Ohne die B4 gäbe es dieses Rathaus in Bad Harzburg nicht

Das Rathaus in der Forstwiese, wie es die Bad Harzburger seit einem halben Jahrhundert kennen. Die Geburtstagstorte (links) hat der Bürgermeister bei Café Peters geordert. Fotos: Schlegel/Archiv Ahrens
Bad Harzburg. „Happy Birthday Rathaus!“. Das Bad Harzburger Verwaltungsgebäude wird in diesem Monat 50, am 7. August 1970 wurde es eingeweiht. Das ist streng genommen nichts Besonderes. Besonders ist die Geschichte, die hinter dem Bau des Hauses steht. Beispielsweise, dass die Forstwiese, also die Straße, an der es heute liegt, erst angelegt werden musste. Und dass das Vorgänger-Rathaus abgerissen werden musste, weil die B4 gebaut wurde.
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Auf dieser alten Karte auf dem Jahr 1957 (noch ohne B 4) ist das Rathaus (Pfeil) in der damaligen Bergstraße eingezeichnet. Zur Orientierung: Oberhalb des Pfeiles ist die Lutherkirche zu sehen, die Schule rechts ist die ehemalige Realschule. Und die Kirchstraße darüber ist die heutige Lutherstraße.
Um die Geschichte des „neuen“ Rathauses zu verstehen, muss man die des alten kennen. 1922 hatte die Gemeinde Bad Harzburg das 1856 erbaute Hotel Eggeling in der Bergstraße für 600.000 DM gekauft und es in den Verwaltungssitz (auch für die Stadtwerke) umgebaut. Der Vorgänger steht übrigens in der Schmiedestraße am Eingang zum Badepark, heute ist dort ein Seniorenheim untergebracht.
Horst Woick hat noch in dem alten Rathaus in der Bergstraße gearbeitet, damals als junger Tiefbauingenieur. Er erinnert sich an hohe Räume und dunkle Flure, wie solche Hotels seinerzeit aufgebaut waren. Vom Grundriss her sei es aber funktional gewesen. Ein urtümliches Haus. Heute, so Bürgermeister Ralf Abrahms, wäre so ein Fachwerkbau gruselig. Denn allein aktuelle Technik einzubauen – Leitungen, Kabelkanäle, Wärmedämmung – wäre eine Katastrophe.
1970 musste das Rathaus abgerissen werden, um der Bundesstraße 4 Platz zu machen. Es stand in etwa dort, wo heute der Wendeplatz der Sternstraße ist – nach der Gebietsreform 1972 wurde nämlich aus der Bergstraße die Sternstraße, weil es in der neuen Stadt Bad Harburg eine solche bereits gab: im Ortsteil Bündheim.

Juli 1970: Die Bad Harzburger schauen dem Abriss ihres alten Rathauses zu.
Da wo das Rathaus gebaut wurde, war vorher eine Wiese. Und keine Straße. Die musste auch noch gebaut werden, als Verbindung zwischen der Herzog-Julius-Staße zur Herzog-Wilhelm-Straße. Der zuständige Tiefbauingenieur war Horst Woick. Und er plante seinerzeit irgendwo im Nirgendwo eine Straße, die sich heute perfekt in die Kreuzung zur B4-Abfahrt integriert.
Eigentlich, so Woick, sei damals auch Schmelzers Parkhotel als neues Rathaus im Gespräch gewesen. Aber letztlich entschied man sich dagegen und baute stattdessen ein, für damalige Verhältnisse hochwertiges, neues Verwaltungsgebäude in der Nähe der Amtswiese. Letztlich auch ein sehr weitsichtiger Bau, wie Ralf Abrahms heute findet. So wurde beispielsweise eine komplett „selbstragende Treppe“ eingebaut, die im Prinzip für sich alleine stehen könnte. Noch heute genießen die Rathausmitarbeiter den Luxus der vielen eingebauten Schränke zu beiden Seiten der Wände.
Damals spielte Geld halt noch keine Rolle. Bis zur Ölkrise wenige Jahre später habe man in Deutschland ja nur den Aufschwung gekannt, so Abrahms. Heute wäre vieles unbezahlbar, und auch eine stadtplanerische Kettenreaktion wie vor 50 Jahren kaum denkbar, so Amtsleiter Andreas Simon. Abgesehen davon, dass es auch gar keine Flächen mehr gebe, die derart überbaut werden könnten.
Und auch wenn es üppig dimensioniert war: Keine Rolle spielte bei der Planung des Rathauses seinerzeit die Gebietsreform 1972. Sie sei, so Woick, zwar im Gespräch aber ganz und gar nicht spruchreif gewesen. Als sie kam, zogen die Gemeindeverwaltungen aus den anderen Ortsteilen –beispielsweise Standesbeamter Peter Keck aus Harlingerode – mit ins Rathaus ein. Dieses verkraftete das auch locker. Einziger Nachteil für die Mitarbeiter: Die Zeiten, in denen jeder sein eigenes Büro für sich alleine hatte, waren vorbei.

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Plaudern über alte Zeiten und schauen sich das Creutzfeld-Ölgemälde vom alten Rathaus an (v.l.) Horst Woick, Andreas Simon, Peter Keck und Ralf Abrahms.