Kosten für Internet-Anschluss absolut utopisch
<p>Sein Laptop kann Timo Zacher derzeit in Oderbrück nur offline nutzen, einen Internet-Anschluss gibt es in dem kleinen Ortsteil der Stadt Braunlage nicht. Foto: Eggers</p>
Oderbrück. Telekom-Angebot: Der Gaststätten-Betreiber in Oderbrück soll eine horrende Summe zahlen. Es geht um einen Million-Betrag für einen Internet-Anschluss.
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Als Gastwirt Timo Zacher vor einigen Tagen Post von der Telekom bekam, traute er seinen Augen nicht. Er hatte bei dem Netzbetreiber angefragt, was ein Internet-Anschluss für sein Haus in Oderbrück kosten würde. Die Antwort haute ihn jetzt um: Er kostet sage und schreibe mehr als eine Million Euro.
Sein Anteil, so weist es das in sachlichem Ton verfasste Schreiben der Telekom aus, beträgt eben genau diese 1.001.898,29 Euro. Das Problem: Oderbrück liegt recht einsam und unerschlossen im Oberharz. In dem kleinen Ortsteil der Stadt Braunlage selbst ist gegenwärtig selbst der Handy-Empfang alles andere als gut, sodass Zacher keinen Internet-Anschluss über Mobilfunk nutzen könnte.
„Es gibt keine Anschlüsse in der Nähe und wir müssen mehrere Kilometer Glasfaserkabel verlegen“, erklärt Pressesprecherin Stefanie Halle auf Anfrage den hohen Preis. Allein einen Kilometer Glasfaserkabel zu verlegen, koste 70.000 Euro.
Helfen kann da auch der Landkreis Goslar nicht. Zwar warb die Behörde bislang damit, der Kreis sei Ende des Jahres zu 100 Prozent mit Internet versorgt, doch auf GZ-Anfrage teilt Pressesprecher Maximilian Strache mit, dass es dann wohl nur 98 Prozent oder so seien. „Oderbrück ist wegen abgelegenen Lage halt schwierig“, meint er.
Ganz ausschließen will Strache jedoch nicht, dass der kleine Ortsteil ebenfalls ans weltweite Netz angeschlossen wird. „Wir verlegen die Kabel jetzt erst einmal bis nach Torfhaus, und vielleicht können wir dann Geld aus dem kommunalen Investitionsprogramm nehmen“, sagt er. Strache rät aber Zacher bis dahin, auf Internet über Satellit auszuweichen. „Das müsste funktionieren und ist auch nicht so teuer“, meint er. Diesen Rat wird der Gaststättenbetreiber wohl annehmen müssen, wenn er denn das Internet nutzen will.
Wenn der Anschluss nicht über eine Million Euro kosten würde, könnten die Besucher der Gaststätte „The Cabin“ in Oderbrück bereits WLAN nutzen. Doch nach dem Angebot der Telekom setzt Betreiber Timo Zacher mehr auf Gesellschaftsspiele wie „Mensch ärgere Dich nicht“ und erklärt die Hütte gezwungenermaßen zur internetfreien Zone. „Ich kann mir den Internetanschluss schlicht nicht leisten“, sagt der 32-Jährige mit ironischem Unterton.
„Mit dieser Summe habe ich nicht im entferntesten gerechnet“, sagt Zacher. Zwar habe ihn das Unternehmen informiert, dass es teurer werden könnte, doch das Schreiben habe ihn dann irgendwie doch erschlagen. „Eine Million Euro ist absolut utopisch“, erklärt er.
Aber der Betrag sei ein realistischer Preis, teilt Telekom-Pressesprecherin Stefanie Halle auf GZ-Anfrage mit. „Jeder Kilometer Glasfaserkabel kostet im Schnitt 70.000 Euro“, berichtet sie. Die Summe von mehr als einer Million Euro seien natürlich nicht die normalen Kosten für die Verlegung eines persönlichen Anschlusses. Halle berichtet aber, dass jeder Auftrag anders und individuell sei, weil unter anderem topografische Gegebenheiten und die Entfernung von der nächstgelegenen Infrastruktur berücksichtig werden müssten.
Und diese nächstgelegene Infrastruktur, die derzeit laut Telekom mehr als acht Kilometer entfernt liegt, könnte sich durch den Anschluss von Torfhaus um ein paar Kilometer reduzieren, wie Maximilian Strache, der Pressesprecher des Landkreises Goslar, mitteilt. Der kleine Nachbarort werde mithilfe von Fördergeld mit Breitband versorgt, berichtet er weiter.
Oderbrück könne aber vorerst aus Kostengründen nicht angeschlossen werden. Strache hofft, dass es nach Fertigstellung in Torfhaus die Möglichkeit gibt, den kleinen Ortsteil aus Mitteln des kommunalen Investitionsprogramms an die Breitbandversorgung anschließen zu können. Bis dahin gibt er Zacher den Tipp, eine Internet-Verbindung über Satellit in Erwägung zu ziehen.
Eine Überlegung, die der Gaststättenbetreiber gerade prüft. Zacher will die Internetversorgung nicht nur für seine Gäste einrichten, sondern ist auch selbst darauf angewiesen. „Ich nutze Buchungsportale wie ,booking.com‘ und möchte den Kurbeitrag digital abführen“, erklärt er.
Aus diesem Grund sei er schon bereit gewesen, mehr als üblich für den Internetanschluss zu zahlen, meint Zacher. „Zunächst hieß es nämlich, das sollen so 8000 Euro werden“, erinnert er sich. Das sei Mitte Februar gewesen, als er den Antrag stellte. „Und das hätte ich sogar gemacht“, meint er. Danach habe ihm die Telekom mitgeteilt, es koste 50.000 Euro. „Um diesen Betrag aufzubringen, hätte ich wahrscheinlich die anderen Heime und Hütten in Oderbrück abgeklappert, damit man sich die Summe teilt“, erklärt der Betreiber von The Cabin weiter. Denn die vielen Ski- und Wanderhütten sowie Schullandheime in der Umgebung hätten ebenfalls kein Internet.
Bis Anfang Mai die Antwort kam. Der Telekom-Mitarbeiter erklärt die hohe Summe in dem Anschreiben an Zacher mit üblichem Einstieg: „Wir freuen uns, Ihnen nunmehr ein konkretes Angebot für Ihren individuellen FTTH-Anschluss vorstellen zu können“, heißt es, und weiter: „Das Angebot beläuft sich in dem Fall auf eine Gesamtzuzahlung von 1.001.898,29 Euro.“
Danach folgt die genaue Erklärung, wie sich der Preis zusammensetzt. Das Hauptkabel müsse auf einer Länge von 8550 Metern neu verlegt werden. „Dabei können wir eine 165 Meter lange Rohranlage der Deutschen Telekom nutzen, was die Kosten reduziert“, heißt es in dem Angebot. Insgesamt müsse Zacher für das Hauptkabel einen Betrag von 834.605,50 Euro zuzahlen, allerdings ohne Mehrwertsteuer.
Drittteuerster Posten bei der Zusammenstellung ist nach der Mehrwertsteuer von 159.982,92 Euro der Netzverteiler in Höhe von 5000 Euro. Abschließend die übliche Verabschiedung: „Wir würden uns freuen, wenn unser Angebot Ihr Interesse geweckt hat und es zu einem Vertragsabschluss kommt.“ Doch zu dem kommt es natürlich nicht.
Der Landkreis Goslar ist dabei, das Breitbandnetz kreisweit auszubauen. Die erforderlichen Arbeiten sind EU-weit ausgeschrieben. Unter anderem erhält die Behörde dafür Fördergeld vom Land Niedersachsen in Höhe von 1,2 Millionen Euro. Die Gesamtfördersumme aus Bundes- und Landesmitteln beträgt nach einer Mittelung der Kreisverwaltung zwei Millionen Euro. Landrat Thomas Brych will diesen Ausbau des Breitbandnetzes bis Ende dieses Jahres realisieren, hatte er vergangenes Jahr laut einer Mitteilung der Verwaltung angekündigt. Bis dahin sollen landkreisweit Übertragungsgeschwindigkeiten von mindestens 30 bis 50 Megabits pro Sekunde erreicht werden. Sogenannte weiße Flecken soll es nicht mehr geben, hatte Brych betont. Der Landkreis Goslar würde damit zu den ersten Gebietskörperschaften in Niedersachsen gehören, in denen der flächendeckende Breitbandausbau realisiert werde, hatte die Verwaltung mitgeteilt.