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Fischerei Zordel in Altenbrak betreibt 42 Becken für Forellen

Idyllisch im Tal gelegen, bietet der Forellenhof neben frischem Fisch zum Mitnehmen und Genießen auch die Möglichkeit zum Selberangeln. Das Wasser der Bode ist so gut, dass die Forellen hier bestens gedeihen.

Idyllisch im Tal gelegen, bietet der Forellenhof neben frischem Fisch zum Mitnehmen und Genießen auch die Möglichkeit zum Selberangeln. Das Wasser der Bode ist so gut, dass die Forellen hier bestens gedeihen.

Er ist früh aufgestanden. Eine Dreiviertelstunde lang von Hecklingen nach Altenbrak gefahren, dem abgelegenen Örtchen an der Bode zwischen Thale und Rappbodetalsperre. Nun hält Jens Butscher glücklich seine Beute in den Händen: zwei Beutel voller Fische. „Die geschmackliche Qualität dieser Forellen ist überragend. Es sind die besten, die ich je gegessen habe. Und ich habe schon viele probiert“, schwärmt der 54-Jährige. Er hat sie für ein Familienfest geholt, Freunde und Familie freuen sich schon auf die frisch geschlachteten und geräucherten Regenbogenforellen.

Freitag, 17.04.2020, 14:52 Uhr

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Jörg Handschak steht schmunzelnd daneben. „Qualität spricht sich eben herum und zahlt sich aus“, sagt der Fischerei-Ingenieur. Er ist der Herr über die 42 Becken, aus denen Butschers fangfrischer Einkauf stammt. Anderthalb Jahre verbringen die Fische in der Forellenzucht-Anlage im Wasser der Bode. Es ist klar, sauber und läuft ständig frisch in die Becken. Die Forellen schwimmen ununterbrochen gegen die Strömung an, das macht ihr Fleisch fest und schmackhaft. Dafür machen sich Fischliebhaber im Umkreis von gut hundert Kilometern gern auf den Weg in den Hochharz.

Fischerei-Ingenieur Jörg Handschak holt mit dem Kescher fangfrische Forellen aus einem der 42 Becken. Darin schwimmen die Fische ständig gegen die Strömung. Das macht ihr Fleisch muskulös und wohlschmeckend.  Fotos: Seilkopf

Fischerei-Ingenieur Jörg Handschak holt mit dem Kescher fangfrische Forellen aus einem der 42 Becken. Darin schwimmen die Fische ständig gegen die Strömung. Das macht ihr Fleisch muskulös und wohlschmeckend. Fotos: Seilkopf

Schon vor Jahrzehnten wusste man, dass die Forellen im Tal des Luftkurortes gut gedeihen. Da gehörte die Anlage noch zum VEB Binnenfischerei Magdeburg. Nach der Wende fand sich mit Hans Zordel ein Käufer, der neben der Zuchtanlage auch die sechs Mitarbeiter für Produktion und Verkauf übernahm. Der Geschäftsmann aus dem Schwarzwald hatte ursprünglich einen Produzenten gesucht. Es zeigte sich jedoch, dass die Forellen gut allein in der Region vermarktet werden können. Tradition und Moderne wird der Betrieb im kommenden Jahr übrigens gleich bei zwei Jubiläen feiern: 30 Jahre Fischereibetrieb Zordel und 40 Jahre VEB Binnenfischerei.

Zordel, der im Eyachtal im Schwarzwald erfolgreich eine Fischzucht betreibt, investierte nach und nach in modernere Technik und ließ einen Verkaufsraum ausbauen. Fischgerichte können nun auch vor Ort genossen werden. Das kommt gut an. Urlauber, Wanderer auf dem Harzer Hexenstieg und viele Stammkunden probieren den Räucherfisch am liebsten noch warm aus dem Ofen. Durch ein Fenster im Verkaufsraum können die Kunden in die Produktionsanlage schauen. Zweimal täglich wird geräuchert. Dann bekommen jeweils rund 300 Forellen über Buchenspänen ihren Geschmack und die typische Farbe. Von gut 100 Tonnen verkauftem Fisch ist die Menge Jahr für Jahr auf nun rund 160 Tonnen gestiegen.

„Wir haben immer wieder Anfragen, ob wir nicht auch Fischeverschickenkönnen“,erzählt Handschak an einem der vier Tische im kleinen Gastraum. Doch eine ununterbrochene Kühlung könne man nicht garantieren. Also kommen Kunden wie Butscher auch aus dem Raum Halle und Leipzig vorbei, um sich einzudecken. Schließlich wird täglich geschlachtet, gibt es immer frischen Fisch. Was nicht über den Tresen geht, wird filetiert, geräuchert, mit Gewürzen veredelt und portionsweise eingeschweißt. „Der Fisch hält sich so bis zu zwei Monate und wird gern von regionalen Großabnehmern abgenommen“, erklärt der 60-Jährige.

Ein bis anderthalb Jahre lang werden die Forellen in ihrem Frischwasserbecken täglich gefüttert, bis sie mit 400 bis 600 Gramm schlachtreif sind. Sie holen sich ihre Pellets über einen Futterautomaten. Unter Wasser von den Tieren angestupst, gibt der mit einer Tagesportion gefüllte Behälter das Futter kontrolliert ab. Temperaturen zwischen sechs und 14 Grad mögen die wechselwarmen Tiere am liebsten. Das ist im Winter natürlich nicht machbar. „Dann passen sich die Forellen an und bewegen sich weniger“, erläutert der Fachmann. Er werde immer wieder gefragt, welche Medikamente die Fische zugefüttert bekommen, und beantwortet die Frage gleich selbst: keine. „Das ist wegen der hervorragenden Wasserqualität nicht nötig, und das wäre über so lange Zeit viel zu teuer.“ Ein EU-Siegel bestätigt dem Betrieb: Das Wasser der Bode im gesamten Einzugsgebiet ist frisch und frei von Viren. Gefüttert werden gepresste Kugeln aus pflanzlichen und tierischen Bestandteilen. Dem Lieferanten vertraut das Team seit Jahrzehnten. „Doch das Wichtigste, das Entscheidende bei der Forellenzucht sind die Aufzuchtbedingungen und nicht nur das Futter“, erklärt der Ingenieur.

Während das Gros der Kunden wie Jens Butscher auf die Forellen schwört, gibt es auch diejenigen, die nach Heilbutt, Saibling oder Karpfen fragen. „Wir produzieren Bach- und Regenbogenforellen hier vor Ort für die Menschen vor Ort. Das können wir, und das wollen wir“, erklärt Handschak. Karpfen werden aus der Lausitz zugekauft. Drei, vier Wochen lang schwimmen sie im klaren Bodewasser und schmecken laut Handschak dann „frisch und sauber.“ „Zu DDR-Zeiten haben wir 30, 40 Tonnen Karpfen pro Saison verkauft, heute sind es lange nicht mehr so viele“, bedauert er ein wenig. Der Fisch sei momentan eher ein Nischenprodukt, seine Zubereitung aufwendig. Mit rund zehn Prozent machen die Saiblinge den geringsten Anteil im Verkauf aus.

Kunde Butscher jedenfalls hat für heute seinen Fang gemacht und begibt sich auf den Heimweg durch das idyllische Bodetal. Beim nächsten Mal wird er wohl wieder mehr Zeit mitbringen und sich die Forellen selbst aus dem Teich angeln. Denn auch das ist beim Forellenbetrieb Zordel möglich.

Von Antje Seilkopf

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