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Kinder müssen bei Marktkauf zur Zeit draußen bleiben

Aus Sicherheitsgründen dürfen Kinder derzeit nicht in den Marktkauf in Clausthal-Zellerfeld.  Foto: Potthast

Aus Sicherheitsgründen dürfen Kinder derzeit nicht in den Marktkauf in Clausthal-Zellerfeld. Foto: Potthast

Clausthal-Zellerfeld. Samuel Menacher ist erbost. Er wollte am Dienstag mit seinem dreijährigen Sohn Jonathan beim Marktkauf am Ostbahnhof einkaufen – und wurde weggeschickt. Mit seinem Kind dürfe er den Markt derzeit nicht betreten.

Mittwoch, 25.03.2020, 15:48 Uhr

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„Der mich abweisende Herr von der Security verwies mich auf die Möglichkeit, einen Lieferdienst in Anspruch zu nehmen“, schreibt Menacher an die Oberharz-Redaktion. Die GZ fragte beim Markt nach, dort verweist man auf die Edeka-Hessenring-Gruppe, zu der der Clausthaler Marktkauf gehört.

Geschäftsführer Florian Kramm verteidigt die Maßnahmen. „Ich bin froh, dass sie anrufen“, sagt er. Er habe in den letzten Tagen „bestimmt schon mit 50 Alleinerziehenden diskutiert“.

Als Handelsunternehmen seien sie derzeit mit Erlassen der Regierung zu besonderen Hygiene- und Schutzmaßnahmen konfrontiert. „Wir haben eine besondere Verantwortung für die Sicherheit unserer Kunden und unserer Mitarbeiter.“ Die genaue Ausgestaltung der Verordnungen sei den Landkreisen überlassen. „Wir haben im Augenblick 44 verschiedene Regelungen für unsere Märkte.“

Kramm und sein Team hätten zunächst überlegt, was sinnvoll und zugleich praktikabel sei. Wie sollte zum Beispiel die Zutrittsbeschränkung umgesetzt werden?

Sie seien schließlich auf die Idee mit den Einkaufswagen gekommen. Jedem Kunden wird von einem Mitarbeiter jeweils ein Einkaufswagen zugeteilt. Sind die abgezählten Einkaufswagen alle im Markt, darf kein weiterer Kunde hinein. „Die Wagen sind zugleich auch Distanzhalter“, erklärt Kramm. Nach Gebrauch werden sie von Mitarbeitern desinfiziert, darauf werde streng hingewiesen.

Aber wieso dürften keine Kinder mit in den Markt? „Kinder verstehen die Regeln noch nicht. Sie laufen herum und fassen alles an“, sagt Kramm, der betont, selbst Vater von drei Kindern zu sein, zwei davon unter drei Jahren. „Meinem Julius könnte ich nicht erklären, warum er nicht zum Süßigkeitenregal laufen darf, wenn da schon ein anderer Kunde steht.“

Samuel Menacher versteht das nicht so ganz. Es möge ja richtig sein, dass freilaufende Kinder im Supermarkt ein Problem darstellten. „Aber wenn das Kind im Einkaufwagen sitzt, ändern sich die Abstände zu anderen Kunden nicht. Wenn die Kinder husten oder niesen – was übrigens auch Erwachsenen passiert – dann bekommt der Bauch des jeweiligen Elternteils die Tröpfchen ab und nicht die anderen Kunden.“

Kinder zählten als Überträger zu den Risikogruppen, meint hingegen Kramm. „Kinder sollten in dieser Zeit besser ganz zuhause bleiben“, findet er. Das sei nicht immer einfach, das wisse er auch. Manche hätten ihn gefragt, ob sie ihre Kinder etwa bei den Nachbarn lassen sollten. „Nein“, sagt Kramm: „Lassen sie sich ihre Einkäufe vom Nachbarn mitbringen.“

Das findet Menacher schwierig: „Gerade mit Kind achte ich sehr auf Herkunft, auf Abwechslung, auf Vitamingehalt etc. aber auch im Spezielleren auf Bio, FairTrade oder Herkunft. Das sind Anforderungen, die in dieser Komplexität nicht einfach so auf einen Einkaufzettel geschrieben werden können, welcher dann von einem Bekannten abgearbeitet werden kann.“

Kramm ist bewusst, dass die Meinungen auseinander gehen. Andere Supermärkte setzten die Regeln „weniger konsequent“ um, räumt er ein. „Das macht es uns nicht leichter.“ Aber die gesellschaftliche Verantwortung zum Schutz der Gefährdeten zähle für ihn höher. „Wenn ich nur ans Geld denken würde, würde ich sagen: Kommt alle herein.“

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