Goldschakale am Harz gesichtet

Ein Goldschakal steht in einem verschneiten Waldstück bei Rastatt, fotografiert 2021 von einer automatischen Fotofalle. Foto: dpa
Aus Bredelem bei Langelsheim und aus Rohrsheim im Harzkreis gibt es Meldungen über Goldschakale. Jäger sind besorgt, denn die gebietsfremden hundeähnlichen Raubtiere könnten für heimische Arten gefährlich werden.
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Harz. Lutz-Michael Renneberg, Vorsitzender der Jägerschaft Goslar, hatte sich bereits im Juni 2022 besorgt gezeigt, als aus dem Landkreis Uelzen gemeldet worden war, dass sich dort Goldschakale vermehrt haben. Jetzt wurde das Raubtier, das deutlich kleiner als ein Wolf, aber größer als ein Fuchs ist, in Rohrsheim bei Osterwieck gesehen. Auch aus Bredelem gibt es Meldungen.
Zwei befreundete Jäger hätten vor zwei bis drei Monaten einen Goldschakal in der Nähe des Bredelemer Forstes gesehen, sagt Landwirt und Jäger Joachim Lindenberg aus Langelsheim. Einmal sei der Vierbeiner nachts, das andere Mal tagsüber entdeckt worden. Ob es sich um dasselbe Tier handelte oder um zwei Goldschakale, ist unklar.
Erster sicherer Nachweis
Dazu kommt jetzt eine Meldung aus dem Harzkreis: Kreisjägermeister Holger Piegert bestätigt, dass ein vermutlich umherziehender Goldschakal am 20.November bei Rohrsheim gesichtet wurde, einem Ortsteil von Osterwieck. Das Tier wurde von einer Wildtierkamera fotografiert. Für Sachsen-Anhalt ist das Tier aus Rohrsheim laut dem Landesamt für Umweltschutz in Halle der erste gesicherte Goldschakalnachweis.

Am 20. November von einer Wildkamera aufgenommen, ein Goldschakal bei Rohrsheim nahe Osterwieck.
Piegert berichtet, das Foto sei zum Landesamt, zum Wolfskompetenzzentrum des Landes und zu Experten nach Baden-Württemberg geschickt worden: Diese hätten schließlich bestätigt, dass es sich um einen Goldschakal handelt.
Die Tiere wandern offenbar vom Balkan aus nach Deutschland, sie gelten noch als selten. Bis Ende 2019 gab es deutschlandweit24 Nachweise, berichtet die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg auf ihrer Internetseite. Die Tiere gehören demnach zur Familie der Hunde und gelten als Allesfresser mit einem Speiseplan, der dem des Fuchses ähnelt. Kleinsäuger, Amphibien, Insekten, Obst und Vögel bilden den Hauptbestandteil der Ernährung, heißt es auf einer Internetseite der Landesjägerschaft Niedersachsen zur Wolfsbeobachtung (www.wolfsmonitoring.com).
Was Jäger Lutz-Michael Renneberg aus Goslar voriges Jahr ahnte, scheint sich nun zu bewahrheiten. Das bestätigt etwa Raoul Reding, der Wolfsbeauftragte der Landesjägerschaft Niedersachsen: Es gebe nun einen weiteren „Mitspieler“, die Raubwildbestände würden dadurch weiter steigen, zumal sich die acht bis fünfzehn Kilo schweren sowie80 bis 95 Zentimeter langen Goldschakale schnell vermehren würden.
Reding sagt: „Wir müssen mit einer flächendeckenden Verbreitung rechnen.“ Das sieht auch Kreisjägermeister Piegert aus dem Harzkreis so und spricht von „einem weiteren Feind“ etwa für die Hühner von Kleintierhaltern oder sogar auch für Lämmer. Auf der Internetseite der niedersächsischen Landesjägerschaft über Wolfsbeobachtungen gibt es bereits eine Rubrik über den Goldschakal, der in Niedersachsen erstmals 2015 gesichtet wurde, mittlerweile existieren mehr als 18 Nachweise, heißt es auf der Wolfsseite der Landesjägerschaft. Die Reproduktion voriges Jahr in Uelzen sei die dritte bestätigte deutschlandweit gewesen.
Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet des Tieres erstreckt sich von Nordafrika und Südosteuropa bis nach Ostasien. Der Balkan gilt als sein Kerngebiet in Europa.
Keine Gefahr
Für den Menschen ist die Art ungefährlich, betonen Experten der Forstlichen Versuchsanstalt aus Baden-Württemberg. Auf einer Internetseite des Umweltverbandes BUND heißt es: „Der Goldschakal ist dämmerungs- und nachtaktiv. Goldschakale sind scheu, meiden den Kontakt mit Menschen und sind nur sehr selten zu sehen. Sie stellen keine Gefahr für den Menschen dar.“
Jäger sorgen sich dennoch, vor allem um das sogenannte Niederwild, also um Fasane und Rebhühner etwa, die sich am Boden aufhalten. Jäger Renneberg fordert daher, den Goldschakal „unbedingt“ und „dringend“ jagen zu dürfen. Noch sei die Art aber geschützt. Der Gesetzgeber dürfe indes nicht denselben Fehler wie beim Wolf wiederholen, der nur in Einzelfällen geschossen werden dürfe. Die Tiere würden sich sonst ebenso stark ausbreiten wie der Wolf. Niedersachsen weise nach Brandenburg bereits die höchste Wolfsdichte Europas auf. Nur „hier und da“ mal einen Wolf zu schießen, sei „Symbolpolitik“. Vielmehr müsse dessen Verbreitung „massiv“ gestoppt werden.
„Offene Landschaften“
Auch Raoul Reding von der Landesjägerschaft zeigt sich besorgt. Die „Raubwilddichte“ werde mit dem Goldschakal sehr hoch. Der Goldschakal wandere zusätzlich zum Waschbären und zum Marderhund ein. „Das führt nicht zu einer besseren Situation.“
Die Vermehrung in Uelzen sowie die Sichtungen in Rohrsheim und bei Bredelem sprechen dafür, dass der Harz mit seinen Wäldern zumindest nicht zum typischen Verbreitungsgebiet des Goldschakals gehört. Kreisjägermeister Piegert sagt, das Tier liebe „offene Landschaften“. Und Ole Anders, der Luchs- und Wolfsbeauftragte des Nationalparks, erklärt, ein Goldschakal sei bisher von keiner der vielen Wildkameras im Schutzgebiet fotografiert worden.
Jäger Joachim Lindenberg aus Langelsheim sagt, wenn er auf den Goldschakal blickt: „Die Entwicklung draußen ist zurzeit ein bisschen einseitig.“ Er meint damit, dass es immer mehr „Raubwild“ im Unterschied zu den Tieren gebe, die von diesen gejagt würden, er nennt sie „Friedenswild“. „Wir wollen das gar nicht für uns“, sagt er als Jäger. Aber der Druck auf diese Tiere steige, und der Goldschakal sei zurzeit eben geschützt.
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