Die Energiewende als große Gemeinschaftsaufgabe

Eine Elektrolyse-Testanlage des Forschungszentrums Energiespeichertechnologien auf dem Energie-Campus in Goslar. Elektrolyseure dienen zur Herstellung von Wasserstoff, das bei der Energiewende eine zentrale Rolle spielen soll. Foto: Christian Kreutzmann
Auf dem Energie-Campus in Goslar laufen aktuell zwei Forschungsprojekte an, eines läuft an einem Forschungszentrum der TU Clausthal, das andere ist am Energieforschungszentrum Niedersachsen (EFZN) angesiedelt, das die Arbeit von fünf Unis bündelt.
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Goslar/Clausthal. Auf dem Energie-Campus in Goslar ist ein Projekt der Energiewende angelaufen. Mit 2,6 Millionen Euro wird das Vorhaben „H2-Seko“ gefördert. Wissenschaftler der TU Clausthal untersuchen, wie auf dem Gelände des Energieforschungszentrums Niedersachsen (EFZN) Strom, Wärme, Kühlung und grüner Wasserstoff in einem System gekoppelt werden können, das sich aus regenerativen Energien speist.
Ende 2027 sollen alle Anlagen, die für das Energiesystem benötigt werden, ihren Betrieb aufgenommen haben. Federführend für das Projekt ist das Forschungszentrum Energiespeichertechnologien (EST) der TU Clausthal, mit dem sich die Harzer Hochschule als eine von fünf Universitäten am EFZN beteiligt. Mit dem grünen Wasserstoff, der als Energiespeicher infrage kommt, soll es gelingen, zum Beispiel Zeiten zu überbrücken, in denen Wind- oder Sonnenenergie nicht genutzt werden können, heißt es in einer Mitteilung der TU Clausthal, die mit Forschungsvokabular und Energiewende-Schlagwörtern gespickt ist.
Grüner Wasserstoff
Der Förderbescheid wurde bereits im Sommer 2024 überstellt. Nach der Planung begann jetzt die Arbeitsphase. Beteiligt ist auch das staatliche Baumanagement, das Arbeiten an Immobilien des Landes plant und begleitet. Anne Günther ist als Projektleiterin für das Baumanagement beteiligt, in der TU-Mitteilung wird sie mit den Worten zitiert, sie hoffe auf Hinweise darauf, wie grüner Wasserstoff künftig bei öffentlichen Bauvorhaben eingebunden werden könne. Damit ist Wasserstoff gemeint, der aus regenerativen Energien gewonnen wird. Auf dem Energie-Campus befindet sich in dem ehemaligen Kasernengebäude auf mehreren Etagen ein Elektrolyseur, mit dem Wasserstoff gewonnen werden kann.
Von den 2,6 Millionen Euro, mit denen das Projekt gefördert wird, stammen 80 Prozent aus Mitteln der EU und des Landes. Die restlichen 20 Prozent teilen sich die Technische Universität Clausthal und das EST.
Auf dem Energie-Campus wurden in dieser Woche die Weichen für ein weiteres Energieprojekt gestellt, das sich allerdings an einem deutlich größeren Maßstab orientiert. Am Dienstag und Mittwoch trafen sich 180 Wissenschaftler aus 15 Forschungseinrichtungen Niedersachsens. Sie bereiteten die Projektorganisation für ein 58 Millionen Euro schweres Forschungsvorhaben vor, für das im Oktober 2024 der Startschuss fiel und das fünf Jahre läuft. Der Inhalt ähnelt dem am Forschungszentrum EST. Ziel ist es, Lösungen für das künftige Energiesystem zu finden. Der Projektname lautet „Transformation des Energiesystems Niedersachsen“. Gebündelt werden die Vorhaben über das EFZN, das mit seiner Geschäftsstelle und sieben Beschäftigten in Goslar angesiedelt ist.
Konstrukt verändert
Beim EFZN hat es bereits vor vielen Jahren eine entscheidende Veränderung gegeben, die aus Goslarer Sicht als herber Verlust wahrgenommen werden kann: Während das 2007 gegründete EFZN ursprünglich federführend die Energieforschung im Land bündelte und dabei mit den Unis Hannover, Göttingen, Oldenburg und der TU Braunschweig kooperierte, wurde das Konstrukt mittlerweile „sozialisiert“, wie ein Wegbegleiter des Zentrums anmerkt. Damit meint er, dass mittlerweile alle Unis gleichberechtigt nebeneinander Energieforschung betreiben. Der wissenschaftliche Vorstand, der aktuell in Oldenburg angesiedelt ist, wechselt bei diesem Konstrukt alle zwei bis vier Jahre den Sitz, erklärt EFZN-Geschäftsführer Dr. Wolfgang Dietze.
Die Veränderung vom EFZN mit einem zentralen Standort hin zu fünf gleichberechtigten Hochschulen, die ein Zentrum bilden, erfolgte 2016. Seither bringt die TU Clausthal ihr EST-Forschungszentrum in den Verbund ein. Die Dezentralisierung erfolgte, weil die TU Clausthal ihre Forschungsschwerpunkte bündeln musste, um ein schärferes Profil zu erhalten. Begleitet wurde der Prozess von einer Begutachtung (Evaluation), in der eine „Neuaufstellung“ der TU angemahnt wurde. Die Hochschule ringe seit Jahren „mit ihrer Profilbildung“ heißt es in dem Bericht, der im November 2016 vorgelegt wurde. Die Empfehlungen betrafen vor allem das Cutec-Institut, dessen wissenschaftliche Qualität bemängelt wurde. Über das EFZN hieß es, die bereits eingeleiteten Veränderungen würden begrüßt, weil damit „die institutionelle Dominanz der TU“ aufgehoben werde.
EFZN-Geschäftsführer Dietze sieht in dem breiter aufgestellten EFZN einen Gewinn, sagt er. Die Konstruktion mit fünf Hochschulen trage dazu bei, dass sich alle Unis stärker mit der Energieforschung in Niedersachsen identifizieren würden. Das EFZN sei in die Fläche gebracht worden, sagt er mit Blick auf die fünf Standorte der Unis. Das Transformations-Forschungsprojekt, das mit nahezu 60 Millionen Euro gefördert wird, wäre sonst kaum denkbar gewesen.
Doch keine Fachhochschule
Zum EFZN gibt es eine Vorgeschichte. Ursprünglich hatte das Land unter Ministerpräsident Christian Wulff, der von 2003 bis 2010 im Amt war, der Stadt Goslar eine Fachhochschule versprochen. Weil sich diese nicht realisieren ließ, entstand als Kompensation das Energieforschungszentrum, für das 2007 der Grundstein gelegt wurde. Der damalige TU-Vizepräsident Professor Hans-Peter Beck, der mit Wulff beim symbolischen Baustart dabei war, wurde Gründungsgeschäftsführer. Fünf Universitäten werden unter Federführung der TU Clausthal fachübergreifend zu allen Fragen auf dem Energiesektor forschen, hieß es seinerzeit. Der Betrieb wurde 2010 aufgenommen.