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Poetry-Slam im Bündheimer Schloß: Wort-Zauber, Rap-Poesie, Erzähl-Kunst

Tilman Birr, Daniel Hoth, Sarah Bosetti, Josefine Berkholz und Volker Strübing (v.li.) warten, Moderator David Friedrich verleiht die Preise. Fotos: Weber

Tilman Birr, Daniel Hoth, Sarah Bosetti, Josefine Berkholz und Volker Strübing (v.li.) warten, Moderator David Friedrich verleiht die Preise. Fotos: Weber

Bad Harzburg. Das Publikum war bei der Premiere von „Slam im Schloß“ erfrischend gemischt. Die eine Hälfte, davon besonders die jüngeren Besucher, schien genau zu wissen, was sie erwartete.

Sonntag, 12.03.2017, 18:20 Uhr

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Die andere Hälfte fragte sich noch, was das wohl werden würde. Tja, Poetry-Slam in Bad Harzburg, was wird das? Um es vorweg zu nehmen: ein toller, kurzweiliger, nachdenklicher, lustiger und auf jeden Fall zu wiederholender Abend. Der Kulturklub Bad Harzburg hatte die Veranstaltung zusammen mit Autor, Liedermacher und Kabarettist Tilman Birr, der für die musikalische Einlage sorgte, organisiert und dazu ins Bündheimer Schloß geladen.

Als Moderator führte eloquent, witzig und charmant David Friedrich, selbst Slamer, aber auch Schauspieler und Moderator, durch den Abend. Von ihm lernte das Publikum, das es kein Land gebe, in dem Poetry-Slam so beliebt sei wie in Deutschland, und diese Kunstgattung im deutschsprachigen Raum inzwischen immaterielles Weltkulturerbe sei.

Den „Poetenwettkampf“ bestritten an diesem Abend vier Slam-Profis, und das Publikum wurde zur Jury, indem David Friedrich sieben Personen auswählte, die die Künstler stellvertretend für den Rest der Besucher auf einer Skala von 1 (kann sich eigentlich nicht artikulieren) bis 10 (den entführe ich, damit ich zu Hause weiter Texte vorgetragen bekomme) bewerteten. Aber auch die „Bewertungsrichter“ durften durch Klatschen oder Murren ihrerseits bewertet werden. Das Ganze also eine Mitmachangelegenheit für alle.

Josefine Berkholz eröffnete dann den Slam mit zwei poetischen Texten, die den Zuhörern zwar einiges an Konzentration abverlangten, aber dafür unglaublich in Tiefe gingen. Ihre Themen des Abends waren Beziehungen, Gewohnheit und die Angst vor der Angst der Menschen. Dass diese junge Frau literarisches Schreiben studiert, kann sie nicht verleugnen.

Mit Sarah Bosetti betrat die zweite Künstlerin die Bühne. Ihre Vortragsart war erzählend, satirisch und so in medias res wie beim Kabarett. Ihre Gedanken drehten sich am Samstag unter anderem um das Gehirn. Das sähe ja ein wenig aus wie der Darm. Was, wenn Gott da bei einigen Menschen was verwechselt hat? Dann gäbe es Leute, die nur Scheiße denken, dafür aber klugscheißen.

Der dritte im Bunde war Daniel Hoth. Da er in der Schule Gedichte doof fand, hat er eine ganz neue Gattung erfunden, das Jeddüöschsch#. Nicht poetisch im klassischen Sinn, war er der Rapper unter den Slamern des Abends, denn Rap sei die Torte, Lyrik nur der Kuchen.

Den Abschluss machte Volker Strübing. Als Senior – immerhin sei er schon in einem Alter, in dem man noch ab und an E-Mails schreibe – war dennoch eines seiner Themen das Kinderkriegen und Kinderhaben und die damit verbundene Frage der Nachhaltigkeit dieser ständigen Fortpflanzung.

Kurz vor der Pause waren dann die Punkte ausgezählt und das Publikum vielleicht nicht komplett, aber im Großen und Ganzen im Einklang mit den Wertungsrichtern. Und so zogen Sarah Bosetti und Daniel Hoth ins Finale, das nach der Pause und nach Tilman Birrs furiosem Auftritt – Gloria Gaynors „I will survive“ auf hessisch könnte ein Hit werden – ausgefochten wurde. Diese „Battle“ wurde dann durch Applaus des Publikums entschieden. Den definitiv mehr nach zehn Punkte klingenden Applaus bekam Sarah Bosetti und wurde so die Slam-Siegerin des Abends. Fazit: Ein tolles Format, das eine Fortsetzung wirklich wert wäre.

Überlebenskünstler: Tilman Birr heizte den Besuchern mit Gloria Gaynors „I will survive“ auf hessisch ein.

Überlebenskünstler: Tilman Birr heizte den Besuchern mit Gloria Gaynors „I will survive“ auf hessisch ein.

Zwischen Hirn und Darm: Sarah Bosetti wurde zur Slam-Siegerin des Abends im Bündheimer Schloß gewählt.

Zwischen Hirn und Darm: Sarah Bosetti wurde zur Slam-Siegerin des Abends im Bündheimer Schloß gewählt.

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