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Lkw-Fahrern fehlt der Nachwuchs

Rübentransport auf die Probe gestellt

Beim Beladen mit den Rüben dürfen die Fahrer ihren Lkw nicht verlassen.  Fotos: Kühlewind

Beim Beladen mit den Rüben dürfen die Fahrer ihren Lkw nicht verlassen. Fotos: Kühlewind

Wie sich die Zeiten doch ändern: Noch nie gab es Schwierigkeiten, Lkw-Fahrer zu finden, die den Transport der Zuckerrüben ins Werk nach Schladen übernehmen. Die Arbeitsplätze bei der Transportgemeinschaft Innerstetal (TGI) waren stets so begehrt, dass die Nachfrage das Angebot überstieg. In diesem Jahr ist alles anders – und die großen Schwierigkeiten stehen womöglich erst noch bevor.

Von Detlef Kühlewind Sonntag, 12.12.2021, 19:00 Uhr

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Nordharz. 300.000 Tonnen Rüben schafft die TGI in der Kampagne zur Verarbeitung in die Fabriken. 90 Prozent werden nach Schladen geliefert, der Rest nach Clauen bei Hohenhameln. 60 Fahrer braucht die TGI, damit die sechs angemieteten Lastzüge an sechs Tagen in der Woche rund um die Uhr rollen – vier Monate lang. „Das ist eine schöne Arbeit“, wirbt Henning Reimer aus Othfresen, der als Disponent der TGI den Transport koordiniert. „Das ist eine schöne Gemeinschaft. Und eine relativ ruhige Geschichte für die Fahrer. Das Navi zeigt an, wo die Maus steht und wie der Weg zur Fabrik ist. Bei der Beladung dürfen die Fahrer nicht aussteigen. Man macht sich nicht tot“, meint Reimer.   

Die meisten Fahrer sind Landwirte, die Zeit haben und nebenberuflich Rüben fahren. Auch rund 15 Rentner machen mit. Nur zwei, drei Fahrer machen die Arbeit hauptamtlich. Doch der Nachwuchs fehlt, schon seit Jahren. Bis zu 10.000 Euro müssen heute in den Lkw-Führerschein und die anschließend noch erforderliche beschleunigte Grundqualifikation investiert werden. „Das tut sich keiner mehr an“, weiß Reimer. Hinzu kommen weitere Schulungen, im Alter ab 50 Jahren auch regelmäßige ärztliche Untersuchungen. Da es in der Pandemie schwieriger geworden sei, Termine bei Ärzten und Behörden zu bekommen, verzichteten viele auf den Aufwand und ließen ihre Fahrerlaubnis ruhen. Die Zeiten, in denen Arbeitslose zum Lkw-Fahrer umgeschult und gefördert wurden, seien auch lange vorbei. Die Löhne der Fahrer seien zwar kontinuierlich erhöht worden, doch das reiche nicht mehr.

„Die Situation wird immer dramatischer“, stellt Henning Reimer fest. „In der vergangenen Kampagne war noch alles okay. Dieses Mal sind zwei Fahrer wegen Krankheit ausgefallen. Das schlägt richtig rein.“ Personal, um die Ausfälle zu kompensieren, hatte die TGI nicht. Doch einfach einen Lastzug stillzulegen, konnte sie sich auch nicht leisten, muss sie doch die mit den Zuckerfabriken vereinbarten Liefertermine und -mengen einhalten.

So half der TGI ein Trick, auf den andere Transportgemeinschaften schon früher zurückgreifen mussten: Sie ließ beim TÜV einen Lkw auf die Höchstgeschwindigkeit von 60km/h herabstufen. Dann reicht der Traktorführerschein, um den Lastzug zu fahren. „Wir erschließen uns damit Junglandwirte ab 21 Jahren. Die bekommen von uns dafür eine Fahrerschulung durch einen professionellen Fahrlehrer. Das zahlen wir gern“, berichtet Reimer. Das Gespann darf zwar keine Autobahnen befahren und keine Bundesstraßen mit Mittelleitplanken. Doch dieser Nachteil ist zu verschmerzen: Die durchschnittliche Transportentfernung beträgt gerade einmal 19 Kilometer.

„Es ist fraglich, wie lange wir die Rübe in dieser Form noch transportieren können“, sagt Reimer. Die eingeschworene Gemeinschaft, in der jeder jeden kennt und jeder im Notfall mit anpackt, steht vor einer harten Bewährungsprobe – wie sich die Zeiten ändern.

 

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Die sechs Lastzüge der Transportgemeinschaft Innerstetal begleiten die Rübenmaus durch die Region und bringen die Feldfrüchte in die Zuckerfabriken.

Die sechs Lastzüge der Transportgemeinschaft Innerstetal begleiten die Rübenmaus durch die Region und bringen die Feldfrüchte in die Zuckerfabriken.

Auf der Rübenmaus ist genau zu sehen, wo sich die Lkw gerade befinden.

Auf der Rübenmaus ist genau zu sehen, wo sich die Lkw gerade befinden.

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