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Die Abzucht überflutet das Welterbe

Die Abzucht führte nach tagelangem Regen gewaltige Wassermassen, die über die Ufer traten.  Fotos: Epping

Die Abzucht führte nach tagelangem Regen gewaltige Wassermassen, die über die Ufer traten. Fotos: Epping

Goslar. Viele Altstadt-Bewohner standen ungläubig am Straßenrand und schüttelten die Köpfe. Grund waren die braunen Wassermassen, die sich am Vormittag ihren Weg durch Goslars Zentrum bahnten. Aufgrund der anhaltenden Regenfälle der vergangenen Tage trugen die Flüsse Gose und Abzucht extrem viel Wasser aus dem Oberharz und traten über die Ufer – und zwar so gewaltig, wie zuletzt vor mehr als 100 Jahren.

Von Hendrik Roß Mittwoch, 26.07.2017, 19:23 Uhr

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Goslar. Viele Altstadt-Bewohner standen ungläubig am Straßenrand und schüttelten die Köpfe. Grund waren die braunen Wassermassen, die sich am Vormittag ihren Weg durch Goslars Zentrum bahnten. Aufgrund der anhaltenden Regenfälle der vergangenen Tage trugen die Flüsse Gose und Abzucht extrem viel Wasser aus dem Oberharz und traten über die Ufer – und zwar so gewaltig, wie zuletzt vor mehr als 100 Jahren.

Leidtragende waren zunächst die Bewohner des Seniorenheims „Theresienhof“ (siehe nebenstehender Bericht). Sie mussten vor den Fluten gerettet werden. Aber auch das Rammelsberghaus der Sparkasse hatte mit einem vollen Keller zu kämpfen.

Besonderen Eindruck hinterließen die Wassermassen in der Altstadt: Am Großen Heiligen Kreuz hatte die Abzucht die Ausmaße eines reißenden Stroms angenommen. Das Museumsufer wurde komplett überschwemmt. Das Wasser bahnte sich seinen Weg über den Marktplatz, entlang der Breiten Straße und Kornstraße, bis hinunter zum Breiten Tor und weiter zur Okerstraße. Anwohner und Geschäftsleute sicherten ihre Häuser und Kellerluken mit Sandsäcken, Plastikfolie, Tüten und Brettern. Die Kaiserpassage blieb geschlossen, wie sämtliche Geschäfte im Überflutungsgebiet. Das Leben in der Innenstadt kam zum Erliegen, keine Autos fuhren mehr, zeitweise auch keine Einsatzfahrzeuge, weil die Feuerwehr gegen die gewaltigen Wassermassen keine Chance hatte. Trotz aller Schutzmaßnahmen liefen viele Keller voll. Einige Bewohner mussten ihre Häuser verlassen – zum Beispiel in der Knochenhauerstraße, wo sich auch am Nachmittag noch riesige Wassermassen über die Straßen wälzten. Eine schwangere Frau musste über eine Drehleiter gerettet werden. Ein Feuerwehrmann habe sich im Dienst verletzt, berichtete Stadtbrandmeister Christian Hellmeier. Ansonsten habe es keine Verletzten gegeben. Hellmeier berichtete von 220 Einsatzstellen im ganzen Stadtgebiet, die die Feuerwehr im Nachgang zur Riesenflut noch beackern muss.

Erst gegen Mittag entspannte sich die Lage in den meisten Teilen der Innenstadt: Der Regen hörte auf, plötzlich war sogar die Sonne am Himmel zu sehen. Der Marktplatz tauchte wieder auf, genauso Teile der Fahrbahnen, allerdings mit einer Schlammschicht überzogen. Auch einige kuriose Funde kamen zutage: Der Goslarer Gerd Borkenhagen entdeckte einen zuckenden Fisch auf der Marktstraße und warf ihn wieder in die Abzucht.

Gegen Abend meldete die Feuerwehr eine weitere Entspannung der Lage, auch wenn Gose und Abzucht weiterhin bis zum Anschlag gefüllt sind und noch nicht alle überschwemmten Straßen wieder freigegeben waren.

Welchen Schaden die Flut in Goslar hinterlassen hat, kann noch nicht beziffert werden. Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk sprach aber von „vielen Millionen Euro“. Das Zinnfigurenmuseum habe es böse erwischt, genauso die Lohmühle. Das Wasser habe alleine im Stadtforst Wege im Wert von 250000 Euro weggespült.

Rund 350 Feuerwehrleute aller elf Goslarer Ortswehren seien im Einsatz, sagte Hellmeier. Und das seit mehr als 24 Stunden. Hilfe von den Wehren aus Nachbarorten habe es nicht gegeben, weil diese selbst mit ähnlichen Fluten kämpften.

Ohne Gummistiefel ging in Goslar gar nichts.

Ohne Gummistiefel ging in Goslar gar nichts.

Zuletzt hatte es im Jahr 1898 eine so enorme Überflutung in Goslar gegeben, dass der Marktplatz überschwemmt wurde.

Zuletzt hatte es im Jahr 1898 eine so enorme Überflutung in Goslar gegeben, dass der Marktplatz überschwemmt wurde.

Direkt an der Abzucht ist die Situation auch am Nachmittag noch kritisch.

Direkt an der Abzucht ist die Situation auch am Nachmittag noch kritisch.

Gerd Borkenhagen hat einen Fisch auf der Marktstraße gefunden.

Gerd Borkenhagen hat einen Fisch auf der Marktstraße gefunden.

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