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Klostergespräche des Lions-Clubs

Dialog mit Top-Star junger Unternehmerinnen

Klostergespräche des Lions-Clubs Goslar-Kaiserpfalz: Michael Hennig (v.l.), Michel Schreyeck, Christina Diem-Puello und Felix Wentz.  Foto: Kleine

Klostergespräche des Lions-Clubs Goslar-Kaiserpfalz: Michael Hennig (v.l.), Michel Schreyeck, Christina Diem-Puello und Felix Wentz. Foto: Kleine

Wie kann die Mobilitätswende wirklich gelingen? Eine beeindruckende Linie in diesem Fahrplan beschrieb Christina Diem-Puello bei den Klostergesprächen des Lions-Clubs Goslar-Kaiserpfalz. 

Von Jörg Kleine Montag, 04.03.2024, 09:00 Uhr

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Goslar.  Die 35-jährige Schweinfurterin ist eine der bekanntesten Jungunternehmerinnen Deutschlands – mit Fahrrad-Leasing.

2020 gründete Christina Diem-Puello mit ihrem Ehemann die Deutsche Dienstrad GmbH – kein Produktionsbetrieb, sondern eine digitale Plattform zur Vermittlung zwischen Händlern, Unternehmen und Arbeitnehmern. Unabhängig von Fahrradmarken können Mitarbeiter über ihr Unternehmen Diensträder erwerben. Unterm Strich soll das Leasing – durch Steuervorteile – deutlich günstiger sein, als ein Zweirad selbst zu kaufen. Zumal E-Bikes nicht gerade aus der Portokasse zu bezahlen sind.

Wachstumspfade

Vier Jahre nach dem Start hat das Unternehmen laut Diem-Puello rund 100 Beschäftigte und strebt eine Jahresumsatz von 270 Millionen Euro an. Die Geschäftsführerin ist nicht nur im eigenen Unternehmen aktiv, sondern auch im Bundesvorstand deutscher Unternehmerinnen, hat etliche Auszeichnungen abgeräumt – und zählt zu den wichtigsten Frauen im deutschen Mittelstand.

So hatten Michael Hennig, Felix Wentz und Lions-Präsident Michel Schreyeck einen aktuellen Top-Star der Gründerszene und Unternehmerinnen als Impulsreferentin für den Club in Goslar gewonnen. Zugleich läuteten die Lions am Donnerstagabend im Großen Heiligen Kreuz den Neustart ihrer jährlichen Klostergespräche ein, die während der Corona-Pandemie auf Pause waren.

Zweirad-Pioniere

Mobilität schafft Bildung, Bildung schafft Wohlstand – und Wohlstand schafft Wachstum: Wer Christina Diem-Puello zuhört, der könnte in ihr die Ururenkelin des deutschen Wirtschaftswunderministers Ludwig Erhard (1897 bis 1977) vermuten. Schließlich stammte Erhard wie Diem-Puello auch aus dem Frankenland. Doch der Ururgroßvater der jungen Unternehmerin war kein Politiker, sondern ein Pionier der Fahrradproduktion: Radrennfahrer Engelbert Wiener, der 1921 in Schweinfurt einen Zweiradladen gründete.

Wenn seine Ururenkelin über die unternehmerische Familiengeschichte spricht, dann sitzt Wiener quasi immer noch mit im Sattel. Da ist immenser Stolz auf eine Tradition, die Christina Diem-Puello nun auf dem Pfad globaler wirtschaftlicher, ökologischer und gesellschaftlicher Umbrüche fortführt: erfolgreicher unternehmerischer Mittelstand, der bei Außenstehenden oft Glanz wie Missgunst verbreitet. Doch dahinter steckt viel Arbeit, Herzblut, Risiko, oftmals auch Verzweiflung. So ist die Tradition der Schweinfurter Familie in Wahrheit gleichermaßen von Brüchen, Höhen und Tiefen, Glücksgefühlen und Nackenschlägen gekennzeichnet.

Auf dem Boden der Industrie- und Fahrradstadt Schweinfurt wuchs die Zweiradschmiede, feierte nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Marke Winora viele Erfolge. Im gleichen Tritt wurde die Familiengeschichte ein Symbol für erfolgreiche Frauen an der Spitze. Dafür stand über Jahrzehnte Christinas Mutter Susanne Puello als Geschäftsführerin, unter deren Ägide das Unternehmen mit der Marke „Haibike“ weltweit zum Pionier für E-Mountainbikes wurde.

Starke Frauen

Die Regie im Haus hatte da aber schon eine niederländische Gruppe übernommen, weil sich Winora nach dem Mauerfall mit Übernahmen im Osten verzettelt hatte. 2017 schied Susanne Puello als Geschäftsführerin unter fremder Hoheit aus. Bei ihrer Mutter ging Christina Diem-Puello in die unternehmerische Schule, hat sich aber völlig abgenabelt: Mit Winora, Haibike und Engelbert Wiener hat die Deutsche Dienstrad GmbH nichts zu tun. Sie setzt auf ein Geschäftsmodell, das Firmen, aber auch staatliche Behörden in Bayern und Rheinland-Pfalz inzwischen überzeugt hat. So digital und modern das Business, so traditionell und geradezu amtlich klingt der Firmenname – mit schwarz-rot-goldenen (Halb-)Rädern im Logo.

Vor vollem Haus im Großen Heiligen Kreuz zeigte sich Christina Diem-Puello auch im allgemeinen Dialog über Netzwerke für Verkehr und Energie der Zukunft als sattelfeste, inspirierende wie pragmatische Unternehmerin. Und wer weiß: Vielleicht radelt sie irgendwann auch politisch auf den Spuren von Ludwig Erhard.

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