Erneute Durchsuchungen bei Polizisten wegen Chatgruppe

Die Polizei in Niedersachsen steht erneut unter Druck wegen einer problematischen Chatgruppe. (Symbolbild) Foto: Swen Pförtner/dpa
Ermittler durchsuchen die Handys von Polizisten in Niedersachsen. Im Mittelpunkt steht eine Chatgruppe aus Studienzeiten und der Verdacht auf verfassungsfeindliche Inhalte.
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Hannover. Wegen verfassungsfeindlicher Inhalte in einer alten Chatgruppe hat die Polizei in Niedersachsen die Smartphones und Speichermedien von sieben Beamtinnen und Beamten durchsuchen lassen. Betroffen sind zwei Frauen und fünf Männer, die bei der Polizeidirektion Hannover, der Zentralen Polizeidirektion, dem Landeskriminalamt und der Polizeiakademie tätig sind, wie das Innenministerium mitteilte.
Schon Anfang September waren wegen einer Chatgruppe mit rassistischen und diskriminierenden Inhalten die Smartphones von acht Polizisten beschlagnahmt worden. Die Ermittlungen nun hätten damit aber nichts zu tun, heißt es vom Ministerium.
Von Studien-Chat zu verfassungsfeindlichen Inhalten
Die aktuelle Chatgruppe entstand laut Ministerium vor mehr als zehn Jahren in einer 24-köpfigen Studiengruppe an der Polizeiakademie Niedersachsen. Die damals 20- bis 30-Jährigen nutzten sie demnach zunächst, um organisatorische Fragen zu klären. Im Verlauf seien jedoch rassistische, die NS-Herrschaft verharmlosende sowie diskriminierende Bilder verschickt worden.
Die Chatgruppe sei durch einen Zufallsfund entdeckt worden. Bei der Auswertung von Datenträgern in einem anderen Verfahren gegen einen inzwischen entlassenen Polizeibeamten aus Hannover seien Ermittler auf die alten Nachrichten gestoßen.
20 Chatteilnehmer noch bei der Polizei
Von den 24 Mitgliedern dieser Chatgruppe arbeiten nach Ministeriumsangaben heute noch 20 bei der Landespolizei. Gegen alle wurde demnach ermittelt, in neun Fällen wurden Disziplinarverfahren eingeleitet. Zwei Anträge auf Durchsuchung lehnte das Verwaltungsgericht ab, wie das Ministerium weiter mitteilte.
Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sagte: „Eine Gesinnung legt man nicht einfach ab wie eine Jacke an der Garderobe.“ Mit den Durchsuchungen solle geprüft werden, ob die betroffenen Beamtinnen und Beamten eine verfassungsfeindliche Haltung vertreten. Strafrechtlich seien die Inhalte zwar verjährt. Disziplinarrechtlich komme ein Verfahren aber noch in Betracht – bis hin zur Entfernung aus dem Dienst, aber nur bei den Chatteilnehmern, die aktiv verfassungsfeindliche Inhalte geteilt haben.

Die niedersächsische Polizei geht konsequent gegen Verfassungsfeinde vor – auch in den eigenen Reihen, sagt Ministerin Behrens. (Archivbild) Foto: Shireen Broszies/dpa
Durchsuchungen Anfang September
Anfang September hatte es bereits Maßnahmen gegen eine andere Gruppe gegeben. Damals ging es um einen Chat aus dem Jahr 2019 mit ähnlichen Inhalten. Mitglieder kannten sich von der Polizeiakademie am Standort Oldenburg. Gegen mehrere Polizisten wurden Dienstgeschäfte untersagt oder sie wurden vorläufig vom Dienst enthoben, drei blieben im Dienst.
Kein Platz für „Menschen mit einer solchen Gesinnung“
Behrens betonte, dass „Menschen mit einer solchen Gesinnung in der Polizei Niedersachsen keinen Platz“ hätten. Zugleich betonte sie, es gebe keine Hinweise auf strukturellen Rassismus in der Landespolizei. Mehr als 24.000 Beschäftigte arbeiteten täglich für Sicherheit und Demokratie. Die Polizeiakademie habe Ausbildung und Auswahlverfahren zuletzt stärker auf Demokratiearbeit und Werteorientierung ausgerichtet.