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Traditions-Kaufhaus Harthun schließt: Räumungsverkauf startet

<p>Bernd Harthun in seinem Lebenswerk: Auf drei Etagen führten er und seine Familie über Jahrzehnte erfolgreich das einzige Kaufhaus im Oberharz. Foto: Stumpf</p>

<p>Bernd Harthun in seinem Lebenswerk: Auf drei Etagen führten er und seine Familie über Jahrzehnte erfolgreich das einzige Kaufhaus im Oberharz. Foto: Stumpf</p>

Clausthal-Zellerfeld. Jahrzehnte lang hat Familie Harthun ihr Kaufhaus in Clausthal betrieben. Jetzt endet die Ära: Bernd Harthun geht in den Ruhestand.

Von Beate Stumpf Mittwoch, 06.04.2016, 16:34 Uhr

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Faire Preise, Riesen-Auswahl – das galt rund 65 Jahre. Doch im Juni schließt das Traditions-Kaufhaus Harthun in der Adolph-Roemer-Straße seine Pforten und eine Ära geht zu Ende. „Handel ist Wandel“, sagt Inhaber Bernd Harthun dazu. Wehmütig? „Nein“, sagt der gebürtige Clausthal-Zellerfelder. „Irgendwann kommt eben der Tag.“ Er geht mit 63 Jahren in den Ruhestand.

Die Suche nach einem Nachfolger für den Familienbetrieb verlief bisher ergebnislos. Die Töchter des Ehepaars Renate und Bernd Harthun haben sich beruflich anders orientiert. 14 engagierte Mitarbeiter sind von dem Ende betroffen, manche haben ihren Beruf als Kaufmann/frau im Einzelhandel oder im Büro sogar im Hause gelernt.

1950 haben die Eltern von Bernd Harthun das Kaufhaus in bester Lage übernommen. Sie waren 1941 aus Thüringen nach Clausthal-Zellerfeld gekommen und übernahmen als Kaufleute das Lebensmittelgeschäft Rust in der Burgstätter Straße. Nach dem Krieg bezogen sie dann das ehemalige Meyersche Gemischtwarengeschäft in der Adolph-Roemer-Straße. Hier wurde auf Wachstum gesetzt: Damals stimmte noch das Marktumfeld, und die Kaufkraft der Kunden stieg stetig. „Das Geschäft hatte immer schon Höhen und Tiefen“, erinnert sich der Sohn aber auch. Er stieg 1974 in das elterliche Unternehmen ein und übernahm 1988 die Geschäftsführung, unterstützt von seinem Bruder Joachim, der vor drei Jahren in Rente ging.

„Qualität und persönliche Kundenberatung waren uns immer wichtig“, heißt es. Der Spagat im Einkauf des Warensortiments – besonders von Kleidermode für die Hausfrau von nebenan und der Studentin aus Kassel – sei nicht leicht gewesen. „Aber wir konnten und wollten uns nie auf eine Zielgruppe festlegen.“

Schließlich gibt es in dem Kaufhaus alles, aber wirklich alles, was man sich so wünscht: Geschirr und Strümpfe, Textilien und Bücher, Dekoartikel, Uhren, Tabak, Toto-Lotto-Scheine, Sportsachen, Geburtstagskörbchen, Zeitungen und und und ...

Das Herzstück ist die Spielzeugabteilung. „Das war immer unser Flaggschiff.“ Wahrscheinlich kennt jedes Oberharzer Kind diese Ecke mit den bunten Bausteinen. Kann man hier auch einzelne Schrauben kaufen? „Nicht mehr, das ging mal“, amüsiert sich der Herr Harthun. „Aber eine Mausefalle, wenn Sie möchten.“

Das Kaufhaus, weit in der Region das einzig privat Betriebene, hat heute über drei Etagen in eigener Immobilie eine Verkaufsfläche von 2200 Quadratmetern. In besten Zeiten arbeiteten hier rund 60 Menschen, es gab sogar eine Fleischerei bis 1981. „Wir hatten einen eigenen Metzgermeister im Betrieb.“ Geblieben ist bis heute zumindest eine Lebensmittelabteilung im Untergeschoss. „Aber wir haben eher die Handtaschenkunden. Die Großeinkäufe zum Wochenende finden nicht mehr bei uns statt.“

Zwei große Umbauten gab es im Kaufhaus. An einen werden sich ältere Clausthal-Zellerfelder sicher besonders erinnern: 1978/79 wurde von 400 auf 1600 Quadratmeter erweitert, und die erste Rolltreppe im Oberharz kam per Autokran angeschwebt. „Hach! Das war ein Riesending damals“, lacht der Kaufhaus-Chef. Ein Parkhaus mit 25 Plätzen folgte. In den Jahren 1991/92 dann die zweite Erweiterung: „Wir sind mit der Grenzöffnung aus allen Nähten geplatzt. Das war die absolute Boomzeit für uns.“ Für die Kundenströme gab es nun sogar einen Fahrstuhl.

Auf die Zukunft des Kaufhauses angesprochen, reagiert Bernd Harthun allerdings zugeknöpft. Einfacher seien die Zeiten nicht geworden, resümiert er. Die Konkurrenz der Discounter-Märkte, verändertes Kaufverhalten der Kunden im Online-Handel, Leerstände in der Innenstadt: „Alles zusammen machte das Wirtschaften schwieriger.“ Zurzeit würden mit Privatinvestoren „Gespräche geführt.“ Mehr ist aus Kaufmann Harthun zur Zukunft der Immobilie nicht herauszuholen. Ihm zur Seite für die Abwicklung steht ein Unternehmensberater.

Jetzt also noch der Räumungsverkauf bis 25. Juni. Er beginnt heute mit Preisreduzierungen von 20 bis zu 50 Prozent. Nur preisgebundene Waren sind davon ausgenommen. Auch Schaufensterfiguren, Garderobenständer oder andere Kaufhauseinrichtungsgegenstände suchen Käufer. „Ziel ist es, das Haus besenrein zu verlassen.“

Ereignis auf der „Rö“: Harthun bekommt eine Rolltreppe.  Archivfoto: Meier-Cortés

Ereignis auf der „Rö“: Harthun bekommt eine Rolltreppe. Archivfoto: Meier-Cortés

Bis 1981 hatte das Kaufhaus eine eigene Fleischerei.  Archivfoto: Meier-Cortés

Bis 1981 hatte das Kaufhaus eine eigene Fleischerei. Archivfoto: Meier-Cortés

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