Hirschruf-Workshop in St. Andeasberg: In die Psyche der Hirsche versetzen

So kennt man Hans-Günter Schärf als Hirscherufer. Mit einem beweglichen Rohr imitierte er verschiedene Töne und Gemütsregungen der Tiere. Fotos: Weiss
St. Andreasberg. Es mag etwas komisch daherkommen, doch es ist eine durchaus ernste Angelegenheit: das Hirscherufen. Ex-Bürgermeister Günter Schärf zeigte in einem Workshop, wie es richtig geht.
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Mit dem Hirsch-Brunft-Erlebnistag ersetzt St. Andreasberg zum zweiten Mal den früheren Wettbewerb im Hirscherufen. „Es haben sich immer weniger Interessenten gefunden“, sagte Hirschruf-Meister Hans-Günter Schärf, der am Samstag im Kurhaus seine Besucher mit dieser Kunst vertraut machte.
Zuvor war eine Geweihausstellung eröffnet worden, in deren Mittelpunkt die Geweihe eines kapitalen Hirsches standen, dessen Werdegang über mehrere Jahre beobachtet wurde. Neben dem Kopfgehörn des Tieres waren dessen jährliche Abwurfstangen in verschiedenen Größen und Stärken zusammengestellt worden.
Ex-Bürgermeister Schärf präsentierte sich auf der Bühne und später beim Workshop als eloquenter Erzähler. „Ich erzähle Ihnen die Geschichte der Hirschbrunft in Tönen“, sagte er und nahm ein grünes Plastikrohr an den Mund. „Versetzen Sie sich bitte jetzt in die Psyche eines Rothirsches, der sein Rudel dominiert“, forderte er seine Gäste auf.
Sein Interesse am Hirscherufen begann mit der eher zufälligen Begegnung auf einem entsprechenden Wettbewerb. „Was die können, kannst Du auch“, sagte er sich.
Warum tut ein Mensch so etwas? Warum imitiert er das brünstige Tier und tut so, als sei er ein aggressiver Nebenbuhler?
„Die Rufjagd spielt insbesondere in Osteuropa eine ganz wichtige Rolle unter den Jägern“, erläuterte Schärf. Von dort kommen bei den internationalen Wettkämpfen auch viele Sieger und hervorragend Platzierte.
Im Übrigen macht es offenbar großen Spaß, den jungen, den mittelalten und den alten Hirsch zu imitieren. Auf der Bühne tänzelte der Angeber, der Platzhirsch, der Imponierer und der Hinterherläufer hin und her. Seine Töne entlockte er Plastik- und Pappröhren, Kuhhörnern, Biergläsern und Muscheln. „Bei den Hirschrufwettbewerben sind alle Hilfsmittel erlaubt“, berichtete Hans-Günter Schärf.
Warum röhrt der Hirsch? „In der Brunftzeit kann er nicht anders“, meinte Schärf. Dabei geht es nicht in erster Linie um die Gunst der Alttiere, sondern insbesondere darum, fremde Hirsche vom eigenen Harem fern zu halten. Anstrengende fünf Wochen durchleben die Tiere in dieser Zeit, in der sie keine Nahrung zu sich nehmen. Am Ende sind sie „fertig“ und freuen sich erneut auf die „Kumpel“, mit denen sie das weitere Jahr zusammen durch die Wälder ziehen.
Nach dankbarem Beifall des Publikums zog sich Schärf mit einigen „potenziellen Hirschen“ zum Workshop in einen Nebenraum zurück. Als „Werkzeug“ dienten Pappröhren. „Sie müssen die Töne frei heraus bringen“, schärfte er den Konkurrenten ein. „Bitte nicht pressen, denn falsche Rufe vergraulen die Hirsche.“
Der ganze Körper vibriert bei kurzen Rufstößen, die wie akzentuierte Lacher klingen. Am Ende röhren die Ruf-Schüler im Stehen. Es klingt wie ein riesiges Rudel.

Beim Workshop versuchen sich einige Herren als Hirsche an den Pappröhren. Manche Ehefrau scheint sich zu amüsieren.