Abschied von der britischen Königin Elisabeth

Am Piccadilly Circus wird der Queen gedacht.
Die meisten Menschen auf der Welt kannten nur Queen Elisabeth II. als britisches Staatsoberhaupt. Nun schlüpft ihr Sohn Charles in die Rolle des Königs. In seiner Kolumne „Nachgedacht“ thematisiert GZ-Cheredakteur den ewigen Rummel um das Königshaus.
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Die Königin ist tot, es lebe der König – heißt es nun in Großbritannien. Mit 96 Salutschüssen haben die Briten am Freitag ihrer Queen Elisabeth II. gedacht. Ehrenvoll setzen auch viele andere Staaten ein Zeichen für die britische Königin, in der deutschen Hauptstadt Berlin sollte die britische Flagge auf dem Brandenburger Tor leuchten. Nach dem traurigen Erinnern zum 25. Todestag von Prinzessin Diana ist den Anhängern der britischen Königsfamilie in kurzem Abstand der Schock in die Glieder gefahren. Ob Elisabeths Sohn Charles als neuer König Karl III. gleichermaßen in der Lage sein wird, eine Integrationsfigur für Großbritannien und den britischen Commonwealth zu sein, das bleibt dahingestellt. Immerhin kennt fast die gesamte Weltbevölkerung allein Elisabeth als Staatsoberhaupt der Briten.
Die vielen Dokumentationen jüngst über Lady Di, Prince Charles, über die Queen und all die Konflikte in der Windsor-Familie machen eines deutlich: Das waren zwei verdammt starke Frauen, die da weltweit im Blickpunkt gestanden haben – und all die Prinzen weit in den Schatten stellten. Elisabeth, die als junge Frau nach dem Zweiten Weltkrieg die Existenzberechtigung und Beliebtheit der Krone retten sollte, wurde mit 26 Jahren zur Königin. Sie wolle allen Menschen im Vereinigten Königreich und den vielen Staaten des Commonwealth weltweit bis zu ihrem Lebensende dienen, betonte sie damals. Und sie hat ihr Versprechen 70 Jahre lang eingehalten – ohne nach außen jemals die Fassung zu verlieren. Das verdient Respekt.
Zugleich schießen Bilder durch den Kopf, die eine verzweifelte junge Prinzessin Diana zeigen – die 1981 eine vermeintliche Traumhochzeit mit Charles feierte, die jedoch in Wahrheit schon am Vorabend im Albtraum für sie mündete. Parallel jagten Heerscharen von Paparazzi das ganze royale Leben hinter ihr her und trieben Diana am Ende bei einer nächtlichen Verfolgungsfahrt durch Paris mit in den Tod.
Das alles war widerlich, und es ist mir schier unbegreiflich, wie viele Menschen auch in Deutschland – die einen sehnsuchtsvoll, die anderen geifernd – immer neuen Nachrichten und Fotos aus dem britischen Königshaus entgegenfieberten. Oder den Triumphjubel an den Straßen anstimmten, wenn die Royals auf Deutschlandtour waren. Als gäbe es die Sehnsucht, auch hierzulande eine Monarchie zu installieren.
Die Briten haben eine andere Tradition, sie haben eine konstitutionelle Monarchie, in der seit der Glorious Revolution von 1688/89 das Parlament (mit)bestimmt. Die Queen galt den Briten dabei in den vergangenen 70 Jahren zumindest als wichtige Integrationsfigur.
Es steht niemandem zu, den Menschen im Vereinigten Königreich die Staatsform vorzuschreiben. Aus der Entfernung jenseits der Insel dürfen Monarchie und Königshaus indessen mit Ruhe und Besonnenheit auch ein wenig nüchterner betrachtet werden. Von den hohen Kosten für royale Repräsentanten ganz zu schweigen. Es geht also auch anders, ohne Salbung von Gottes Gnaden.
Ehre sei also der verstorbenen britischen Königin. Möge Charles in seiner neuen Rolle als König weniger Fehler machen als in persönlichen Beziehungsfragen, möge die Politik künftig medial wichtiger sein als die Hutfrage an der Pferderennbahn in Ascot. In Deutschland hat der Kaiser nach dem Ersten Weltkrieg jedoch abgedankt, Blut ist nicht blau, sondern rot – und das ist auch gut so.
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