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Teiche und Stauseen im Harz (10)

Vienenburger See: Industriebrache wird Kleinod mit Erholungsfaktor

Der Vienenburger See ist zu jeder Jahreszeit eine Umrundung wert. Im herbstlichen Laub mit pittoreskem Vordergrund steht er einer Ansichtskarte aus Kanada in nichts nach. Die Stadt Vienenburg hat in den 70er Jahren bei der Umwandlung des Kiesteiches zum Naherholungsgebiet ganze Arbeit geleistet.  Foto: Neumann

Der Vienenburger See ist zu jeder Jahreszeit eine Umrundung wert. Im herbstlichen Laub mit pittoreskem Vordergrund steht er einer Ansichtskarte aus Kanada in nichts nach. Die Stadt Vienenburg hat in den 70er Jahren bei der Umwandlung des Kiesteiches zum Naherholungsgebiet ganze Arbeit geleistet. Foto: Neumann

Vienenburg. Zu Vienenburg gehört der Vienenburger See wie das Tüpfelchen auf dem „I“. Doch während nachwachsende Generationen den Eindruck haben, dass es den See schon immer gab, wissen erfahrene Vienenburger, dass dem nicht so ist. Tatsächlich ist das herrliche Areal relativ jung – erst in den 70er Jahren wurde aus einer Industriebrache, einem großen Kiesteich, das Kleinod mit Spaß- und Erholungsfaktor, mit dem sich die Vienenburger heute identifizieren.

Mittwoch, 19.08.2020, 17:35 Uhr

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Wer hätte das herrliche Areal nicht gerne vor seiner Haustür? Manch ein Vienenburger umrundet ihn einmal am Tag, etwa 2,5 Kilometer beträgt die Strecke. Die schöne Runde zieht Jogger und Spaziergänger an, der recht ebene Weg ist auch für Rollstuhlfahrer und Kinderwagenschieber zu meistern. Das einzige Manko, dass im See nicht gebadet werden darf – eine Kreisverordnung aus dem Jahr 1985 legt das unmissverständlich fest – machen viele andere Freizeitaktivitäten wieder wett: Zahlreiche Vienenburger lernten darauf segeln, Modellbauer lassen ihre Boote übers Wasser flitzen, Angler fangen hier ganz schön dicke Fische; das Nutzungsrecht hat hier der Verein Nordharzer Sportfischer.

Eigentlich sind Rosen die Stars im Rosarium am See: Aber hin und wieder bekommen auch andere Blumen– hier die Margeriten – ihren großen Auftritt am Steg.  Foto: Sowa

Eigentlich sind Rosen die Stars im Rosarium am See: Aber hin und wieder bekommen auch andere Blumen– hier die Margeriten – ihren großen Auftritt am Steg. Foto: Sowa

Am „Rosarium“ blühen nicht nur Rosen, dort wächst und gedeiht neben einer mit Herzblut geführten Gastronomie auch der Bootsverleih. Wer es ein bisschen kitschig mag, leiht einen der Schwäne aus und beeindruckt den eigenen Nachwuchs; auch etwas weniger auffällige Tretboote werden hier gerne für eine halbe Stunde oder länger gemietet. Kinder können sich außerdem am Westufer auf einem Abenteuerspielplatz austoben – die Stadt Goslar stellte vor drei Jahren 50.000 Euro dafür in den Haushalt ein, nachdem die Hoffnung geplatzt war, Gewinner eines mit 150.000 Euro dotierten Wettbewerbs zu werden. Die Antwort auf die Frage, wie viel Euro heute im Jahr in die Pflege des gar nicht so kleinen Kleinods investiert werden, blieb die Stadt gestern zwar noch schuldig, gut investiert ist es allemal. Mit dem jährlichen Seefest verfügt Vienenburg über einen Besuchermagneten in der Region, der in früheren Zeiten gut und gerne 20.000 Besucher angelockt hat. 40 Feste sind bereits gefeiert worden; nur zum Tag der Niedersachsen und im Corona-Jahr fielen sie aus.

Einer, der den See besser kennt als viele andere, von innen, außen, oben und manchmal auch von unten, ist Gerd Schellbach, Vorsitzender des Seglervereins Vienenburg. Wer dieses Hobby engagiert betreibt, der ist nun mal mit allen Wassern gewaschen. Am 21. April 1975 wurde der Verein gegründet, seit Mai 1977 wird auf dem See gesegelt. Mit abnehmender Tendenz. Durch Corona ist die Saison buchstäblich ins Wasser gefallen, nur zwei Boote liegen am Steg. Das Sportheim durfte zunächst nicht öffnen; Schellbach hofft auf 2021.

Ein weiterer guter Kenner des Sees ist Hans-Joachim Bienert, von der Stadtverwaltung Vienenburg zur Goslarer Verwaltung gewechselt und dort Leiter des Fachbereiches Recht, privat unter anderem Vorsitzender des Heimatmuseumsvereins Vienenburg. Mit der Adresse „Blumenstraße“ wohnt er in Seenähe – seit Kindesbeinen an. „Ich kann mich noch gut erinnern, dass zu Zeiten der Kiesgewinnung ein Schwimmbagger auf dem Wasser unaufhörlich mit der Kiesgewinnung beschäftigt war“, berichtet er.

„In ganz Vienenburg war das auch in der Nacht gut zu hören. Das könnte man sich heute gar nicht mehr vorstellen, aber damals hatte es niemanden gestört“, erinnert er sich. Damals, da war die Oker noch wild; Jugendliche kletterten über Zäune und fanden an den steilen Ufern des Baggersees einen natürlichen, nicht ganz ungefährlichen Abenteuerspielplatz. Heute ist der See „der schönste Punkt in Vienenburg“, ist Bienert überzeugt. Das Badeverbot, wohl wegen gefährlicher Strömungen ausgesprochen, stört ihn nicht – schließlich liege das Freibad gleich nebendran.

An das Badeverbot mögen sich viele halten – manche geben in warmen Sommern wie diesem dem nicht ungefährlichen Drang nach Erfrischung nach.  Foto: Epping

An das Badeverbot mögen sich viele halten – manche geben in warmen Sommern wie diesem dem nicht ungefährlichen Drang nach Erfrischung nach. Foto: Epping

Schon immer wurden große Fische im See geangelt, erinnert sich Bienert. Kürzlich berichtete die GZ über einen beachtlichen Wels. In den 80er Jahren soll dort gar der größte Hecht Europas geangelt worden sein. Seemannsgarn am Nordharzrand?

Berichte von Anglerglück gab es immer wieder; 1999 wurde ein 42 Pfund schwerer, 1,32 Meter langer Hecht geangelt, 2003 zog ein 15-Jähriger einen 1,22 langen, 28 Pfund schweren Hecht aus dem See.

Früher war alles besser? Gerade für den Vienenburger See gilt das nicht. Er wurde zu einem kostbaren Areal entwickelt, das heute gerne, oft und von vielen Menschen genutzt wird. Gemeinschaftliche Aktivitäten haben dagegen nachgelassen; zum Teil fehlt der Nachwuchs. Was nicht traurig stimmen muss: So, wie es gelang, das beliebte Schlauchbootrennen neu zu beleben, könnte auch der Triathlon wieder auferstehen oder eine ganz neue Idee Gestalt annehmen. Wenn der See eines hat, dann ist es Potenzial.

Ein schöner Anblick, der selten geworden ist: Segler auf dem See.  GZ-Archiv: Hohaus

Ein schöner Anblick, der selten geworden ist: Segler auf dem See. GZ-Archiv: Hohaus

Eine Rose, drei Farben: Im Juni und Juli ist das Rosarium eine Pracht.  Foto: Kempfer

Eine Rose, drei Farben: Im Juni und Juli ist das Rosarium eine Pracht. Foto: Kempfer

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