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Haushaltsstreit

USA vor „Shutdown“: Diese Konsequenzen drohen

Kommt es tatsächlich zum „Shutdown“ in den USA? (Archivfoto)

Kommt es tatsächlich zum „Shutdown“ in den USA? (Archivfoto) Foto: J. Scott Applewhite/AP/dpa

Regelmäßig kommt es in den USA bei der Verabschiedung des neuen Haushaltes zu politischem Gezerre. Was in der Vergangenheit oftmals eher nach Theater aussah, könnte nun tatsächlich eskalieren.

Von dpa Dienstag, 30.09.2025, 08:00 Uhr

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Washington. Regelmäßig streiten Demokraten und Republikaner in den USA bis zur letzten Minute über den Haushalt. Aber selten war ein „Shutdown“ - also ein Stillstand der Regierungsgeschäfte - so wahrscheinlich wie dieses Mal. Die Positionen der beiden großen Parteien sind zu weit voneinander entfernt, weswegen politische Beobachter nicht damit rechnen, dass der Etat für die kommenden zwölf Monate rechtzeitig verabschiedet wird. 

Welche Folgen hätte ein „Shutdown“? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Worum genau geht es?

Jedes Jahr im September streiten Republikaner und Demokraten im US-Parlament um den Bundeshaushalt für das neue Fiskaljahr ab dem 1. Oktober. Können sie sich nicht auf einen Etat einigen, fehlt der Regierung die Grundlage für die weitere Finanzierung - ein „Shutdown“ droht. Damit dieser nicht eintritt, müsste zumindest ein Übergangshaushalt beschlossen werden.

Zuletzt scheiterte ein Entwurf für eine Überbrückungsfinanzierung am US-Senat: Dort müssen mindestens 60 der insgesamt 100 Senatoren einem Gesetzesentwurf zustimmen. Die Republikaner haben zwar mit 53 Sitzen eine Mehrheit - damit ein Vorhaben aber tatsächlich durchgewunken wird, sind sie also auf die Unterstützung von mindestens sieben Demokraten angewiesen. 

Diese sind sich ihrer Position bewusst und versuchen daher, der Partei von US-Präsident Donald Trump im Gegenzug für ihre Stimmen Zugeständnisse abzuluchsen. Das Parlament einigt sich oft erst im allerletzten Moment auf einen Etat. In der Vergangenheit hangelte sich der Kongress vielfach von einem Übergangshaushalt zum nächsten.

Was passiert bei einem „Shutdown“?

Wird kein Haushalt oder zumindest ein Übergangsetat verabschiedet, stehen der Regierung zunächst keine Mittel mehr für eine weitere Finanzierung zur Verfügung. Es steht ein Auszahlungsstopp bei den Bundesausgaben in der US-Verwaltung und der Weiterbetrieb vieler Behörden und Ämter auf dem Spiel.

Institutionen in den Vereinigten Staaten, die nicht als essenziell für die Sicherheit und Grundversorgung erachtet werden, müssten dann schließen oder ihre Angestellten in Zwangsurlaub schicken. Regierungsmitarbeiter bekämen kein Gehalt mehr. Wie viele Amerikaner leben etliche von ihnen von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck, haben keine großen Rücklagen. Ob sie nachträglich bezahlt werden, hängt vom jeweiligen Arbeitsvertrag ab. So ist etwa Subunternehmern keine Rückzahlung garantiert. 

Jüngst hatte das Haushaltsamt (OMB) laut US-Medien mehrere Bundesbehörden angewiesen, im Falle eines „Shutdowns“ dauerhafte Entlassungen ins Auge zu fassen. Das knüpft an die Linie der Trump-Regierung an: Schon in den ersten Monaten seiner Amtszeit waren im Zuge umfassender Kürzungen zahlreiche Beamte aus dem Dienst entlassen worden.

Mitarbeiter und Einsatzkräfte in wichtigen Bereichen wie dem Militär, Notfalldienste, die Grenzsicherung oder die Luftsicherung arbeiten während eines „Shutdowns“ dagegen zunächst unbezahlt weiter - das Gehalt wird in der Regel nachträglich gezahlt. Kongressmitglieder - und auch der US-Präsident - bekommen weiterhin ihr reguläres Gehalt. 

Der bislang längste „Shutdown“ in der Geschichte der USA ereignete sich während Trumps erster Amtszeit. Über den Jahreswechsel 2018/2019 kam der Regierungsbetrieb mehr als fünf Wochen lang weitgehend zum Erliegen.

Was bedeutet ein „Shutdown“ für die US-Bevölkerung?

Für die US-Bevölkerung kann ein Stillstand der Regierungsgeschäfte bedeuten, dass Anträge langsamer bearbeitet werden, Menschen auf Steuerbescheide länger warten müssen und Nationalparks schließen. Touristen - auch aus dem Ausland - könnten ebenfalls betroffen sein: In einem Brief an die Parteispitzen im Kongress warnte der US-Reiseverband vor Flugverspätungen und -annullierungen. Die Kosten dieses „völlig vermeidbaren Schlages“ bezifferte er auf eine Milliarde US-Dollar pro Woche.

Auch an den Finanzmärkten kann ein „Shutdown“ Unruhe stiften. Berenberg-Ökonom Atakan Bakiskan geht davon aus, dass das Weiße Haus eine für Arbeitsmarktstatistiken zuständige Behörde als nicht systemrelevant einstuft und diese ihre Tätigkeiten ab Mittwoch niederlegen müsste. Die Beschäftigungszahlen und Verbraucherpreise könnten dann nicht pünktlich veröffentlicht werden und damit auch die Entscheidung der US-Notenbank beeinflussen. Die Federal Reserve (Fed) überprüft auf Basis der Daten den Leitzins und entscheidet über eine weitere mögliche Zinssenkung.

Was ist der aktuelle Stand?

Der Bundesetat in den USA umfasst für gewöhnlich zwölf Haushaltsgesetze. Nach Angaben eines überparteilichen Komitees für den Bundesetat ist bislang kein einziges davon verabschiedet worden. Der US-Kongress steht nun vor der Aufgabe, zumindest genug Stimmen für einen Übergangshaushalt zu finden, um den Regierungsapparat am Laufen zu halten.

Zuletzt passierte zwar ein Entwurf der Republikaner für einen temporären Etat das Repräsentantenhaus, damit wäre die Finanzierung bis einschließlich 20. November sichergestellt gewesen. Doch der Senat stellte sich quer.

Ein Treffen zwischen Trump am Montag mit den Parteispitzen aus beiden Kongresskammern ergab keinen Durchbruch. Der Minderheitsführer der Demokraten im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, sagte im Anschluss, dass auch nach dem Gespräch „signifikante und bedeutsame“ Unterschiede blieben. Mike Johnson, Mehrheitsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, verwies aus diesem Grund auf einen Übergangsetat, der beiden Parteien mehr Zeit verschaffen würde. Die Demokraten wollen die Frist nutzen, um den Druck auf die Republikaner zu erhöhen und damit ihre Forderungen durchzusetzen.

Was ist ein zentraler Streitpunkt?

Das Augenmerk der Demokraten liegt vor allem auf dem Gesundheitsbereich, in dem sie etwa die Rücknahme der jüngsten Kürzungen beim Vorsorgeprogramm für einkommensschwache Menschen (Medicaid) verlangen.

Diese waren Teil von Trumps großem Steuergesetz - und genau das dürfte den US-Präsidenten ärgern, wenn er nur wenige Monate nach der Verabschiedung bereits erste Punkte wieder verwerfen müsste. Er unterstellt den Demokraten, Millionen für die Gesundheitsversorgung für Migranten, die sich illegal im Land aufhielten, ausgeben zu wollen und bezeichnete die Forderungen als „lächerlich“.

Als eine von etlichen Demokraten verurteilte Senatorin Patty Murray diese Darstellung. Migranten ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung hätten nach geltendem Recht gar keinen Anspruch auf solche Leistungen und sollten sie nach den Plänen der Demokraten auch nicht bekommen, zitierte sie die „New York Times“. 

Wäre ein „Shutdown“ auch in Deutschland möglich?

Wenn in Deutschland zu Beginn eines Haushaltsjahres noch kein Bundeshaushalt steht, kommt die sogenannte vorläufige Haushaltsführung ins Spiel. Sie ist im Grundgesetz festgelegt und soll gewährleisten, dass die Bundesregierung handlungsfähig bleibt. „Sämtliche festgelegte Leistungen, wie beispielsweise die Rente, das Kindergeld oder Bafög, werden weiterhin ausgezahlt“, heißt es von der Bundesregierung. Auch bereits zugesagte Finanzierungen wie die Militärhilfe an die Ukraine seien dadurch gesichert. Neue Ausgaben wären indes nur beschränkt möglich - wenn sie „sachlich und zeitlich unabweisbar sind“.

Die vorläufige Haushaltsführung greift etwa nach Bundestagswahlen, wenn sich eine Regierung erst neu bilden muss und daher die Verabschiedung des neuen Haushaltes ins kommende Jahr verschoben wird.

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