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Auf Heinrich Heines großen Spuren

Ein Wernigeröder folgt der Route des großen Dichters

Michael Lütje aus Wernigerode steht auf dem Brocken und blickt auf eine dicke Wolkendecke. Der Wernigeröder hat sich 200 Jahre nach Heinrich Heines auf dessen Harzreise begeben.

Michael Lütje aus Wernigerode steht auf dem Brocken und blickt auf eine dicke Wolkendecke. Der Wernigeröder hat sich 200 Jahre nach Heinrich Heines auf dessen Harzreise begeben. Foto: dpa

200 Jahre nach Heinrich Heine, der von Göttingen in den Harz wanderte und danach die „Harzreise“ schrieb, folgte der Wernigeröder Michael Lütje dem Dichter und Schriftsteller. Wie Heine beeindruckt auch ihn die Natur.

Von Oliver Stade Mittwoch, 23.10.2024, 10:00 Uhr

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Harz. Vor 200 Jahren wandert Heinrich Heine von Göttingen in den Harz und hoch zum Brocken. In der „Harzreise“ beschreibt er seine Erlebnisse und Gedanken, spottet über Göttingen, schwärmt über die Natur, in der er zu sich findet und berichtet von Menschen, denen er begegnet. Ein Landkreismitarbeiter aus Wernigerode ist Heines Spuren in historisch anmutender Kleidung gefolgt und zeigt sich, wie Heine, beeindruckt von der Natur.

Michael Lütje bricht Mitte Oktober zu seiner Harzreise auf, er beginnt seine Tour in Osterode, nicht in Göttingen. Er scheut den lärmenden Verkehr an der Autobahn und den Bundesstraßen. In sechs Etappen wandert er 160 Kilometer durch den Harz. Er habe erfahren wollen, ob er 200 Jahre nach Heinrich Heine dessen schwärmerische Natureindrücke nachempfinden kann.

Wenn der Verkehr schläft

Lütje (60) beantwortet die Frage danach, ob er sein Ziel erreicht hat, mit einem klaren ja. Und wenn er nach Beispielen für seine Naturerlebnisse gefragt wird, berichtet er von der Ruhe frühmorgens, „wenn es leise ist und der Verkehr schläft“ und von dem Nebel, der in den Wäldern aufsteigt.

Sein eindrücklichstes Naturerlebnis – na klar – hat er auf dem Brocken. Als er frühmorgens auf dem Gipfel steht, übernachtet hat er im Brockenhotel, liegt unter ihm eine dichte Wolkendecke. Schon Goethe („die ganze Welt in Wolken und Nebel“) und der dänische Dichter und Schriftsteller Hans Christian Andersen zeigten sich beeindruckt von diesem „Wolkenmeer“.

Lütje ist ein findiger Typ: Als Mitarbeiter der Arbeitsagentur hatte er 2004 und 2005 die Idee für das Konzept zur Harzer Wandernadel, die es seit 2006 gibt. Seither wandern Naturfreunde durch den Harz und sammeln für ihre Wanderhefte Stempel um Stempel, die sie an lohnenswerten Stellen im Harz finden. Die Stempelkästen entstanden aus einer Beschäftigungsinitiative heraus. Lütje, der mittlerweile als Arbeitsmarktkoordinator beim Landkreis Harz arbeitet, ist also ohnehin ein Wanderfreund. Zurzeit lässt er sich vom Harzklub als Wanderführer ausbilden. Auch für seine „Harzreise“, die er während eines Urlaubs im September unternahm. ließ er sich etwas einfallen. Er kleidete sich in historisch anmutenden Kostümen, zog mit Zylinder und einem Samtgewand im Biedermeier-Stil durch Feld, Flur und Wald.

Auffällig gekleidet

„Mega“ fanden die Menschen das, denen er begegnete, sagt Lütje. Jedenfalls entstand derart verkleidet schnell Kontakt zu anderen Wanderern, denn Lütje musste aller Welt erklären, warum er in dieser Kluft durch den Harz wandert. Aus einem weiteren Grund spürte er, dass es ein anderes Erlebnis ist, in schweren Klamotten auf den Brocken zu steigen anstatt mit leichter Funktionskleidung. „Kein Wunder“, sagt Lütje, „dass Heine müde war, als er von Bad Harzburg auf den Brocken stieg, in dieser schweren Kleidung damals.“

Seine letzte Tour führte Lütje von Altenbrak nach Thale. Übernachtet hat er meist zu Hause und ist dann am nächsten Morgen zum Ausgangspunkt seiner nächsten Tour gefahren. Was ist ihm noch aufgefallen während seiner Heine-Wanderung? Wer früh aufbricht, um die Stille zu suchen, müsse sich selbst um Proviant kümmern. In den Hotels gebe es oft erst um 8 Uhr Frühstück, sagt er.

Außerdem sei ihm aufgefallen, dass es abends in Clausthal-Zellerfeld nicht einfach war, noch eine warme Mahlzeit zu bekommen, wenn es nicht nur ein Döner-Imbiss sein soll. In der Unistadt hatte Heine seinerzeit in der Krone übernachtet. Auch Lütje suchte das Hotel auf.

Auf dem Brocken traf Lütje den Wernigeröder Fotografen Matthias Bein. Der nahm den Wanderer im Gegenlicht auf, wie er eine Hand an seinen Zylinder hält. Unter ihm ist das große, weite Wolkenmeer zu sehen, wie es schon viele andere Wanderer beeindruckt hat.

Ob Michael Lütje bald wieder in historischer Kostümierung durch den Harz zieht? Vielleicht auf den Spuren von Goethe oder Andersen? Seine Stiefel wird er auf jeden Fall bald wieder schnüren, er ist ja demnächst zertifizierter Harzklub-Wanderführer.

Wer mehr über die Harzreise von Heinrich Heine erfahren will, kann die Sonderausstellung „Heine im Harz. Entdeckungen am Rande einer legendären Fußreise“ im Harzmuseum in Wernigerode (Klint 10) besuchen, sie ist noch bis zum 16. Februar zu sehen.

Mit Rucksack, Zylinder, Samtgewand im Biedermeier-Stil und Handy in der Hand: Michel Lütje auf Heinrich Heines Spuren unterwegs im Harz.

Mit Rucksack, Zylinder, Samtgewand im Biedermeier-Stil und Handy in der Hand: Michel Lütje auf Heinrich Heines Spuren unterwegs im Harz. Foto: Privat

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