Arkadiusz Szczesniak: Unterwegs für Musik und Fußball

Fußball-Durchblick: Arkadiusz Szczesniak ist Pole, Deutscher und 96-Fan. Foto: Heine
Goslar. Vor dem ersten EM-Viertelfinale zwischen Polen und Portugal gibt Arkadiusz Szczesniak Einblicke in sein Seelenleben als Fan von Fußball und Musik.
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Für die nächsten Tage hat sich Arkadiusz Szczesniak ein strammes Reise- und Unterhaltungsprogramm vorgenommen. Der Goslarer mit der deutschen und der polnischen Staatsbürgerschaft schaut am Donnerstagabend das Spiel seiner Polen gegen Portugal im „Schiefer“ am Marktplatz, um sich unmittelbar nach Abpfiff – oder Elfmeterschießen – auf den Weg nach Mailand zu machen.
Dort will der 29-jährige leidgeprüfte Fan des Neu-Zweitligisten Hannover96 aber nicht etwa mit entfesselten Tifosi am Samstag das Spiel seiner Deutschen gegen Italien verfolgen: „Ich habe ein gewisses Interesse daran zurückzukehren.“
In der Lombardei-Metropole führt sein Hauptweg am Sonntag zwar tatsächlich ins berühmte San-Siro-Stadion, das längst nach Star-Altkicker Giuseppe Meazza benannt ist, aber selten so genannt wird. Allerdings ist der Anlass musikalischer Natur, weil der Mitorganisator der Miner’s-Rock-Konzerte am Rammelsberg und Sänger der Johnny-Cash-Coverband „Caszkings“ dem nächsten Auftritt von Bruce Springsteen entgegenfiebert – Szczesniaks elftes Konzert mit dem „Boss“, nachdem er ihn bereits zweimal in den USA und zuletzt am 17. und 19. Juni in München und Berlin gehört hat.
„Ein Leben am Limit“, sagt der Leiter des städtischen Ratsbüros und schmunzelt – ein Leben, das eben nicht nur aus Fußball besteht, auch wenn die EM derzeit mindestens ihren TV-Tribut fordert. Bisher hat er nämlich auch alle Spiele der Polen gesehen. Nur das Achtelfinale gegen die Schweiz musste er – noch dazu offline – beim Geburtstag einer Freundin beim Glow-Golfen in Wildemann überstehen. Umso größer war die Freude über den Sieg nach Elfmeterschießen.
Nimmt er ein Jersey mit in den Süden? „Ich bin überzeugter Europäer und Deutscher, habe aber kein deutsches Trikot“, sagt Szczesniak, der einst ein U21-Länderspiel zwischen Deutschland und Polen live sah und vorab beide Hymnen inbrünstig mitschmetterte. Im Gepäck für Mailand wird eine deutsche Fahne sein, die aber eher für den Boss im Konzert gedacht ist. Wenn Jogis Jungs am Samstag siegen, muss er seine Gastgeber ja nicht unnötig reizen.
Immerhin besitzt Szczesniak seit der vergangenen Abstiegssaison ein 96-Trikot, was im Stammland der Braunschweiger Eintracht auch nicht immer unkommentiert bleibt. Seitdem er 2012/13 mit seinem Kumpel Sören Behme von der Goslarer Musicscene zwei Europapokalspiele der Roten – lang, lang ist’s her – in Breslau und Moskau gesehen hatte, schlägt sein Herz für Hannover. Er ist sich sicher: „Auch wenn die zweite Liga nächstes Jahr ziemlich stark ist, steigen wir wieder auf.“ Ob mit, vor oder hinter Braunschweig bleibt offen.
Für das Spiel gegen Portugal legt er sich fest und lächelt listig: „Rein emotional tippe ich auf einen 2:0-Sieg, rein rational sage ich mir, dass Portugal nicht überragend ist und wir sie deshalb nach Hause schicken.“ Beide Varianten hören sich ziemlich siegessicher an. Apropos nach Hause: Zurück geht es am Montag nach dem Springsteen-Konzert.
Schließlich muss er nach seiner Rechnung am Mittwoch und Donnerstag die beiden Halbfinales mit Polen und Deutschland wieder im Schiefer schauen, bevor beide Teams am 10. Juli im Stade de France nach der Nullnummer der Vorrunde ein starkes Finale hinlegen. Wenn Frankreichs Organisatoren jemanden suchen, der beide Nationalhymnen singen kann – in Goslar gäbe es da jemanden... fh