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Leitungswechsel im Zinnfiguren-Museum

Von Goslar geht sie jetzt nach Norden

Zwei Aushängeschilder für Goslars Zinnfiguren-Museum: Eines davon verabschiedet sich Ende Mai. Antje Baensch (79) legt die Leitung des Museums in junge Hände und freut sich auf „Moin!“, die Begrüßung in ihrer alten Heimat Ostfriesland.  Foto: Kempfer

Zwei Aushängeschilder für Goslars Zinnfiguren-Museum: Eines davon verabschiedet sich Ende Mai. Antje Baensch (79) legt die Leitung des Museums in junge Hände und freut sich auf „Moin!“, die Begrüßung in ihrer alten Heimat Ostfriesland. Foto: Kempfer

Es herrscht Umbruch im Goslarer Zinnfiguren-Museum: Die bisherige Leiterin Antje Baensch zieht in ihre alte und nun wieder neue Heimat Norden und kehrt der Kaiserstadt den Rücken.

Von Sabine Kempfer Montag, 30.05.2022, 06:30 Uhr

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Goslar. Dem Zinnfiguren-Museum steht ein Leitungswechsel bevor – und Goslar verliert eine Bürgerin, die Struktur geschaffen, etwas aufgebaut hat und Spuren hinterlassen wird. Antje Baensch hat sich aktiv in und für Goslar engagiert – ihren 80.Geburtstag jedoch wird sie an der Nordseeküste verbringen. Ostfriesland ist ihre alte und jetzt wieder neue Heimat: Sie zieht wieder Richtung Norden – in die gleichnamige Stadt.

Wie konnte das passieren? Gilt denn Goslar nicht gerade als eine Stadt, die sich viele Menschen für ihren Ruhestand aussuchen? Antje Baensch nickt, sie kann das verstehen, und natürlich werden ihr vor allem die Menschen fehlen, räumt sie ein – aber die Nähe zur Familie, zu Schwester und Schwager zog dann doch. Carolinensiel, Altharlingersiel, Horumersiel – alles Heimat für die 79-Jährige, die keinen Fisch mag, aber Ostfriesentee liebt und sich auf den Kurzgruß „Moin“ freut. Die Entscheidung fiel, die Umzugskartons werden gepackt. Heute wird sie im Zinnfiguren-Museum verabschiedet, ihre ehrenamtliche Wirkungsstätte seit langer Zeit.

Aktiv im Hintergrund

Zusammen mit ihrem vor vier Jahren verstorbenen Mann Joachim Baensch hat sie in den 1980ern Goslars Zinnfiguren-Museum aufgebaut, den Trägerverein gegründet – auch Mönchehaus-Gründer Peter Schenning gab damals Starthilfe. Antje Baensch hielt sich gerne im Hintergrund. Nur unter Protest ging sie in die erste Reihe. Beispielsweise, als sie von der SPD gebeten wurde, für den Rat der Stadt Goslar zu kandidieren. Aus der anfänglichen Weigerung wurden drei Ratsperioden. Zwei waren gut, sagt sie in der Rückschau.

Streitbar war sie schon immer, und mit ihrer Meinung hält sie nicht hinter dem Berg. Frühlingsfest und Museumstag an einem Tag? Das hat ihr kürzlich nicht gefallen, denn dabei sei das Zinnfiguren-Museum einfach zu kurz gekommen. Immerhin: Sie kann es in gute Hände geben. Die nächste Generation ist da, das Feld bestellt. Lea Knupper hat sich auf die Leitungsfunktion vorbereitet, Patrick Kruse steht ihr als technischer Leiter zur Seite.

Eine zweite hauptamtliche Stelle für das Spezialmuseum zu finden, das seinesgleichen sucht, war einer der Kämpfe, die Antje Baensch in ihrem Leben ausgefochten hat. Nie für sich, immer für die Sache – das aber zäh und beharrlich, sodass sie auch die Stadtverwaltung schon mal das Fürchten lehrte. „Ich habe immer nach meinen Überzeugungen gelebt und gehandelt“, sagt sie.

Fester Platz im Welterbe

Durch ihren Kampf für eine nachhaltige Finanzierung – sie stritt dafür, dass das von der Stadt bezuschusste Museum auch die Eintrittsgelder behalten durfte – gelang es ihr, den Zinnfiguren ein sicheres Zuhause und einen festen Platz in der Weltkulturerbestadt zu geben. Denn als der Umzug vom „Weißen Schwan“ in der Münzstraße in den überaus attraktiven Fachwerkbau der Lohmühle erfolgt war, goutierten das die Besucher – und strömten in Scharen. Dabei blieb es bis heute.

Es ist jedoch mehr als das Zinnfiguren-Museum und die Ratsarbeit, die Antje Baensch mit der Stadt verbinden. Seite an Seite mit ihrem Mann Achim und Rudi Sattler entwickelte sie die Sommerakademie am Bildungshaus Zeppelin; über die Bildungsarbeit (Heimvolkshochschule und Landjugend) hatte sich das Paar, beide Pädagogen, überhaupt erst kennengelernt. Da war der Weg zum Kleinkunstfestival nicht weit, das von ihnen 1980 mit anderen Mitstreitern gemeinsam aus der Taufe gehoben wurde.

Der Weg zur Zinnfigur führte über die in den Augen von Achim Baensch „faszinierende Geschichte der Stadt Goslar“ über die Möglichkeiten der Pädagogik: „Zinnfiguren bieten die Möglichkeit, auf kleinstem Raum Zusammenhänge und komplizierte Situationen darzustellen“, erläutert Antje Baensch und urteilt: „eine fantastische Sache“. Und eine bewegte Zeit, mit Messen, Ausstellungen, Kontakten zu Leihgebern, Veranstaltungen, Mitstreitern wie in jüngerer Zeit Uwe Thieme und Petra Stolzenburg. Selbst besitzen muss Antje Baensch die kleinen Figuren nicht, denn sie hat durchaus noch andere Leidenschaften: „Ich patche für mein Leben gerne“, verrät sie. Sie mag auch was „Gröberes“, hat schon Keramik gebrannt und mit Ton gearbeitet. Vielleicht fange sie auf ihrem neuen Balkon in Norden auch wieder mit Bonsai-Pflanzen an. Also doch eine Liebe zur Miniatur? Sie lacht, sagt: „Miniatur ist ja nicht schlecht.“

Die Bilder, auf denen sowohl Antje Baensch (links) als auch Achim Baensch (Mitte) zu finden sind, sind rar: 2013 posierten sie mit Michael und Monika Mössner sowie Dr. Uwe Thieme (re.) für ein Zinnfiguren-„Familienfoto“. GZ-Archiv: Schenk

Die Bilder, auf denen sowohl Antje Baensch (links) als auch Achim Baensch (Mitte) zu finden sind, sind rar: 2013 posierten sie mit Michael und Monika Mössner sowie Dr. Uwe Thieme (re.) für ein Zinnfiguren-„Familienfoto“. GZ-Archiv: Schenk

Ein Foto aus den Gründungstagen des Zinnfiguren-Museums: Antje Baensch mit Peter Schenning.  Foto: Privat

Ein Foto aus den Gründungstagen des Zinnfiguren-Museums: Antje Baensch mit Peter Schenning. Foto: Privat

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