Suedlink: 700 Kilometer Kabel für die Energiewende

Das Zehn-Milliarden-Euro-Projekt soll einmal zehn Millionen Haushalte mit Strom versorgen. Foto: Michael Matthey/dpa
Mit dem Baustart in Südniedersachsen rücken der Suedlink und ein wichtiger Schritt der Energiewende ein Stück näher. Was das für die Region bedeutet.
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Einbeck. Eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte in Deutschland nimmt nun auch in Südniedersachsen Fahrt auf. Zum offiziellen Baustart der Stromleitung wird Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) in Einbeck erwartet. Doch worauf müssen sich Menschen in der Region nun genau einstellen und was genau soll mit dem Suedlink erreicht werden?
Was ist der Suedlink?
Eine rund 700 Kilometer lange Stromleitung, die Energie von Windrädern in Schleswig-Holstein nach Bayern und Baden-Württemberg transportieren soll. Die Leitung soll komplett unterirdisch verlaufen und wird auch durch die Bundesländer Hessen und Thüringen verlegt. Im Detail handelt es sich um zwei Stromleitungen, die weitestgehend parallel verlaufen sollen, sich aber an den Start- und Endpunkten verästeln.
Ende 2028 und damit sechs Jahre später als ursprünglich gedacht sollen alle Bauabschnitte fertiggestellt sein, wie Netzbetreiber TransnetBW mitteilte. Wenn die Arbeiten abgeschlossen sind, dürften 8,5 Millionen Kubikmeter Erdreich bewegt worden sein. Neben TransnetBW ist auch der Netzbetreiber Tennet an dem Zehn-Milliarden-Euro-Projekt beteiligt. Tennet ist für die Bundesländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen zuständig, mit Ausnahme des Bereichs Südniedersachsen.
Was ist das Ziel der Stromtrasse?
Mit der Verbindung, deren Kapazität der Leistung von etwa vier Atomkraftwerken entspricht, sollen rund zehn Millionen Haushalte mit Strom versorgt werden können. Sie soll dabei helfen, den erwarteten steigenden Strombedarf zu bedienen. „Ohne den Netzausbau wird die Energiewende nicht gelingen“, sagte dazu Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies (SPD). Den Suedlink bezeichnete er als „Schlagader“ der Energieversorgung in Deutschland.
Dazu muss Strom aus dem Norden in den Süden transportiert werden, da im Zuge der Energiewende in Zukunft mehr Strom durch Windanlagen in Norddeutschland produziert wird statt in konventionellen Kraftwerken, die in der Republik verteilt sind. Zudem soll Suedlink auch Strom aus Photovoltaik-Anlagen in Süddeutschland in den Norden befördern.
Was passiert jetzt in Südniedersachsen?
Auf einer Länge von rund 100 Kilometern werden die Gleichstromkabel verlegt. Die Trasse führt dabei von Elze bei Hildesheim bis ins Dreiländereck mit Hessen und Thüringen. Dabei verläuft die Route der beiden Bauabschnitte B3 und C1 unter anderem westlich von Göttingen entlang der Autobahn 7.
Zunächst sollen nun die einzelnen Baustellen entlang des Streckenverlaufs eingerichtet werden. Zudem sollen Hindernisse wie Straßen oder Flüsse mit Bohrungen unterquert werden. Erst später sollen dann tatsächlich die Stromkabel verlegt werden. Die Arbeiten sollen mit der geplanten Suedlink-Eröffnung Ende 2028 fertiggestellt werden.

In den kommenden Monaten sollen auf rund 100 Kilometern zwischen Elze und Friedland die Gleichstromkabel verlegt werden. Foto: Michael Matthey/dpa
Erste Vorabreiten in der Region fanden bereits im vergangenen Jahr statt. Unter anderem wurden die Bauflächen auf Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg untersucht und Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen hatten ein halbes Jahr Zeit, das Gebiet auf archäologische Funde zu untersuchen. Dazu wurde entlang der zukünftigen Trasse ein vier Meter breiter Streifen mit Baggern abgetragen.
Bei einer dieser Routineuntersuchungen machten die Forscher Entdeckungen, die mehrere Tausend Jahre alt sind. Nahe dem südniedersächsischen Einbeck fanden sie unter anderem ein Grab sowie Hinweise auf menschliche Siedlungen, wie Keramikscherben und Teilen von Feuersteingeräten. Die ältesten Funde waren demnach mehr als 5.000 Jahre alt. Weitere Funde bei den Routineuntersuchungen waren unter anderem Tonscherbe oder ein Teil eines Bronzearmbands, sagte Werner Götz Vorsitzender der Geschäftsführung bei TransnetBW.
Wie weit ist der Ausbau in Niedersachsen bereits vorangeschritten?
Man kann sagen, es geht voran: Seit Beginn der ersten Bauarbeiten im Bundesland 2023 wurden etwas mehr als 2.000 Meter Tunnel im Bereich der Elbquerung nach Schleswig-Holstein gebaut, wie Tennet mitteilte. Zudem seien bereits 55 Kilometer Stromtrasse fertiggestellt. Im Laufe des Jahres sollen dann entlang des gesamten Trassenverlaufs in Niedersachsen die Arbeiten vorangehen. Inwieweit die Arbeiten damit im Zeitplan liegen, teilte das Unternehmen nicht mit.
In Niedersachsen beginnt die Stromtrasse nach der Elbquerung südlich von Brunsbüttel in Schleswig-Holstein. Sie verläuft dann über Scheeßel westlich der Lüneburger Heide nach Hannover und von dort weiter über Elze bei Hildesheim durch Südniedersachsen bis Friedland kurz vor der Grenze zu Hessen.

Für Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) ist der Suedlink die „Schlagader“ der Energieversorgung. Foto: Michael Matthey/dpa
Was sagen Kritiker?
Seit Jahren kämpfen viele Bürgerinitiativen gegen den Bau des etwa 700 Kilometer langen Projekts. Sie halten die Vier-Gigawatt-Trasse für ökologisch unsinnig und unwirtschaftlich. Sie befürchten, dass der Stromverbraucher am Ende die Zeche zahlt. Viele Menschen möchten zudem keine hohen Strommasten in ihrer Nähe haben. Auch deshalb soll der Suedlink komplett unterirdisch verlegt werden. Erdkabel hätten geholfen, „die Akzeptanz vor Ort besser in den Griff zu bekommen“, allerdings aber auch für höhere Kosten gesorgt, sagte dazu Bundesenergieministerin Katherina Reiche (CDU) beim Baustart für den Suedlink in Bayern. Bei künftigen ähnlichen Bauvorhaben solle wieder vermehrt auf oberirdische Leitungen gesetzt werden.
Trotz der Erdkabel betrifft der Suedlink die Menschen in Südniedersachsen weiterhin. Während der Bauarbeiten müssen sich Anwohnerinnen und Anwohner auf Verkehrseinschränkungen einstellen, etwa durch Schwertransporte, sagte Werner Götz.

An anderen Stellen in Niedersachsen, wie hier in Heeslingen, wurden bereits Stromkabel verlegt. (Archivbild) Foto: Focke Strangmann/dpa