Entschuldungshilfe und Einschränkungen in Schladen – eine Bilanz

Eine Folge des Zukunftsvertrags: Seit dem 1. November 2013 gibt es die Einheitsgemeinde Schladen-Werla als Nachfolgerin der Samtgemeinde und ihrer Mitgliedsgemeinden und der Stadt Hornburg.
Ein historischer Moment für die Kommune jährt sich heute auf den Tag genau zum zehnten Mal: Am 17. November 2011 unterzeichnen die Bürgermeister von Samtgemeinde und ihren Mitgliedsgemeinden sowie Vertreter von niedersächsischem Innenministerium und Landkreis Wolfenbüttel den Zukunftsvertrag. Welches Fazit ziehen die Schladener?
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Von einem „der größten Momente für Schladen“ sprach Andreas Memmert bei der Unterzeichnung, damals Bürgermeister der Samtgemeinde Schladen und heute der Einheitsgemeinde Schladen-Werla. „Das Wasser stand uns bis zum Hals und die Angst noch höher.“
Und heute? „Der Zukunftsvertrag war ein wahnsinniges Glücksgeschenk“, feiert ihn Memmert zum Zehnjährigen. Mitgezogen haben nicht nur die Mitgliedsgemeinden, sondern auch alle Vereine und Verbände. „Wir haben zwei von zwei Freibädern geschlossen“, so Schladen-Werlas Verwaltungschef. Dass es sie heute noch gibt, sei nur der Tatsache zu verdanken, dass es gelang, für die Bäder in Schladen und Hornburg Trägervereine zu gründen. Während es für Schladen eine jährliche dauerhafte Unterstützung von 50.000 Euro gibt, bekam Hornburg eine Anschubfinanzierung über insgesamt 150.000 Euro. „Seit sieben Jahren betreiben die Hornburger ihr Bad ohne kommunales Geld“, sagt Memmert stolz. Akzeptiert worden seien auch die Grundsteuererhöhungen. „Der neue Hebesatz katapultierte uns an die Spitze der Rangliste“, so Memmert. Auch habe die Gemeinde die Gewerbesteuer erhöht, ohne dies vorgeschrieben bekommen zu haben.
Das schaffte Vertrauen in Hannover und beim Landkreis – Schladen bekam Haushalte genehmigt, deren Umfänge das vorgeschriebene Investitionsvolumen von 300.000 Euro deutlich überstiegen. Aber es waren Investitionen in Pflichtaufgaben sowie „sehr kluge Zuschussinvestitionen“, so Memmert, wie den Rückbau des Ilsewehrs bei Hornburg, kombiniert mit einer „klugen und begründeten Antragsstellung“, um beispielsweise für die neuen Hornburger Feuerwehrfahrzeuge eine Bedarfszuweisung von 50 Prozent zu bekommen.
Trotz Sparzwängen und höherer Steuern: „Die Bürger haben mit Herz und Füßen abgestimmt und sich für die Gemeinde entschieden“, sagt Memmert. Er spielt auf eine Liste mit mehr als 100 Bauwilligen an. Die Kommune ist deshalb dabei, Baugebiete in Schladen, Hornburg und Gielde auszuweisen. Das, was einst eine Prognose verhieß, demnach Schladen bis 2030 etwa 30 Prozent seiner Einwohner verlieren werde, trete nicht ein, so der Bürgermeister.
Der Run auf die Gemeinde bedeutete aber auch eine ganz andere Herausforderung: Um die benötigten Plätze zu schaffen, musste das Kindergarten- und Krippenangebot ausgebaut werden. „Wir mussten dort nicht nur investieren, wir konnten dort auch keine Personalkosten einsparen“, sagt Memmert. Im Gegenteil, es mussten sogar noch mehr Beschäftigte für diesen Bereich eingestellt werden.

Heute vor zehn Jahren erfolgt die Unterzeichnung des Zukunftsvertrags auf der Bühne des Dorfgemeinschaftshauses. Schon damals sprach Bürgermeister Andreas Memmert von einem der größten Momente für Schladen. Fotos: GZ-Archiv
Rückblickend bewertet es Memmert als durchweg positiv, dass es vor einem Jahrzehnt zu keiner Fusion mit der Samtgemeinde Oderwald kam, sondern stattdessen der Zukunftsvertrag auf den Weg gebracht worden ist. „Der Schladener Rat hatte damals zwar einstimmig für eine Fusion mit Oderwald gestimmt, aber das dortige Gremium eben nicht. Wir haben alles richtig gemacht. Wenn ein Partner nicht unbedingt will, dann macht eine Fusion keinen Sinn“, sagt Memmert. Stattdessen mauserte sich Schladen-Werla über zwei bis drei Jahre sogar zur besten Zukunftsvertragsgemeinde Niedersachsens, erzählt Memmert stolz.
Schladen fusionierte nicht wie andere alte ILE-Mitstreiter, die Stadt Vienenburg oder die Samtgemeinde Lutter – und Memmert legt sich fest: „Uns wird es auch noch in Jahren geben. Wir sind so stark wie nie zuvor. Die Gemeinde ist richtig aufgeblüht – zu einer Wohlfühl-Lieblingsgemeinde weit weg von der einst düsteren Prognose.“ Die investiere nicht nur Millionen dank der Städtebauförderung in Hornburg, sondern habe mit der Werla auch einen Lieblingsort in der Pandemie zu bieten.
Und es ist eine Gemeinde, die mit dem Haushalt 2022 wieder mehr Spielraum gewinnt. „Im Prinzip ist wieder alles möglich. Wir sind bei den Aufwendungen nicht mehr an die obligatorischen maximal drei Prozent für freiwillige Leistungen gebunden, können deutlichere Akzente setzen“, erklärt Memmert. „Wir sind darüber auch sehr dankbar, aber wir wollen die Seele, den Spirit des Zukunftsvertrags weiterleben“, erteilt er Ausgabenträumereien eine Absage. „Es war der schwerste Einsatz meines Lebens, diesen Zukunftsvertrag zu moderieren – das wirkt sich auf die Genetik aus“, erklärt er. Der Geist des Zukunftsvertrags ist also jetzt in der Schladener DNA verankert.
Der Zukunftsvertrag bedeutete nicht nur eine Entschuldungshilfe in Höhe von mehr als elf Millionen Euro. Im Gegenzug verpflichteten sich die Samtgemeinde Schladen und ihre Mitgliedsgemeinden Schladen, Gielde, Werlaburgdorf sowie die Stadt Hornburg zum Ausschöpfen aller möglichen Einnahmepotenziale und zu drastischen Sparmaßnahmen. Zudem schrieb der Vertrag auch das Ende der Samtgemeinde Schladen und die Gründung einer Einheitsgemeinde fest. Außerdem bestand die Pflicht, über Jahre ausgeglichene Haushalte vorzulegen. Laut Bürgermeister Andreas Memmert galt es, vor allem in Hornburg Überzeugungsarbeit für den Vertrag zu leisten. Bei Gründung der Samtgemeinde ging die Ilsestadt bei der Vergabe des Verwaltungssitzes leer aus, nun stand der Verlust der Budgethoheit an. Immerhin gelang es, den Stadt-Titel zu bewahren – „sehr wichtig fürs Hornburger Selbstbewusstsein“, so Memmert.