Ex-Präsidium fühlt sich im Stich gelassen: Kritik an Landesverband

„Ein furchtbarer Moment“: So erinnert sich Stefan Meffert, ehemaliger Vizepräsident des mittlerweile aufgelösten Kreisverbandes Goslar, an den Moment, als er im April das Logo vom Gebäude des DRK-Sitzes in der Wachtelpforte in Goslar abgeschraubt hat. Foto: Privat
Vor zwei Jahren hat der DRK-Kreisverband Goslar Insolvenz angemeldet. Das in dieser Phase eingesetzte Interims-Präsidium blickt auf die Pleite zurück und kritisiert den Ex-Vorstand, aber auch den DRK-Landesverband in Hannover.
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Goslar. Vom abgewickelten DRK-Kreisverband Goslar, der Ende 2022 sein
75-jähriges Bestehen hätte feiern können, ist nach dessen Insolvenz nichts mehr übrig. Führende DRK-Kräfte wie Kurzzeit-Präsident Dr. Frank Straube und sein einstiger Vize Stefan Meffert blicken auf die Misere zurück, enttäuscht sind sie vor allem vom früheren geschäftsführenden Vorstand Joachim Probst, aber auch vom Landesverband Niedersachsen.
Die Bilanz fällt trübe aus. Zwar arbeiten die wie eh und je aktiven DRK-Ortsverbände aus dem Landkreis Goslar im neuen Kreisverband Osterode-Goslar weiter. Einrichtungen wie Kitas und Kleiderkammer aber werden mittlerweile von anderen Trägern betrieben; und die DRK-Immobilien wurden mit Ausnahme des geschlossenen Altenheims in Clausthal allesamt verkauft.
Kein gutes Wort
Mit Tränen in den Augen habe er im April das rote DRK-Kreuz vom Gebäude in der Wachtelpforte in Goslar abgeschraubt, erinnert sich der DRK-Vorstand Stefan Meffert. „Die Wachtelpforte war unser Zuhause“, sagt er über die frühere Geschäftsstelle des abgewickelten Kreisverbandes Goslar. Das Gebäude wird mittlerweile von den Kreiswirtschaftsbetrieben Goslar genutzt, dem neuen Eigentümer.
Meffert hat als Vize des Mediziners Dr. Frank Straube mit diesem bis zur Gründung des neuen Kreisverbandes Osterode-Goslar kurze Zeit das Präsidium im angeschlagenen Kreisverband gebildet. Beide haben das Ruder übernommen, nachdem der Kreisverband ins Schlingern geraten war. Über den früheren Vorstand Joachim Probst, der die Geschäfte führte, verlieren beide kein gutes Wort. Dieser sei überfordert gewesen und habe das Präsidium über die finanzielle Misere zu lange im Unklaren gelassen, so lauten die weniger deftigen Beschreibungen.
Im Unklaren
Außerdem habe Probst sich verkalkuliert, indem er eine Pflege-GmbH gegründet habe. Von dieser habe er sich erhofft, den Beschäftigten des Altenheims in Clausthal niedrigere Löhne zahlen zu können, um Kosten zu sparen. Als die Pflegebranche aber insgesamt Probleme bekam, habe das Altenheim ein Jahr lang keine Miete an den DRK-Kreisverband Goslar überweisen können und diesen mit in den Strudel gerissen.
Dass Probst sein Präsidium über das Ausmaß der Schieflage lange Zeit im Unklaren ließ, hatte im November 2022 auch Holger Holste berichtet, der frühere Vorsitzende des Gremiums. Das komplette Kontrollgremium, das seit Oktober 2021 im Amt war, trat daher bereits im Mai 2022 zurück. Das Präsidium habe seine Aufgaben nicht wahrnehmen können, weil Probst die „wirtschaftliche Lage“ nicht offengelegt habe, erklärte Holste. Probst hatte seinerzeit indes erklärt, es gebe keine „Managementfehler“. Seither ist von ihm nichts mehr zu hören.
Kritik an Hannover
Den Vorwurf, die wirtschaftlichen Probleme gleichsam verheimlicht zu haben, richten Meffert und Straube ebenso an den Landesverband in Hannover. Der habe die Zahlen aus Goslar gekannt und über die wirtschaftlichen Probleme Bescheid gewusst, aber nicht eingegriffen.
Vom Landesverband in Hannover sind Straube und Meffert aus einem weiteren Grund enttäuscht: Dieser habe kein Interesse daran gehabt, dass der DRK-Kreisverband Goslar weitergeführt wird. „Uns fehlte jede Unterstützung“, erklärt Stefan Meffert. Stattdessen habe der Landesverband als „klare Ansage“ eine Fusion mit Osterode vorgegeben, weil er größere Einheiten angestrebt habe. Allerdings habe es in Goslar zu dieser Zeit den Wunsch gegeben, eine Fusion mit Wolfenbüttel zumindest auszuloten. Auch dies sei abgelehnt worden.
Wie läuft es derweil im neuen Kreisverband Osterode-Goslar. „Es ist anders“, sagt Meffert und meint damit viele Abläufe und Strukturen. Dass es sich für ihn keineswegs nur um Kleinigkeiten handelt, zeigt sich daran, dass er nicht wieder als Kreisbereitschaftsleiter für den Goslarer Bereich antreten will. Bis November 2025 läuft seine Amtszeit, so lange gehört er in dieser Funktion auch dem DRK-Vorstand an. Meffert, der sein Amt als Ortsvereinsvorsitzender in Döhren aber weiter führen will, berichtet zudem von weiteren unzufriedenen Mitgliedern, die ihre Ämter abgeben wollen.
Anders organisiert ist das DRK beispielsweise beim Rettungsdienst. Etwa 4,3 Millionen Euro werden derzeit in den Neubau einer Rettungswache in Osterode investiert. Im Landkreis Goslar liegt dieser Aufgabenbereich bei den Kreiswirtschaftsbetrieben. Aus dem Kreis der DRK-Mitglieder in Goslar wird befürchtet, dass der Kreisverband Osterode-Goslar dem Landesverband bald ebenfalls zu klein werden könnte und dieser dann eine Fusion mit Göttingen vorgibt.
Der Landesverband will sich zu den Vorwürfen nicht äußern und verweist auf frühere Erklärungen. Unzufriedenheit im neuen Kreisverband „können wir nicht bestätigen“, teilt eine Sprecherin weiter mit. Sie spricht von „sehr guter Stimmung und großen Engagement“. Der neue Kreisverband sei darüber hinaus „ausgesprochen zukunftsfähig aufgestellt“.
Das Ehrenamt
Auf all diese Entwicklungen schaut ein DRK-Mitglied wie Dieter Lode aus Döhren enttäuscht und mit Unverständnis. Lode ist seit 1971 DRK-Mitglied, als Kreisbereitschaftsführer gehörte er lange Jahre dem Vorstand an. Was ihn vor allem ärgert: Beim Blick auf die Querelen gerate in Vergessenheit, dass das Ehrenamt weiterhin funktioniere. So betreibe das DRK im Landkreis weiterhin Bergwachten in St. Andreasberg, Clausthal-Zellerfeld, Vienenburg und Langelsheim. Und dass beim Brand im H+-Hotel in Goslar Ende voriger Woche 100 Menschen, die vorübergehend das Hotel verlassen mussten, von DRK-Kräften versorgt wurden, habe kaum jemand registriert.

Ex-DRK-Präsident Dr. Frank Straube (l.) sowie dessen einstiger Vize Stefan Meffert und DRK-Urgestein Dieter Lode (r.) blicken enttäuscht auf die Insolvenz des Kreisverbandes Goslar. Foto: Stade

Als das DRK-Altenheim in Clausthal-Zellerfeld Ende Mai 2023 schließt, nehmen Mitarbeiter symbolisch mit einem Kreuz und Kerzen Abschied. Vieles spricht dafür, dass die Probleme des Altenheims die Insolvenz des DRK-Kreisverbandes mitausgelöst haben. Foto: Neuendorf