Nach Glocken-Diebstahl: Gemeinde „geschockt und fassungslos“
Pastorin Angela Walther trauert um die Glocke. Foto: Jörn Hüneke/dpa
Diebe haben eine Kirchenglocke gestohlen. Was der Verlust mit den Menschen im Stadtteil macht - und wie ein Anwohner versucht, die klaffende Lücke zu füllen.
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Bremen. Auch Tage nach dem Diebstahl trauern Bremerinnen und Bremer weiter um die geklaute Kirchenglocke. „Wir sind ziemlich geschockt und fassungslos“, sagt Pastorin Angela Walther von der Evangelischen Kirchengemeinde in der Neuen Vahr. Unbekannte haben die 300 Kilogramm schwere Glocke in der Nacht auf Dienstag gestohlen, von dem Diebesgut fehlt bisher jede Spur.
Hoher emotionaler Verlust - „Kinder trauern“
Die Polizei schätzt den Wert der Glocke auf rund 10.000 Euro. Für die Menschen im sozial benachteiligten Bremer Stadtteil Vahr geht es jedoch um viel mehr. „Das ist einfach bitter und ein großer Verlust“, meint Walther. Viele fühlten sich mit der Glocke verbunden, die nach dem Abriss des baufälligen Kirchturms zentral auf einem Platz zwischen Kirche, einer Kita und einem Sozialkaufhaus hing. Wer wollte, konnte die Glocke im Vorbeigehen zum Klingen bringen.

Die Glocke hing an einem zentralen Treffpunkt. Foto: Jörn Hüneke/dpa
„Die Kinder trauern, aber auch die Alten, die früher die Glocke haben läuten hören“, sagt die Pastorin. Ein kleiner Junge aus einer muslimischen Familie sei in Tränen ausgebrochen, als er von dem Diebstahl erfahren habe. „Er ist hier früher in die Kita gegangen und hat jeden Morgen die Glocke berührt.“ Die Glocke fehle auch Menschen, die sonst keine Berührungspunkte mit der Kirche haben. „Darum ist es sehr schmerzhaft, dass sie nicht mehr da ist.“
Unbekannte hatten schon vor zwei Wochen die Halterung der Glocke entfernt. Ein Mitarbeiter der Kirchengemeinde wurde darauf aufmerksam und die Diebe ergriffen die Flucht. Die Gemeinde sicherte die Glocke mit einer Eisenkette und einem Schloss - doch ohne Erfolg. In der Nacht zu Dienstag kamen die Räuber zurück und transportierten die Glocke ab. „Wir haben es gar nicht mitbekommen“, sagt Walther. „Am nächsten Morgen war die Glocke weg.“
Kirchengemeinde gibt Hoffnung nicht auf
Die Kirchengemeinde hofft, dass jemand die Diebe beobachtet hat und der Polizei einen Hinweis geben kann. „Die Hoffnung ist noch nicht ganz verloren, dass wir sie vielleicht heil wiederbekommen“, meint die Pastorin. Die Gemeinde stehe auch schon im Gespräch mit einem Architekten, wie die entstandene Lücke ansonsten geschlossen werden kann. „Denn wir sind uns einig: So kann es nicht bleiben.“
Bis die Kirche eine Lösung gefunden hat, wird es wohl noch eine Weile dauern. Ein Anwohner hat an der Stelle nun zumindest eine Glocke aus Porzellan aufgehängt. Der Diebstahl sei grausam, meint der Mann. Mit dem Ersatz in Miniaturformat möchte er die gestohlene Glocke würdigen und die Menschen aufmuntern. „Dass wir so ein kleines bisschen Freude dran haben.“

Die Glocke war ursprünglich Bestandteil eines Glockenspiels in einem Kirchturm und stand seit dem Abriss des Turms in dem steinernen Gestell. Foto: Jörn Hüneke/dpa