Ein „Eselsohr“ für Astrid Frank

Die Jury gibt in der Stadtbücherei Bad Harzburg das Ergebnis bekannt, nachdem sie seit Januar zahlreiche Bücher gelesen hatte. Drei starke Romane standen im Endausscheid. Besonders die Jugendlichen hatten sich für „Unsichtbare Wunden“ stark gemacht. Foto: Seltmann
Bad Harzburg. Die Jury hat entschieden: Das Harzburger „Eselsohr“ geht an die Autorin Astrid Frank für ihr Buch „Unsichtbare Wunden“. Der Jugendliteraturpreis der Kurstadt, der alle zwei Jahre vergeben wird, wird in diesem Jahr zum 15. Mal verliehen.
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Die Entscheidung sei zwar einmütig gewesen, aber zum Schluss doch nicht so leicht, sagt Jury-Vorsitzende Berit Nachtweyh im Kreise ihrer neun Mitstreiter. Denn aus den drei Lesegruppen waren zum Schluss drei Favoriten übrig geblieben, ein starkes Feld in der Endausscheidung, aus dem das Siegerbuch aber letztlich hervorstach.
Bis zuletzt im Rennen waren „Der Schluss“, ein Roman über Rechtspopulismus von Christian Linker, und Claudia Schreiber mit „Solo für Clara“. Dabei geht es um die Geschichte eines musikalischen Talents. Gewinnen kann aber letztlich nur ein Buch. Und für Astrid Franks „Unsichtbare Wunden“ hatten sich vor allem die Jugendlichen in der Jury stark gemacht. Bis auf zwei Mitglieder sitzen in dieser Runde lauter Neulinge, die das erste Mal für das „Eselsohr“ gelesen haben.
Henry Schwieter vom Werner-von-Siemens-Gymnasium, Marie Lousée vom Niedersächsischen Internatsgymnasium und gleich zwei Jury-Mitglieder der Oberschule Bad Harzburg, die sich allerdings untereinander abstimmen und gemeinsam ein Votum abgeben, Johanna Peters und Carolin Hartmann. Sie alle fühlten sich besonders angesprochen, gerade auch von der Thematik. In Astrid Franks Buch geht es um Mobbing. Zum Inhalt: Zu ihrem 13. Geburtstag bekommt Anna von ihrem Vater ein Tagebuch geschenkt: „Für deine Geheimnisse“, sagt er. Doch Anna hat keine – bis ihre beste Freundin sich von ihr abwendet und in der Schule eine verhängnisvolle Mobbingspirale einsetzt. 19 Monate später ist Anna tot. Astrid Frank erzählt, wie Annas Freund Anton nach den wahren Hintergründen forscht. Er kann nicht glauben, dass ihr Tod tatsächlich ein Unfall gewesen sein soll.
Seit Januar hat sich die Jury, in der außerdem mit Monique Wilfling, Cornelia Hüwels, Thomas Ebert und Stephan Kowallis Rats-Vertreter sowie Büchereileiter Detlef Linke sitzen, durch den großen Bücherstapel gelesen. Zur Auswahl standen Werke, die noch nicht älter als drei Jahre sind, in deutscher Sprache verfasst wurden und sich an Jugendliche ab zwölf Jahren richten.
Das Harzburger „Eselsohr“ ist mit 1500 Euro dotiert. Die Auszeichnung besteht zudem aus einer handgefertigten Arbeit, die Goldschmiedemeisterin Katrin Erb herstellt und die durch die Bad-Harzburg-Stiftung finanziert wird.
Voraussichtlich im November soll die Preisverleihung stattfinden. Das letzte „Eselsohr“ wurde an den Autor Herbert Günther überreicht, der 2016 Preisträger mit seinem Buch „Zeit der großen Worte“ war.
ESELSOHR 2018:
- Die Autorin Astrid Frank, Jahrgang 1966 und Mutter zweier Söhne, lebt in Köln und schreibt seit 1999 Geschichten und Bücher für Kinder und Jugendliche. Nach dem Abitur absolvierte sie einen Lehrgang zur Zoobegleiterin, studierte Biologie, Germanistik und Pädagogik und arbeitete bereits während des Studiums als Lektorin und Übersetzerin für mehrere deutsche Verlage. Ihr erstes Buch „Kummer auf vier Pfoten“ erschien 1999.
- Das Thema Mobbing, um das es in ihrem preisgekrönten Buch „Unsichtbare Wunden“ geht, greift sie auch in einem Buch für Kinder im Grundschulalter auf. „Ulli Unsichtbar“ erscheint Ende August im Verlag Urachhaus. Das Buch sei im Gegensatz zu „Unsichtbare Wunden“ lösungsorientiert. „Das Thema Mobbing wird mich noch länger begleiten“, sagt sie. Ihr Sohn, heute elf Jahre alt, sei Mobbing-Opfer gewesen, daher habe sie sich überhaupt erst mit der Thematik beschäftigt. Mobbing sei immer noch ein Tabu-Thema, stelle sie während ihrer Lesungen an Schulen fest. Es sei ihr wichtig, darüber aufzuklären und dafür zu sorgen, dass dieses gesellschaftsrelevante Thema nicht unter den Teppich gekehrt werde. Daher biete sie auch Fortbildungen für Lehrer an. „Die werden allerdings wenig angefragt“, hat sie festgestellt. Wie Mobbing passiere und wie es sich entwickle, das geschehe wellenförmig, finde im Verborgenen statt und werde oft zu spät entdeckt. Es habe fatale Folgen und koste Kraft für die ganze Familie. Sie wolle zeigen, was hilft und dass sich die Betroffenen ihrer eigenen Macht bewusst würden, so Astrid Frank. „Ich ärgere mich über Lösungsansätze, die beim Opfer anfangen“, betont sie. Ihrem Sohn gehe es heute gut. „Aber die Narben auf der Seele bleiben. Man muss lernen, damit umzugehen.“
4Der Verlag hatte sie zuvor über die Nominierung des Buches informiert. Dass gerade „Unsichtbare Wunden“ den „Eselsohr“-Preis errang und es sich gegen die starke Konkurrenz durchgesetzt hat, freut sie sehr