.
Derlei Landnahme wird heute anders inszeniert: Der alte neue US-Präsident Donald Trump schickt seinen Sohn schon mal mit dem Flugzeug vor, um dann vor aller Welt im Fernsehen zu verkünden, sich Grönland einverleiben zu wollen – notfalls mit Gewalt. „Es zittern die morschen Knochen“, ließe sich in Anlehnung an den verblendeten Nazi-Dichter Hans Baumann anfügen: „Heute gehört uns Amerika und morgen die ganze Welt.“ Denn bei all dem Wahnsinn, den Autokraten derzeit vom Zaun brechen, werden tatsächlich böse Erinnerungen an die 1930er und 1940er Jahre wach.
Offenbar möchte Trump in seiner Hassliebe zu Wladimir Putin nicht hintanstehen und seinerseits eine geopolitische Expansionspolitik einläuten. Mit „wirtschaftlicher Gewalt“ will Trump das Nachbarland Kanada als 51. US-Staat einverleiben und mit weiteren Drohungen auch den Panamakanal wieder unter US-Kontrolle bringen.
Kanada unter Regie von Washington? Unwahrscheinlicher als ein Schneeball in der Hölle, konterte zwar der scheidende kanadische Regierungschef Justin Trudeau. Doch Trump will dem Handelspartner Kanada mit hohen Einfuhrzöllen tatsächlich die Hölle heißmachen.
So darf die Welt gespannt sein, welcher Autokrat die nächsten Schritte geht. China untermauert seine Ansprüche auf Taiwan, Putin blickt auf weitere Ex-Sowjetrepubliken – und vielleicht verhandelt Zar Wladimir mit Trump dereinst noch, um Alaska für Russland zurückzuholen.
„Manchmal glaube ich, das ist hier gar nicht mehr die Realität, sondern ein Paralleluniversum“, sagte vorgestern mein Sohn kopfschüttelnd zu mir. Angesichts der Pläne des Trump-Beraters Elon Musk, alsbald den Mars zu besiedeln, liegt mein Sohn damit vielleicht gar nicht so falsch.
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