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Frauen angespuckt: Skandal bei „Temptation Island VIP“

Alex Petrović bespuckte im Fernsehen Frauen (Archivbild).

Alex Petrović bespuckte im Fernsehen Frauen (Archivbild). Foto: Thomas Banneyer/dpa

In einer Reality-Show von RTL+ bespuckt ein Kandidat Frauen - und der Sender schaut zu. Welche moralischen Grenzen gelten noch im Kampf um Aufmerksamkeit?

Von Britta Schultejans, dpa Dienstag, 11.11.2025, 13:30 Uhr

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München. Dass im Reality-Fernsehen oft Grenzen überschritten werden, ist nicht neu. Was RTL+ jetzt aber bei „Temptation Island VIP“ gezeigt hat, hat dennoch einen Skandal ausgelöst. Kandidat Alex Petrović hat Frauen bespuckt. Die aktuelle Folge schlägt hohe Wellen, in sozialen Netzwerken sind die Kommentare empört, es hagelt es Kritik.

In der Episode, die beim Streaming-Dienst RTL+ gezeigt wird, ist zu sehen, wie der 34-Jährige mehreren Frauen bei einem Bootsausflug Sekt ins Gesicht spuckt, nachdem diese sich geweigert haben, vor ihm und seinen Mitkandidaten auf die Knie zu gehen und sich den Champagner auf die Brüste spritzen zu lassen. 

„Das ist euer Job“

„Ja, sorry, ihr seid Verführerinnen, was soll ich machen?“, sagt Petrović, nachdem er die Frauen bespuckt hat. „Das ist euer Job, ihr müsst verführen.“ In der Sendung geht es darum, dass Paare getrennt voneinander in Luxusvillen männlichen und weiblichen Verführern widerstehen müssen.

„Was ist mein Job? Mir von dir ins Gesicht spucken zu lassen? Ich denke nicht“, sagt eine der „Verführerinnen“. RTL fasst die Szene in der Folgenbeschreibung lediglich als „ziemlich cringe“ zusammen. Das Wort „cringe“ steht im Jugendslang für Verhalten, das peinlich oder unpassend ist.

RTL lässt Szenen unkommentiert

Ansonsten zeigt der Sender diese Szenen völlig unkommentiert - ebenso wie die Passage, in der Petrović erzählt, wie er seine Verlobte nach dem Hochzeitsantrag dazu drängte, mit ihm zu schlafen, obwohl sie das nicht wollte. Auch auf Nachfrage gab es keine Stellungnahme des Senders. 

Lernten sich im TV kennen: Petrović und Nwattu (Archivbild).

Lernten sich im TV kennen: Petrović und Nwattu (Archivbild). Foto: Henning Kaiser/dpa

Denn: „Zuschauer:innen können den weiteren Verlauf auf RTL+ verfolgen und alle Beteiligten werden sich beim Wiedersehen allen kritischen Fragen stellen“, antwortet ein RTL-Sprecher zusammenfassend auf mehrere Fragen - unter anderem die nach Konsequenzen. Das „Wiedersehen“ soll nach Angaben des Sprechers Ende Dezember oder vielleicht erst im Januar gezeigt werden. Erst kürzlich meldete RTL bereits „Rekordwerte“ bei den Abrufzahlen von „Temptation Island VIP“ mit mehr als einer Million erreichten Zuschauern. 

Die Medienexpertin Joan K. Bleicher von der Uni Hamburg sieht in dem Auftritt einen kalkulierten Tabubruch. „Um dem schwindenden Interesse an Reality-Formaten entgegenzuwirken, ist derzeit eine Steigerungsspirale beobachtbar, die bisherige Tabugrenzen durchbricht“, sagt die Forscherin im dpa-Interview. „So gab es in der „Sommerhaus der Stars“-Staffel dieses Jahr physische und psychische Gewalt, die nicht reguliert wurde.“

Bleicher sieht das Frauenbild in derartigen Formaten generell kritisch. „Das Frauenbild von Dating-Formaten stammt aus der Gendersteinzeit. Frauen haben schön und immer zum Sex bereit zu sein. Des Weiteren sollen sie Anweisungen ihrer Partner ohne Widerspruch folgen und vor allem ständige Bewunderung äußern“, sagt sie. „Gespräche über Themen, die nichts mit Männern, Kleidung oder Schönheits-OPs zu tun haben, finden kaum statt.“

Petrović inszeniert sich als „maskuliner Mann“

Menschen, die mit Reality-Fernsehen nicht viel am Hut haben, muss man vermutlich erklären, wer Alex Petrović ist. Der 34-Jährige hat sich schon durch zahlreiche Formate wie „Kampf der Realitystars“ oder das „Sommerhaus der Stars“ gebrüllt und gemansplained, seine Partnerin in einer früheren Staffel von „Temptation Island VIP“ gegen Vanessa Nwattu ausgetauscht, mit der er aktuell in dem Format zu sehen ist.

Der Mittdreißiger inszeniert sich als „maskuliner Mann“ und verbreitet seine Vorstellung von der Rollenverteilung zwischen Mann und Frau nicht nur im Realitätsfernsehen, sondern auch seinem neuen Buch „Maskulin - ohne Maske“. Darin will er laut seiner Homepage zeigen, „wie Männer Verantwortung übernehmen und ihrer Familie Sicherheit geben“ und „was gelebte Männlichkeit heute bedeutet“.

Petrović antwortete zunächst nicht auf eine Anfrage zu einem Auftritt bei „Temptation Island“. In seiner Instagram-Story veröffentlichte er aber „schöne Worte“ - offenbar aus einem Online-Kommentar. Darin schreibt jemand, sie könne das, was dort gezeigt wird, „nicht gutheißen“, aber jeder mache Fehler und Alkohol habe eine große Rolle gespielt. „Die betroffene Person kann sich aktuell nicht zu alldem äußern.“

Auch bei ihm glaubt Bleicher aber eher an Kalkül als an zu viel Alkohol. „Es geht ja um Sendezeit. Die ist bei einem solchen Tabubruch natürlich garantiert. Ansonsten hat sich Petrović ja schon in anderen Formaten als rücksichtsloser, narzisstischer Macho inszeniert.“

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